UNDERDOG#69
Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Diskurs: Handicap vs. Behinderung
sensorischer, geistiger, kognitiver oder
psychischer Funktionen, einer
Mehrfachbehinderung oder einer
behindernden Störung erleidet.“
Doch wie der Psychiater und
Arbeitsmediziner Claude Veil feststellt:
„Behinderte Menschen sind eine soziale
Gruppe mit unpräzisen Konturen“.
Die Begriffe für behinderte Menschen
haben in vielen Sprachen eine negative
Konnotation. Sei es „Les Invalides“
(vom lateinischen Wort „invalidus“ für
krank, hinfällig, kraftlos) in Frankreich,
oder „Las personas con minusvalias“
(Personen mit niedrigem Wert) in
Spanien. Auch in Deutschland sprach
man lange Zeit von den Behinderten
oder gar von Schwerbeschädigten.
Immer häufiger ist inzwischen ein
anderes Wort für Menschen mit
Behinderung zu lesen: Handicap oder
gehandicapt.
Der Ausgleich zwischen zwei
ungleichen Teilnehmer*innen – oder wie
bei Hand-in-Cap von Gegenständen –
spiegelt sich 1754 wider, als der Begriff
im Pferderennen auftaucht.1883 ging
das Wort Handicap in den allgemeinen
Sprachgebrauch über. Es steht seitdem
für die Gleichstellung zweier Personen
mit unterschiedlichem Ausgangslevel.
Erst 1915 wurde Handicap mit
Behinderung in Verbindung gebracht.
Zunächst wurden nur Kinder mit einer
körperlichen Behinderung als
handicapped bezeichnet, ehe der
Begriff in den 1950er Jahren auch für
Erwachsene und Menschen mit
Lernschwierigkeiten galt.
Heute ist Handicap als fester
Bestandteil der Alternativ-Begriffe für
Behinderung und in der Welt des Sports
zu finden. Dort wird er am häufigsten
beim Golf verwendet. Es besagt die
Differenz zwischen den benötigten
Schlägen und der Anzahl der Schläge,
die ein*e sehr gute*r Spieler*in zum
Beenden des Platzes benötigt. Handicap
bezeichnet also die Spielstärke, die
Qualität eine*r Golfspieler*in. Je höher
das Handicap, desto schlechter.
Während der Begriff „behindert“
heutzutage als Schimpfwort benutzt
wird, um andere abzuwerten, finden
Betroffene, dass der Begriff
„Behinderung“ ein Merkmal von vielen
einer Person beschreibt. Wichtig ist
ihnen nur, dass das Wort „Mensch“
mitbenutzt wird, da mit dem Begriff
Behinderte ansonsten das Bild einer
festen Gruppe entsteht, die in
Wirklichkeit vielfältig ist. Durch die
Fremddefinition „Der/die Behinderte“
würde die betroffene Person auf ein
Merkmal reduziert werden, das alle
anderen Eigenschaften dominiert.
Demgegenüber „verschwindet bei
Handicap der Mensch vollkommen und
der Fokus wird auf eine (vermeintliche)
Schwäche gelegt“, meint z. B. Jonas
Karpa und unterstützt
Formulierungsvorschläge der
Leidmedien-Community unter
leidmedien.de/begriffe.
Meiner Meinung nach sind beide
Begriffe (Behinderung und Handicap)
unangemessen. Beide Begriffe lenken
den Fokus auf ein Verhalten, ein
Merkmal, das nicht der
gesellschaftlichen Norm entspricht. Ein
Mensch mit einer Spastik etwa, der/die
im öffentlichen Leben, im Alltag zu
sehen ist, wird vielleicht von anderen
als „betrunken“ wahrgenommen, als
„Spasti“ definiert, vielleicht sogar als
„unangenehm“ empfunden, weil das
Gangbild nicht der Norm entspricht. Die
Einordnung erfolgt aufgrund
körperlicher Merkmale, Verhalten und
Sprache, die insgesamt „anders“ ist, als
üblich, als gewohnt, als dass, was
mensch sonst so kennt. Durch die
Herausbildung, der Herausstellung