UNDERDOG#69
Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
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Ein Erfahrungsbericht über Inklusion, Zugang, DIY und Punk
lassen. Selbst wenn ich Kommentare
losließ, tat es innerlich weh. Es war eine
schmerzhafte Erinnerung daran, dass ich
anders war. Ich habe mich oft
zurückgehalten, weil ich keinen Ärger
machen wollte. Und ich hatte das Gefühl,
dass ich die einzige Person war, die diese
Probleme hatte. Durch mein Schweigen
hatte ich fast das Gefühl, dass ich mich in
gewisser Weise dem
Behindertenfeindlichkeitsdenken
anpasste. Dass ich mich genauso wie die
Behinderten sehen wollte und meine
Behinderung in der nichtbehinderten
Umgebung um mich herum fast
verleugnete.“
DIY und Inklusion
Viele Leute denken, dass Seans
Geschichte eine Erfolgsgeschichte ist,
weil er weitestgehend unabhängig und
mobil ist, viel unterwegs ist, etwas
unternimmt und aktiv ist. Oft hat er
jedoch auf Veranstaltungen von Leuten,
die er nicht kennt, zu hören bekommen,
wie toll es ist, dass er sich als Mensch mit
Behinderung geoutet hat, und dass es
ihm scheißegal sei, was die Leute
denken. „Zuerst fühlte es sich gut an,
diese Kommentare zu hören, aber
irgendwann merkte ich, dass es genauso
weh tat, wie, wenn sich die Leute über
meinen Rollator lustig machten. Selbst
jetzt habe ich manchmal noch das Gefühl,
dass ich wegen meiner Behinderung wie
ein Kind behandelt werde, dass
bemitleidet wird.“
Je älter Sean wird, desto mehr wurde ihm
bewusst, wie viel Glück er hat, dass er
Punk und DIY für sich entdeckt hat,
Gutes und Schlechtes erleben darf. „Mir
ist auch klar, dass ich, wenn ich schon
das Privileg habe, etwas anderes zu
erleben, zumindest versuchen sollte, den
mangelnden Diskurs über Behinderungen
in unserer Community anzusprechen.
Wenn jemand körperlich nicht zu einer
Show gehen kann, entsteht ein Gefühl
der Ablehnung.“
Dass die DIY-Community so sehr auf
Inklusion setzt, macht dies obsolet. Das
liegt auch daran, dass Sean ein positiv
denkender Mensch ist und zunächst
vordergründig alle möglichen Vorteile
sieht, aber:„Zuerst dachte ich, dass
meine Behinderung keine große Sache
sei, weil sie nicht beachtet wurde, aber
mit der Zeit habe ich gemerkt, dass
niemand etwas sagt, weil es nicht ‚ihr
Problem‘ ist, oder weil sie mein Handicap
vielleicht nicht sehen wollen.“
Es hat den Anschein, dass Menschen mit
Behinderungen nicht ernst genommen
werden, weil das Thema Behinderung
nicht zu den Top-Themen gehört – nicht
nur in den Mainstream-Medien, sondern
auch in der DIY-Blase. Viele glauben
vielleicht, dass sich die Verhältnisse für
Menschen mit Behinderungen
normalisiert haben, seit es den
Americans with Disabilities Act 3 und
3 Der Americans with Disabilities Act (ADA) wurde
1990 in Kraft gesetzt. Das ADA ist ein
Bürgerrechtsgesetz, das die Diskriminierung von
Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des
öffentlichen Lebens verbietet, darunter Arbeitsplätze,
Schulen, Verkehrsmittel und alle öffentlichen und
privaten Orte, die der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Mit diesem Gesetz soll sichergestellt werden, dass
Menschen mit Behinderungen die gleichen Rechte
und Möglichkeiten haben wie alle anderen. Das ADA
gewährt Menschen mit Behinderungen den gleichen
Schutz wie Menschen, die aufgrund ihrer Rasse,
Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer nationalen
Herkunft, ihres Alters oder ihrer Religion
benachteiligt sind. Es garantiert die
Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen
in öffentlichen Unterkünften, bei der Beschäftigung,