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UNDERDOG#69

Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.

Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.

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»Darüber hinaus musste ich schneller erwachsen werden, weil ich

nun(...)Verantwortung für 2/3 meines Körpers übernehmen muss, die ich nicht

mehr spüre.«

Felix, du bis seit einem Snowboard-

Unfall querschnittgelähmt. Woran

erinnerst du dich?

Dafür muss ich ganz kurz die

Situation erläutern. Ich war im Skilager

mit meiner damaligen Abiturstufe und

zusammen mit zwei anderen Schülern,

die ebenfalls Snowboarder waren, abseits

der Piste unterwegs. Warum abseits der

Piste? Weil es, wenn man einigermaßen

stabil auf dem Brett unterwegs ist,

einfach mehr Spaß macht.

Leider begleitete uns dabei auch unser

jugendlicher Leichtsinn denn wir haben

uns vorher nicht genau das Gelände

angeschaut, in dem wir unterwegs

waren. So landete ich sehr überrascht an

einem Felsvorsprung, der schlicht zu

hoch war (ca.7-10 m), um darüber zu

springen. Also hielt ich an, schnallte mein

Board ab und versuchte mich bergauf

wegzubewegen. Aufgrund des lockeren

Tiefschnees rutschte ich aber letztlich ab

und fiel über den Vorsprung in die Tiefe.

Den Aufprall bekam ich schon nicht mehr

mit, weil ich direkt für ein paar Minuten

bewusstlos war. Das nächste, an das ich

mich erinnern kann, waren die Schreie

einer meiner Begleiter, die aufgrund

einer etwas anders gewählten Linie an

diesem Fels vorbeifahren konnten.

Auf die Aufforderung hin aufzustehen,

spürte ich das erste Mal, dass ich dies

nicht mehr kann und brach verzweifelt in

Tränen aus. Der zweite meiner Begleiter

alarmierte inzwischen die Bergrettung,

die umgehend den nächstgelegenen

Hubschrauber organisierten. Bei der

Landung wurde so viel Schnee

aufgewirbelt, dass ich kaum Luft bekam

und Angst hatte zu ersticken. Das ist mir

tatsächlich sehr stark im Kopf geblieben.

Von der Unfallstelle ging es dann direkt

nach Bozen für eine Not-OP und nach ein

paar Tagen zurück nach Deutschland für

6 Monate Reha in Bayreuth.

War dir das Risiko, während des

Sports jederzeit zu verunfallen, stets

bewusst?

Nicht wirklich, ich war viele Jahre

vorher schon auf Abfahrtsski in den

verschiedensten Skigebieten auf und

abseits der Piste unterwegs. Noch dazu

war ich 16, selbstbewusst und sehr

sportlich, was noch mehr als ohnehin in

diesem Alter zum Gefühl von

Unverwundbarkeit führte. Der Fakt, dass

ich nicht mit Helm und Protektoren

unterwegs war, unterstreicht das ganz

gut.

Was hat sich seit der Diagnose

Querschnittlähmung in deinem Leben

konkret verändert?

Das erste, was mir dazu einfällt, ist

tatsächlich das neue Körpergefühl. Bei

mir ist es so, dass ich brustabwärts

komplett (d. h. ohne Gefühl oder

motorische Fähigkeiten) gelähmt bin. Das

bedeutet wiederum, dass ich nicht mehr

in der Lage bin Rumpf/ Bauchmuskulatur

anzusteuern und bspw. das Sitzen

komplett neu erlernen musste.

In den ersten Tagen im Rollstuhl hatte ich

deshalb permanente Angst bei der

kleinsten Bewegung oder Erschütterung,

aus meinem Gefährt zu fallen und dann

hilflos dazuliegen. Durch

Krankengymnastik, Rollstuhl- und

Krafttraining sowie viele Stunden im

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