UNDERDOG#69
Schwerpunkt: Punk und Behinderung Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
Schwerpunkt: Punk und Behinderung
Unser Schwerpunkt-Thema skizziert zum einen die sogenannte „Cripple Punk-Bewegung“, in der Betroffene Darstellungen von Menschen mit Behinderungen sichtbar machen, die sich nicht nur auf ihrer Beeinträchtigung beziehen.
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Schlüsselelement der Gegenkultur, die
ihrerseits die Behindertenbewegung
maßgeblich mitgestalten sollte.
Geschmackloseste Platte
aller Zeiten
The Elastic Band
The Elastic Band hatte nicht wirklich die
Möglichkeit, ihren Song „Spazz“
öffentlich zu spielen. Nach der
Veröffentlichung von ‚Spazz‘ im Jahre
1967 auf ATCO sah es zunächst ganz gut
aus für die Band. „Etwa zur gleichen Zeit
bereitete unser Manager eine Reise nach
Europa vor, um die Veröffentlichung bei
EMI's Stateside Label zu promoten. Ein
paar Tage später wurde uns geraten,
nicht nach Europa zu reisen, weil es dort
gefährlich wäre, weil die Leute dachten,
dass ‚Spazz‘ sich über geistig
Zurückgebliebene lustig machte. Die
Leute drohten, uns zu steinigen, als wir
aus dem Flugzeug stiegen.“ 2
„You're walkin down the street
You keep missin your feet
But you never find a place to go
Never find a place to go until someday
Man, you never even knew what hit ya
2 Zitiert in Paterson 2007
I said what hit ya was the back of your
hand
That's right
Uh huh
I said get off of the street
Get off of the street, boy
People gonna think, yes they're gonna
think
People gonna people gonna think you're
SPAZZ!“
(„Spazz“/ „Spasti“ von THE ELASTIC BAND;
1967)
‚Spazz‘ wurde als „eine der
geschmacklosesten Platten aller Zeiten“
bezeichnet. Der Song wurde zunächst
von Radiosendern verboten und bei der
Erstveröffentlichung im Jahr 1967 mitten
im Stream abgesetzt. Damals
entschuldigte sich der DJ sogar bei
seinen Zuhörer*innen für das Spielen die
Aufnahme. ‚Spazz‘ repräsentiert mit
Refrain und dem Songtitel eine
abwertende und konfrontative Version
der öffentlichen Erfahrung von
Behinderung. Außerdem bezieht sich der
Text wohl auf die psychoaktive,
narkotische Erfahrung der Gegenkultur.
Die stimmliche Qualität des Sängers
David Cortopassi wird vom
Musikjournalisten Peter Lindblad in der
Sprache der Beeinträchtigung
beschrieben: „Er nuschelt
unzusammenhängend, als ob er
betrunken umkippt oder in irgendeiner
Weise hirngeschädigt ist(...)verstümmelt,
kaum zu verstehen(...)Schaum vor dem
Mund.“ 3 Tatsächlich ähneln die ersten
Klänge der Single, bevor die Musik
einsetzt, Fragmente einer
unverständlichen Stimme, die einer
Person mit Sprachbehinderung gleicht.
„Ich gebe es nur ungern zu, aber das bin
nur ich, der ein bisschen inkohärent
klingt“, erklärte Cortopassi Jahrzehnte
später. 4
3 Lindblad 2009
4 Zitiert in Paterson 2007