UNDERDOG#69
Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
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Psychische und seelische Behinderung
auch oft wohltuend. Ich fand es spannend
plötzlich mit so vielen unterschiedlichen
Leuten aus unterschiedlichen
gesellschaftlichen Schichten und Szenen
zusammengewürfelt zu sein. Ich mochte zum
Beispiel den hohen Working Class Anteil
gern. So unterschiedlich viele Patient*innen
auch waren, hatten wir aber alle ähnliche
psychische Probleme und das schweißte
irgendwie zusammen. Wir kümmerten uns
umeinander und akzeptieren uns so wie wir
waren. Alle hier waren gewohnt, als
‚verrückt‘ zu gelten. So wurde zum Beispiel
auch mein ‚Transfrau sein‘ von den meisten
selbstverständlich akzeptiert, von Leuten,
die nicht in der feministischen Szene aktiv
sind. Während ich mich mit sogenannten
‚Radikalfeministinnen‘ streiten muss, ob ich
nun ein Mann bin oder nicht.
Heute wohne ich in einer therapeuthischen
WG und gehe zusätzlich zu einer ambulanten
Therapeutin, mit der ich tiefenpsychologisch
an Traumas arbeite. Mittlerweile fühle ich
mich endlich stabil und stark genug, um
diese schmerzvollen und tief liegenden
Themen anzugehen. Und um die Kraft nicht
zu verlieren, achte ich ganz besonders
darauf, all die Sachen weiterzuverfolgen, die
mir guttun. Skateboard fahren, Fußball
spielen und als Fan Babelsberg 03
anzufeuern sind neue Hobbys für mich, die
mir viel Kraft und Motivation geben. Auch
hilft Tagebuch zu schreiben. Entweder um
mich mit einem Thema auseinanderzusetzen
oder auch nur um es als Stichpunkt zu
notieren. Dann kann ich es in diesem
Moment loslassen und weiß, dass ich mich
ihm an anderer Stelle widmen werde. Mit
Freund*innen Zeit verbringen, oder zu teilen
ist wichtig für mich. Aber mir tut es auch
gut, ein Repertoire an Methoden zu haben,
die ich auch alleine umsetzen kann, wenn es
mir schlecht geht. Die versuche ich dann zu
machen, selbst wenn ich gerade keine Lust
darauf habe: Aufräumen, eine Serie schauen,
einen Liebeskitsch-Roman lesen, Jonglieren,
etwas kochen, Nordic Walking, eine
Postkarte schreiben zum Beispiel.
Für Momente, wo ich auf nichts Lust habe
und mich nicht zu etwas entschließen kann
habe ich mir meine ‚Selfcare Uhr‘
ausgedacht. Da bin ich ganz stolz drauf.
Ich habe kreisförmig angeordnet, wie
die Ziffern einer Uhr, Tätigkeiten
aufgeschrieben, die mir guttun. In der Mitte
hab ich einen Zeiger gebastelt, den ich eins
weiterdrehe, wenn ich eine Tätigkeit
gemacht habe. Gerade steht er bei mir auf
‚Tagebuch schreiben‘. Wenn ich das heute
oder morgen mache, drehe ich ihn eins
weiter auf ‚malen‘. Dann ist irgendwann
demnächst ‚Malen‘ angesagt. So kommt
auch keines der Hobbys zu kurz. Das finde
ich besonders für die Dinge hilfreich, zu
denen ich mich schwer motivieren kann.
Skills aus dem sogenannten DBT Programm.
(Dialektisch Behaviorale Therapie) helfen
mir, mit sehr starken Emotionen und
Anspannungszuständen zurechtzukommen.
Skills sind alle Tätigkeiten, die helfen und
mir nicht langfristig schaden. Das kann also
auch einfach ‚Serie schauen‘ sein, einen
Stressball kneten, oder alles Mögliche. Wenn
man im Netz Skills-Liste sucht, findet man
viele Tipps und Vorschläge was einem guttun
könnte.
Ich hatte schon mehrere schwere Krisen und
jeweils auch tolle Unterstützung von
Freund*innen.
Sie haben mich zu Vorgesprächen oder in die
Rettungsstelle begleitet, mich besucht und
mir ‚verbotene Lebensmittel‘ auf die Station
geschmuggelt. Manche ließen ihr Handy
nachts laut für mich und haben mich auch
sonst mit Gesprächen unterstützt. Ich hab
das Glück tolle Freund*innen zu haben und
bin ihnen unglaublich dankbar für alles!
Credit: FaulenZa