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UNDERDOG#69

Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.

Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.

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Magenbitter – Comiczeichner und ME/CFS-Betroffener

Nachdem ME/CFS in Gesundheitswesen

und Politik lange nicht großartig

wahrgenommen wurde, ist es jetzt als

eine häufige Spätfolge von Corona (Long

Covid/Post Covid Syndrom) endlich im

Fokus.

Wie bist du mit der Diagnose

umgegangen?

Es hat geschlagene 3 Jahre

gedauert, bis ich endlich die Diagnose

hatte, an einer von zwei Fachkliniken in

Deutschland, die sich damit auskennen.

Vorher gab ess eine Odyssee von Arzt zu

Arzt, und keiner konnte etwas finden.

Das war total surreal: Du merkst, da ist

was absolut nicht in Ordnung mit deiner

Gesundheit, aber niemand hat eine

Erklärung dafür.

Schlussendlich die Diagnose zu

bekommen, war dann eine Erleichterung,

da ich endlich wusste, was Sache war.

Wie hat dein Umfeld auf die

Symptome und die Diagnose

reagiert?

Da die Krankheit allgemein kaum

bekannt ist, gab es erst mal viele

Fragezeichen: „Hä – und was ist das

jetzt?“, also für mich viel

Erklärungsbedarf und

Überzeugungsarbeit.

„Chronisches Erschöpfungssyndrom“

klingt ein wenig nach Burn-Out oder

Herbstdepression. ME/CFS ist aber eine

schwere organische Erkrankung, die zu

starken Einschränkungen wie

Berufsunfähigkeit oder auch

Bettlägerigkeit führen kann. Das muss

man den Leuten erst mal vermitteln, und

es dauert eine Weile bis ankommt, dass

ich zum Beispiel keine 1000 m mehr

laufen kann, ohne mich zu überlasten

und hinterher davon eine Stunde

ausruhen muss.

Inzwischen haben es aber alle

einigermaßen kapiert und sind

entsprechend rücksichtsvoll, fragen mich

zum Beispiel nicht mehr, ob ich beim

Umzug helfen kann, was zu Beginn der

Erkrankung noch vorkam.

Was wünschst du dir als Betroffener

vom sozialen Umfeld im Umgang mit

der Krankheit?

Inzwischen weiß mein soziales

Umfeld ja um die Erkrankung, und dass

ich nicht lange gehen und stehen kann

und mich mal für Pausen zurückziehen

muss. Wichtig wäre halt, dass breit über

die Thematik aufgeklärt wird, damit die

Allgemeinheit weiß, dass ME/CFS

ähnlich wie Multiple Sklerose eine üble,

zur Behinderung führende Krankheit ist,

also dass die Schwere des

Krankheitsbildes anerkannt wird.

Die Krankheit ist nicht heilbar, die

Symptome können gelindert werden.

Gibt es etwas, was dir hilft, die

akuten emotionalen/psychischen

Phasen in der Bewältigung

durchzustehen?

Im Alltag komme ich gut zurecht.

Schwieriger wird es in ungewohnten

Umgebungen, zum Beispiel wenn wir mit

der Familie in Urlaub fahren. Oder wenn

ich mich überlaste und nicht an

gemeinsamen Unternehmungen

teilnehmen kann, ist es frustrierend, aber

ich kann auch nichts dagegen machen.

Im Vergleich zu anderen Betroffenen

kann ich mich schnell wieder erholen.

Solche Erschöpfungszustände dauern bei

mir nur 1–2 Tage, bei anderen schon mal

mehrere Wochen oder Monate. Ich weiß

also, dass es nur vorübergehend ist und

auch wieder bergauf geht.

Und für die Seele: Ich hab eine

Psychotherapie gemacht, um die

Situation zu verarbeiten. Das hat sehr

geholfen.

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