UNDERDOG#69
Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
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Rollstuhl veränderte sich das aber zum
Glück relativ schnell.
Darüber hinaus musste ich schneller
erwachsen werden, weil ich nun, so blöd
es klingt, Verantwortung für 2/3 meines
Körpers übernehmen muss, die ich nicht
mehr spüre. Jugendliche Trinkexzesse
haben sich bspw. deshalb sehr in Grenzen
gehalten.
Fotocredit: Photospokus
Es gibt ja verschiedene Phasen in der
Bewältigungsstrategie. Welche davon
waren bei dir emotional/psychisch am
meisten ausgeprägt?
Nach Tagen der Trauer,
Verzweiflung, Wut, lebensmüden
Gedanken und unerfüllten Hoffnungen
auf Besserung, war meine
Bewältigungsstrategie und Therapie
größtenteils die Selbsterfahrung und
Begegnung mit anderen behinderten
Menschen. Bspw. führte die
„Mobilisierung“ meinerseits – d. h., dass
ich in den Rollstuhl gesetzt wurde – nach
einigen Tagen zu einer Perspektive von
zukünftiger Selbstständigkeit, die ich, im
Bett liegend, nicht mehr hatte.
Außerdem hatte ich das Glück Menschen
mit viel schwereren Behinderungen
kennenzulernen, die ihr gesamtes Leben
auf ständige Hilfe angewiesen sein
werden und trotzdem so von
unerschütterlicher Lebensfreude und
Motivation strotzten, dass ich mir dachte,
wer bist du Felix, jetzt den Kopf in den
Sand zu stecken.
So führte das Eine zum Anderen, und ich
gelangte mehr und mehr zum wichtigsten
Punkt meiner Bewältigung: Der
Akzeptanz meiner Behinderung in Allem,
was das bedeutet.
Heute bin ich extrem froh über meine
jugendliche Entscheidung, weil das, was
ich mir damals gewünscht habe,
tatsächlich in Erfüllung ging. Ich bin
komplett autonom in der Lage mein
Leben zu führen. So habe ich mehrere
Monate alleine in New York und Rio
gelebt und sooo viele, sooo lebenswerte
Erfahrungen in den letzten Jahren
machen dürfen, dass es sich extrem
gelohnt hat, nicht aufzugeben.
Freund*innen und Familie, aber auch
andere Betroffene gestalten den
individuellen Verarbeitungsprozess
wesentlich mit. Wie war das bei dir?
Vor allem meine Familie, die
permanent an meiner Seite war und zu
der ich nach meiner Reha zurückkehren
konnte (nicht selbstverständlich). Weil sie
unser Haus umgebaut hatten, war das
rückblickend eine riesige emotionale, als
auch strukturelle Stütze. Auch mein
Freundeskreis, der sich nur geringfügig
veränderte, half mir sehr, unter anderem