Art Quarterly - Luxury can be Art
Art Quarterly ist ein Magazin für alle Kunst- und Kulturliebhaber. Neben zahlreichen Informationen über die aktuelle Kunstszene und den zurzeit laufenden Ausstellungen in Österreich und Deutschland präsentieren wir Ihnen auch immer die aktuellen Top-Beauty-Trends.
Art Quarterly ist ein Magazin für alle Kunst- und Kulturliebhaber. Neben zahlreichen Informationen über die aktuelle Kunstszene und den zurzeit laufenden Ausstellungen in Österreich und Deutschland präsentieren wir Ihnen auch immer die aktuellen Top-Beauty-Trends.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
KULTURTIPP / WIEN<br />
LUDWIG WITTGENSTEIN<br />
Fotografie als analytische Praxis<br />
LUDWIG WITTGENSTEIN (1889–1951) IST EINER DER BEDEUTENDSTEN PHILOSOPHEN DES 20.<br />
JAHRHUNDERTS. IM MITTELPUNKT DER UMFASSENDEN AUSSTELLUNG DES LEOPOLD MUSEUM STEHEN<br />
ALLERDINGS NICHT WITTGENSTEINS BAHNBRECHENDE PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN ODER DEREN<br />
STRAHLKRAFT AUF DIE BILDENDE KUNST, SONDERN SEIN INTERESSE AN DER FOTOGRAFIE.<br />
(1) MORIZ NÄHR, Ludwig Wittgenstein. Porträt zur Verleihung des Trinity College Stipendiums 1929,<br />
1928/29 Sil<strong>be</strong>rgelatine-Neuabzug von Sil<strong>be</strong>rgelatine-Trockenplatte (Glasnegativ), Klimt-Foundation,<br />
Wien (2) HIROSHI SUGIMOTO, Wittgenstein House, 2001, Sil<strong>be</strong>rgelatineabzug, Courtesy of Gallery<br />
Koyanagi (3) GILLIAN WEARING, Self Portrait at 17 Years Old, 2003, Gerahmter C-Print, Collection<br />
Contemporary <strong>Art</strong> „la Caixa“ Foundation (4) MIKE KELLEY, Ectoplasm Photographs, 1978/2009 (Detail)<br />
15-teilig, chromogenetische Farbabzüge, Mike Kelley Foundation for the <strong>Art</strong>s und Hauser & Wirth (5)<br />
TOPICAL PICTURES, Francis Skinner und Ludwig Wittgenstein in einer Straße in Cambridge, rückseitig von<br />
Wittgenstein für Ludwig Hänsel <strong>be</strong>schrie<strong>be</strong>n: „Dieses schöne Bild zeigt mich + einen Freund in einer Straße<br />
von Cambridge.“, 1935, „Walking Pictures“, Sil<strong>be</strong>rgelatineabzug, Wittgenstein Archive Cambridge (6) JOHN<br />
BALDESSARI, Ed Henderson Suggests Sound Tracks for Photographs, 1974, Video (digitalisiert), Courtesy<br />
Electronic <strong>Art</strong>s Intermix (EAI), New York<br />
1<br />
Die Schau fokussiert anhand von<br />
mehr als 200 Objekten auf den<br />
Fotografen Wittgenstein, der sich<br />
als Autor, Sammler und Arrangeur<br />
von Fotografien <strong>be</strong>tätigte und <strong>be</strong>leuchtet<br />
davon ausgehend auch biografische Aspekte<br />
und Bezüge zum Schaffen des Philosophen.<br />
Im Zentrum stehen seine praktische und theoretische<br />
Verwendung der Fotografie, sein tiefes<br />
Verständnis des Mediums in der ganzen<br />
Bandbreite seiner Facetten zwischen indexikalischer<br />
Spur und <strong>Art</strong>efakt, zwischen Erinnerungsstütze<br />
und epistemischem Vehikel,<br />
zwischen Evidenz und Lüge.<br />
WITTGENSTEINS FOTOGRAFISCHE PRAXIS<br />
Die Verbindung von Wittgenstein zur Fotografie<br />
wurde bisher vor allem mit Fokus auf<br />
sein Fotoalbum, die Kompositfotografie und<br />
seine in einem Brief an Ludwig Hänsel formulierte<br />
Absicht, einen „Laokoon für Photographen“<br />
zu schrei<strong>be</strong>n, diskutiert. Die Perspektive<br />
der Ausstellung und die Möglichkeit, die<br />
Fülle des von Michael Nedo aufgebauten und<br />
geführten Wittgenstein Archive Cambridge<br />
wie auch relevante Bestände aus dem Trinity<br />
College und dem Brenner-Archiv unter dem<br />
Blickpunkt des Fotografischen zu <strong>be</strong>fragen,<br />
ermöglichen nun einen Blick auch auf bisher<br />
weniger Beachtetes wie <strong>be</strong>ispielsweise seine<br />
im Sommer 1936 mit einer Pocket Camera<br />
gefertigten Aufnahmen oder repräsentative<br />
Auszüge aus seiner Ansichtskartenkorrespondenz<br />
und aus seiner Nonsense Collection.<br />
Wittgensteins fotografische Praxis reicht vom<br />
eigenen Umgang mit der Kamera ü<strong>be</strong>r die<br />
