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Art Quarterly - Luxury can be Art

Art Quarterly ist ein Magazin für alle Kunst- und Kulturliebhaber. Neben zahlreichen Informationen über die aktuelle Kunstszene und den zurzeit laufenden Ausstellungen in Österreich und Deutschland präsentieren wir Ihnen auch immer die aktuellen Top-Beauty-Trends.

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ART INTERVIEW<br />

G<br />

erade e<strong>be</strong>n hast Du ein ganz <strong>be</strong>sonderes Projekt<br />

finalisiert, eine Besucherpromenade am<br />

Fuße der Zitadelle von Bastia auf Korsica,<br />

auf der sich der Wanderer tatsächlich in Mitten<br />

von Fels und Meer <strong>be</strong>wegt. Ähnlich, wie<br />

schon <strong>be</strong>im 2014 fertiggestellten Besuchersteg<br />

zwischen Küste und Mont Saint Michel,<br />

greifst Du auch hier kaum in das Gefühl von<br />

Wildheit und Freiheit ein und ermöglichst<br />

dennoch eine attraktive Form der Begehbarkeit.<br />

Ist es ein <strong>be</strong>sonderer Anreiz für Dich,<br />

das bislang un<strong>be</strong>gehbare wegbar zu machen,<br />

oder worin liegt für Dich die Herausforderung<br />

<strong>be</strong>i solchen Projekten?<br />

Tatsächlich ermöglichen diese Bauwerke das<br />

Entdecken neuer Perspektiven. Es sind auch<br />

Begegnungsräume, Orte zum Verweilen und<br />

genießen der Umgebung. Es geht um die Aufenthaltsqualität,<br />

das Gefühl, zu vermitteln Teil<br />

des Ganzen, der Landschaft zu sein. Die Besonderheit<br />

der Orte, mit welchen ich konfrontiert<br />

bin, sind die eigentliche Herausforderung. Jeder<br />

Eingriff in die vorhandene Situation ist delikat:<br />

Den Genie des Ortes zu finden, die Stimmung<br />

zu vermitteln und gleichzeitig Komfort und Sicherheit<br />

zu vermitteln.<br />

Einen wesentlichen Teil Deiner weitreichenden<br />

Berühmtheit verdankst Du ja e<strong>be</strong>nfalls<br />

einigen Deiner unverwechselbaren Brücken.<br />

Immer wieder wird die Pariser Fußgängerbrücke<br />

„Passerelle Simone de Beauvoir“ genannt,<br />

natürlich auch die „Passerelle des Trois<br />

Pays“, zu Deutsch die „Dreiländerbrücke“<br />

welche die längste Bogenbrücke für Fußgänger<br />

und Radfahrer weltweit darstellt und die<br />

<strong>be</strong>sonders stimmungsvolle „Passerelle de la<br />

Paix“, die Friedensbrücke in Lyon. Ha<strong>be</strong>n alle<br />

diese Brückenprojekte einen gemeinsamen<br />

Nenner, oder sind sie völlig eigenständige<br />

architektonische Kompositionen?<br />

Jedes Bauwerk ist eigenständig und sucht den<br />

Bezug zum Ort. Diese Haltung verbindet meine<br />

Entwürfe. Ich suche nach einer sensiblen<br />

Möglichkeit, auf die Situation zu reagieren. Die<br />

Wahl der Materialität, der Wegeführung, der<br />

Schaffung von Raumsituationen in Beziehung<br />

zum Ort. Die Nähe des Menschen zur Struktur<br />

gibt dem Tragwerk seine spezielle Bedeutung.<br />

Sie schafft Maßstäblichkeit und ist Teil des Ent-<br />

wurfs. Die Zusammenar<strong>be</strong>it mit den Ingenieuren<br />

spielt eine wesentliche Rolle. Oft ist das von<br />

mir vorgeschlagene System ungewöhnlich und<br />

