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Art Quarterly - Luxury can be Art

Art Quarterly ist ein Magazin für alle Kunst- und Kulturliebhaber. Neben zahlreichen Informationen über die aktuelle Kunstszene und den zurzeit laufenden Ausstellungen in Österreich und Deutschland präsentieren wir Ihnen auch immer die aktuellen Top-Beauty-Trends.

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ART ANNIVERSARY<br />

LEOPOLD MUSEUM, Außenansicht, 2020<br />

Foto: Leopold Museum, Wien/Ouriel Morgensztern<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Ne<strong>be</strong>n einer intensiven Auseinandersetzung<br />

Rudolf Leopolds<br />

mit kunstwissenschaftlicher<br />

Literatur war sein Credo vor<br />

allem die kritische und umfassende<br />

Betrachtung der Originale,<br />

wodurch sich erst ein<br />

Gefühl für die Qualität und<br />

Singularität des einzelnen Kunstwerkes<br />

zu entwickeln vermag. Ne<strong>be</strong>n seiner<br />

publizistischen Tätigkeit – zu der<br />

unter anderem seine 1972 veröffentlichte<br />

Schiele-Monografie mit einem<br />

Werkverzeichnis der Gemälde zählt –<br />

war vor allem das Initiieren und Organisieren<br />

zahlreicher Ausstellungen im<br />

In- und Ausland sein vordringlichstes<br />

Interesse. Damit trug er wesentlich zur<br />

internationalen Anerkennung nicht<br />

nur des Œuvres von Egon Schiele,<br />

sondern auch der Protagonist*innen<br />

der Wiener Moderne <strong>be</strong>i. Bereits 1956<br />

stellte Rudolf Leopold für eine Ausstellung<br />

zur österreichischen Moderne<br />

im Amsterdamer Stedelijk Museum<br />

eine Auswahl von Werken Schieles als<br />

Kurator zusammen, die international<br />

Beachtung fand. Weitere <strong>be</strong>deutende<br />

Präsentationen aus den Beständen der<br />

Sammlung fanden in London (1964),<br />

New York (1965), München (1975),<br />

Tokio (1979), Venedig (1984), Zürich<br />

(1988), Hamburg (1995), Brüssel (1998)<br />

oder Paris (2005) statt.<br />

ST ÄNDIGE VERÄNDERUNG<br />

Seit der Eröffnung des Museums vor 20<br />

Jahren ha<strong>be</strong>n sich freilich die Aufga<strong>be</strong>n<br />

und Aktivitäten eines Kunstmuseums<br />

paradigmatisch verändert und multipliziert.<br />

So kam es im Laufe der Jahre<br />

zu wesentlichen Änderungen der externen<br />

Rahmen<strong>be</strong>dingungen, die nicht<br />

unwesentlich eine erfolgreiche Unternehmensführung<br />

und damit die operativen<br />

Prozessabläufe von musealen<br />

Institutionen tangieren. So ha<strong>be</strong>n sich<br />

etwa im Bereich Technologie und Digitalisierung<br />

fundamentale Innovationen<br />

ereignet, die sich sowohl auf Prozessabläufe<br />

wie auch auf die wachsenden<br />

touristischen Märkte und damit auf die<br />

Zielgruppenadressierung auswirkten.<br />

Ü<strong>be</strong>rdies ha<strong>be</strong>n sich zahlreiche neue<br />

Geschäftsfelder aufgetan, die etwa in<br />

einer zeitgemäßen Kunstvermittlung,<br />

im Besucher*innenservice, im Veranstaltungs<strong>be</strong>reich<br />

und nicht zuletzt im<br />

rasanten Wandel der Diskursmoden<br />

ihre Auswirkungen zeitigten und die<br />

zu Wachstumssteigerungen wie wohl<br />

auch zu Veränderungen der Unternehmensstruktur<br />

und der Betriebsabläufe<br />

führten. Nicht zuletzt hinsichtlich der<br />

Akquisition von Drittmitteln durch<br />

Sponsor*innen, Mäzen*innen und Patron*innen<br />

ha<strong>be</strong>n sich neue Chancen,<br />

a<strong>be</strong>r auch Hürden erge<strong>be</strong>n, die für die<br />

Wirtschaftlichkeit eines Museums<strong>be</strong>trie<strong>be</strong>s<br />

von heute von zentraler Bedeutung<br />

sind.<br />

Der Gründungsdirektor der Hamburger<br />

Kunsthalle, Alfred Lichtwark<br />

(1852–1914), hat vor mehr als hundert<br />

Jahren <strong>be</strong>tont, was für Museen auch<br />

heute noch Gültigkeit <strong>be</strong>sitzt: „Solange<br />

die Museen nicht versteinern, werden<br />

sie sich wandeln müssen. Jede Generation<br />

wird ihnen neue Aufga<strong>be</strong>n bieten.“<br />

Ansatzpunkt für einen sich stetig<br />

vollziehenden Wandel nicht nur im <strong>be</strong>triebswirtschaftlichen<br />