Konzeption, Kompilation und Montage von<br />
Aufnahmen, ü<strong>be</strong>r das Beschneiden von Abzügen,<br />
das Kommentieren ihrer materiellen<br />
Qualitäten und das Versenden und Einfor-<br />
dern von Fotografien bis hin zum Formulieren<br />
von Präferenzen, Wertungen und Handlungsanweisungen<br />
für deren Betrachtung.<br />
KOMPOSITFOTOGRAFIE UND UNSCHÄRFE<br />
Die frühesten Äußerungen Wittgensteins ü<strong>be</strong>r<br />
Fotografie erfolgten 1929 im Zusammenhang<br />
mit der „Galton’schen Photographie“. Entwickelt<br />
vom britischen Wissenschaftler Francis<br />
Galton in den 1870er-Jahren, wurde diese<br />
Methode der fotografischen Synthese von Gesichtern<br />
zum Zweck einer Typologisierung<br />
breit rezipiert. Hinsichtlich ihrer Aufnahmeparameter<br />
möglichst identische Fotografien<br />
von Gesichtern werden in einer Teil<strong>be</strong>lichtung<br />
auf eine Negativplatte abfotografiert:<br />
Ü<strong>be</strong>reinstimmende Bereiche erge<strong>be</strong>n eine<br />
Voll<strong>be</strong>lichtung, Unterschiede treten in den<br />
Hintergrund; das Gemeinsame wird sichtbar,<br />
das Individuelle verschwindet. Während <strong>be</strong>i<br />
Galton die Schnittmenge der Ü<strong>be</strong>reinstimmungen<br />
im Fokus stand, war für Wittgenstein<br />
die spezifische Unschärfe des Kompositbildes<br />
von <strong>be</strong>sonderem Interesse, die dort sichtbar<br />
werdenden Charakteristika des Individuums.<br />
IM DIALOG MIT ZEITGENÖSSISCHER<br />
KUNST<br />
Wittgensteins fotografische Praxis reicht vom<br />
eigenen Umgang mit der Kamera ü<strong>be</strong>r die<br />
Konzeption, Kompilation und Montage von<br />
Aufnahmen, ü<strong>be</strong>r das Beschneiden von Abzügen,<br />
das Kommentieren ihrer materiellen<br />
Qualitäten und das Versenden und Einfordern<br />
von Fotografien bis hin zum Formulieren<br />
von Präferenzen, Wertungen und Handlungsanweisungen<br />
für deren Betrachtung. In der<br />
Ausstellung wird diese Praxis mit Werken folgender<br />
zeitgenössischer Künstler*innen in Dialog<br />
gesetzt: Vito Acconci, Miriam Bäckström,<br />
John Baldessari, Gottfried Bechtold, Anna und<br />
Bernhard Blume, Christian Boltanski, Hanne<br />
Darboven, Olafur Eliasson, Hans-Peter Feldmann,<br />
Günther Förg, Her<strong>be</strong>rt W. Franke, Nan<br />
Goldin, Peter Handke, Heinrich Heiders<strong>be</strong>rger,<br />
Peter Hujar, Anna Jermolaewa, Birgit<br />
Jürgenssen, Mike Kelley, Anastasia Khoroshilova,<br />
Friedl Ku<strong>be</strong>lka, David Lamelas, Sherrie<br />
Levine, Sharon Lockhart, Inés Lombardi,<br />
Dóra Maurer, Trevor Paglen, Sigmar Polke,<br />
Timm Rautert, Gerhard Richter, Martha Rosler,<br />
Thomas Ruff, Norman Saunders, Alfons<br />
Schilling, Cindy Sherman, Katharina Sieverding,<br />
Margherita Spiluttini, Dominik Steiger,<br />
Sturtevant, Hiroshi Sugimoto, Andy Warhol,<br />
Gillian Wearing, Peter Wei<strong>be</strong>l, Manfred Willmann,<br />
Otto Zitko, Heimo Zo<strong>be</strong>rnig.<br />
FACTS<br />
LEOPOLD MUSEUM<br />
Ausstellung<br />
LUDWIG WITTGENSTEIN<br />
Fotografie als analytische Praxis<br />
LAUFZEIT:<br />
12. Novem<strong>be</strong>r 2021 bis<br />
06. März 2022<br />
5 6<br />
AUSSTELLUNGSSTANDORT:<br />
MuseumsQuartier,<br />
Museumsplatz 1,<br />
1070 Wien<br />
twitter.com/Leopold_Museum<br />
facebook.com/LeopoldMuseum<br />
instagram.com/leopold_museum<br />
www.leopoldmuseum.org<br />
2 3<br />
© Hiroshi Sugimoto © Gillian Wearing © Mike Kelley Foundation for the <strong>Art</strong>s. All Rights Reserved / VAGA at ARS, NY. © John Baldessari 1974,<br />
Courtesy Estate of John Baldessari © 2021 Courtesy Sprüth Magers © Leopold Museum, Vienna/Manfred Thum<strong>be</strong>rger<br />
INFORMATIONEN:<br />
Tel.: +43 1 525 70-0<br />
Mail: office@leopoldmuseum.org<br />
ÖFFNUNGSZEITEN:<br />
Täglich außer Dienstag:<br />
10.00 – 18.00 Uhr<br />
Feiertags ge öffne t !<br />
4<br />
144 AQ HERBST/WINTER 2021 www.art-quarterly.com<br />
www.art-quarterly.com<br />
HERBST/WINTER 2021 AQ 145