herausfordernd, um die von mir angestrebte<br />

Transparenz und Leichtigkeit zu erreichen. Es<br />

ist für mich notwendig, dass meine Projektpartner<br />

den Entwurf <strong>be</strong>gleiten, unterstützen oder<br />

sogar im <strong>be</strong>sten Fall verstärken. Das verlangt<br />

ein gegenseitiges Verständnis. Auch das Reagieren<br />

auf den Ort fordert das Tragwerk. Sie ha<strong>be</strong>n<br />

<strong>be</strong>reits einige Beispiele genannt: die Dreiländerbrücke<br />

zwischen Deutschland und Frankreich<br />

ist asymmetrisch, um den Blick der verbindenden<br />

Achse freizuhalten. Die Auflager sind aufgelöst,<br />

die Brücke setzt <strong>be</strong>hutsam am Ufer auf.<br />

Selbst innerhalb des <strong>be</strong>auftragten Ingenieurbüros<br />

gab es massiven Widerstand. Es <strong>be</strong>durfte<br />

der Ingeniosität eines erfahrenen Ingenieurs, die<br />

Längenveränderungen am Auflager mit einem<br />

solch ungewöhnlichen System aufzunehmen.<br />

PASSERELLE SIMONE-DE-BEAUVOIR<br />

ist eine 304 Meter lange Fußgängerbrücke<br />

ü<strong>be</strong>r die Seine im Osten von<br />

Paris.<br />

Ein weiteres Beispiel stellt Aldilonda dar: Ich<br />

schlug vor, den Weg direkt entlang des Felsens<br />

unter der Festungsmauer zu führen. Ein<br />

zartes Band, das im Gestein verankert ist und<br />

eine horizontale Linie <strong>be</strong>schreibt. Allerdings<br />

sind die Kräfte der aufprallenden Wogen von<br />

unten extrem stark. Diese Kräfte wurden in<br />

einem Modellversuch in einem Wasser<strong>be</strong>cken,<br />

das 10x20 Meter groß ist, von Spezialisten für<br />

Wellenverhalten ermittelt. Der massive Weg<br />

setzt sich aus vorgefertigten Stahl<strong>be</strong>tonelementen<br />

zusammen. Diese liegen auf vorgefertigten<br />

Stahlkonsolen auf welche mit 24-Meter langen<br />

Zugankern im Felsen verbohrt sind. Der Weg ist<br />

mittels eines durchgehenden Gitterrostes vom<br />

Felsen abgesetzt. Hier kann das Wellenspiel entlang<br />

der Wand <strong>be</strong>obachtet werden. Bei hohem<br />

Wellengang findet in diesem Rand<strong>be</strong>reich das<br />

aufstre<strong>be</strong>nde Wasser einen Ausgang. Dieses Zusammenspiel<br />

von architektonisch motivierten<br />

Situationen mit der strukturellen Notwendigkeit<br />

gibt dem Bauwerk seine Stringenz.<br />

So zeichnet die ineinander verflochtene Struktur<br />

der Passerelle Simone de Beauvoir die unterschiedlich<br />

ü<strong>be</strong>r die Brücke geführten Wege<br />

nach. Dies <strong>be</strong>einflusst die Struktur, bindet sie an<br />

die limitierte Kapazität der Menschen Steigungen<br />

zu ü<strong>be</strong>rwinden. Dies gilt ins<strong>be</strong>sondere für<br />

Rollstuhlfahrer, ältere Menschen, das Schie<strong>be</strong>n<br />

von Kinderwägen.<br />

Das HEADQUARTER des Konzerns<br />

VEOLIA auch <strong>be</strong>kannt als das „V“ hat<br />

eine Fläche von 45.000 m 2 und erhebt<br />

sich auf sie<strong>be</strong>n Etagen.<br />

62 AQ HERBST/WINTER 2021 www.art-quarterly.com<br />

www.art-quarterly.com<br />

HERBST/WINTER 2021 AQ 63

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