Kontext ist der<br />

Dialog, der vor dem Hintergrund einer<br />

historischen Perspektive vor allem die<br />

Fragestellungen der Gegenwart <strong>be</strong>rücksichtigen<br />

muss. Auf kaum einem<br />

anderen Gebiet sind die Seismografen<br />

für die Veränderungen innerhalb einer<br />

Kultur und Gesellschaft so fein justiert<br />

wie in der Kunst. Werke der Literatur,<br />

der Musik oder des Tanzes, vor allem<br />

a<strong>be</strong>r der bildenden Kunst sind es, die<br />

uns Weltdeutungen offerieren und damit<br />

nicht nur unser Gedächtnisarchiv<br />

kontinuierlich erweitern, sondern auch<br />

das Potenzial ha<strong>be</strong>n, unser zukünftiges<br />

Handeln zu <strong>be</strong>einflussen. Ausstellungsmachen,<br />

verstanden als Bewusstmachung<br />

von Phänomenen, ist ein stets<br />

nach außen gerichteter Prozess, dessen<br />

primärer Impuls die Wechsel<strong>be</strong>ziehung<br />

zwischen den Autor*innen, ihren Werken<br />

und den Rezipient*innen ist. Zu<br />

den zentralen Strategien zählt folglich<br />

ein Diskursanspruch, der sich im Spannungsfeld<br />

von Kunstgeschichte und<br />

aktuellem Kunst<strong>be</strong>griff <strong>be</strong>wegt und damit<br />

einhergehend die Forcierung von<br />

Forschungs- und Wissensvermittlung.<br />

Vielfältige Diskurs- und Dialogräume<br />

erga<strong>be</strong>n sich nicht zuletzt durch die<br />

Vernetzung mit Protagonist*innen aus<br />

unterschiedlichen Wissens<strong>be</strong>reichen.<br />

Erinnert sei an dieser Stelle der Disziplinen<br />

ü<strong>be</strong>rschreitende Diskurs in Zusammenhang<br />

mit der Neuaufstellung<br />

der Sammlung, <strong>be</strong>i dem Expert*innen<br />

aus unterschiedlichen Wissensgebieten<br />

wie der Philosophie, Psychologie, Theater-<br />

und Musikwissenschaft oder der<br />

Architektur zugunsten einer multiperspektiven<br />

Erfassung von kulturellen<br />

Phänomenen herangezogen wurden.<br />

Aspekte der Interdisziplinarität, Intermedialität<br />

und nicht zuletzt von epochenü<strong>be</strong>rschreitendem<br />

Denken finden<br />

sich folgerichtig als programmatische<br />

Ansätze auch in den Themensetzungen<br />

der Ausstellungen wieder.<br />

Die Notwendigkeit einer dauernden<br />

Reflexion auf die Historie einer musealen<br />

Institution aus der Perspektive<br />

der Gegenwart soll an dieser Stelle hinsichtlich<br />

der Programmierung und damit<br />

des kuratorischen Theoretisierens<br />

weiter ausgeführt werden, da sie die<br />

zentrale Grundvoraussetzung musealen<br />

Ar<strong>be</strong>itens im Kontext des Gedächtnisses<br />

eines Museums <strong>be</strong>treffen und<br />

damit unmittelbar die Identität eines<br />

Hauses definieren.<br />

Ausstellungsansicht WIEN 1900. AUFBRUCH IN DIE MODERNE (Detail), 2019, Egon Schiele, Sitzender Männerakt (Selbstbildnis), 1910. (1) Ausstellungsansicht<br />

WIEN 1900. AUFBRUCH IN DIE MODERNE, 2019, Gemälde und Mö<strong>be</strong>l von Koloman Moser (2) Ausstellungsansicht HUNDERTWASSER – SCHIELE.<br />

IMAGINE TOMORROW, 2020 (3) Ausstellungsansicht SCHIELE – BRUS – PALME. ABSTURZTRÄUME, 2018, Werke von Thomas Palme.<br />

Fotos: Leopold Museum, Wien/Lisa Rastl<br />

56 AQ HERBST/WINTER 2021 www.art-quarterly.com<br />

www.art-quarterly.com<br />

HERBST/WINTER 2021 AQ 57

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