Kleine Einführung in die Astronavigation und Astronomie 1 Einleitung
Kleine Einführung in die Astronavigation und Astronomie 1 Einleitung
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• Da <strong>die</strong> Erde abgeplattet ist, können Mond, Sonne <strong>und</strong> andere Planeten, wenn sie sich nicht gerade<br />
<strong>in</strong> der Äquatorebene der Erde bef<strong>in</strong>den, auf <strong>die</strong> Erde e<strong>in</strong> Drehmoment ausüben. Das führt dann zur<br />
Präzession der Drehimpuls- <strong>und</strong> damit auch der Rotationsrichtung der Erde im Raum<br />
• Drehimpuls- <strong>und</strong> Trägheitsachse der Erde stimmen nicht übere<strong>in</strong>. Es kommt so zu Nutationsbewegungen<br />
der Rotationsachse bezogen auf den Fixsternenhimmel <strong>und</strong> auch gegenüber dem Erdkörper.<br />
• Mond <strong>und</strong> Sonne rufen e<strong>in</strong>e Gezeitendeformation des gesamten Erdkörpers hervor, ähnlich wie <strong>die</strong><br />
Gezeiten der Ozeane, nur sehr viel kle<strong>in</strong>er. Durch <strong>die</strong> <strong>in</strong>nere Reibung des Erdkörpers läuft <strong>die</strong> Gezeitenwelle<br />
h<strong>in</strong>ter den Positionen der beiden Himmelskörper h<strong>in</strong>terher. Die Gravitationskräfte von Mond<br />
<strong>und</strong> Sonne auf <strong>die</strong>se Deformation bremsen <strong>die</strong> Erdrotation ab <strong>und</strong> beschleunigen dafür den Mond <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Umlauf um <strong>die</strong> Erde.<br />
• Massenverlagerung auf der Erde führt zu Änderungen ihres Trägheitsmomentes <strong>und</strong> damit zu weiterer<br />
Änderung von Betrag <strong>und</strong> Richtung der Erdrotation.<br />
In den Beobachtungen kann man <strong>die</strong> Ursachen der Richtungsänderungen der Rotationsachse nicht unterscheiden,<br />
daher nennen <strong>die</strong> Astronomen alle Richtungsänderungen der Rotationsachse im Raum Nutation,<br />
wenn ihre Periode 18.6 Jahre (Präzessionsperiode der Mondbahnebene) oder weniger beträgt. Alle langsameren<br />
Schwankungen werden lunisolare Präzession genannt. Die Wanderung der Rotationsachse auf<br />
dem Erdkörper heißt unabhängig von ihrer Ursache Polbewegung (Polar motion).<br />
Die Polbewegungen der Erdachse (Abb. 11) s<strong>in</strong>d zwar kle<strong>in</strong> (ca. ± 10 m mit e<strong>in</strong>er dom<strong>in</strong>ierende Periode<br />
von ∼ 400 Tagen) können aber nicht so genau vorhergesagt werden, wie <strong>die</strong> Nutationsschwankungen <strong>und</strong><br />
werden daher laufend vom International Earth Rotation Service (IERS) vermessen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Bullet<strong>in</strong>s<br />
bekannt gegeben.<br />
Die Richtungsänderungen der Erdachse durch Nutation <strong>und</strong> Präzession (Abb. 12) bewirken e<strong>in</strong>e entprechende<br />
Schwankung der momentanen Äquatorebene, so dass deren Schnittgrade mit der Ekliptik<br />
nicht mehr raumfest ist. Das ist problematisch, da ja <strong>die</strong>se Schnittgrade <strong>die</strong> Richtung des aktuellen<br />
Frühl<strong>in</strong>gspunktes festlegt, der wiederum <strong>die</strong> Länge α=0 unseres Sternkoord<strong>in</strong>atensystems def<strong>in</strong>iert. Für<br />
<strong>die</strong> Nutationsschwankungen kann <strong>die</strong>se Bewegung weitgehend vorausberechnet werden (Equation of the<br />
Equ<strong>in</strong>oxes) <strong>und</strong> viele Beobachtungen werden durch e<strong>in</strong>e entsprechende Korrektur gleich auf e<strong>in</strong>en mittleren<br />
Frühl<strong>in</strong>gspunkt (“mean equator and equ<strong>in</strong>ox of date”) bezogen.<br />
Die langsamere Präzessionsbewegung der Erdachse bewirkt e<strong>in</strong>e stetige Wanderung des Frühl<strong>in</strong>gspunktes<br />
entlang dem Äquator mit e<strong>in</strong>er Umlaufperiode von ∼ 26000 Jahren. Bei der Angabe der Koord<strong>in</strong>aten<br />
der Fixsterne ist es also unbed<strong>in</strong>gt notwendig mit anzugeben, auf welchen mittleren Frühl<strong>in</strong>gspunkt<br />
sich das Koord<strong>in</strong>atensystem bezieht. Dies geschieht mit e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>weis der Form z.B. “mean equ<strong>in</strong>ox of<br />
epoch J2000.0” <strong>in</strong> dem Sternkatalog. Er bedeutet, dass <strong>die</strong> Lage des Äquators <strong>und</strong> des mittleren Frühl<strong>in</strong>gspunktes<br />
zum Julianischen Tag J2000., also dem 1. Jan 2000 12 h 0 m 0 s als Referenz genommen wurde.<br />
Sternkataloge ohne e<strong>in</strong>en entsprechenden H<strong>in</strong>weis s<strong>in</strong>d ähnlich e<strong>in</strong>geschränkt brauchbar, wie Seekarten<br />
ohne Angabe des geodätisches Kartendatums oder der magnetische Mißweisung.<br />
Die aktuelle astronomische Tageslänge schwankt dagegen wieder sehr erratisch im Bereich von Millisek<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> nimmt darüber h<strong>in</strong>aus, hauptsächlich durch <strong>die</strong> Gezeitenbremsung, um etwa 1.5 ms pro<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert ab. Die 86400 SI Sek<strong>und</strong>en des Julianischen Tages stimmten Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
noch gut mit der mittleren Länge e<strong>in</strong>es Sonnentages übere<strong>in</strong>, heute s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Tage im Mittel etwa 2<br />
ms länger (Abb. 13). Die aktuellen Tageslängen s<strong>in</strong>d nicht besser als e<strong>in</strong>ige Millisek<strong>und</strong>en vorhersagbar<br />
(vielleicht wäre das mal e<strong>in</strong>e ausgefallene Entschuldigung für e<strong>in</strong>e Verspätung), daher werden sie wie <strong>die</strong><br />
Polbewegung von der IERS laufend gemessen <strong>und</strong> im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> veröffentlicht.<br />
In der Vergangenheit wurden zur Messung der Tageslänge zwei Messmethoden verwendet. In dem<br />
e<strong>in</strong>em Verfahren wird der Zeitpunkt des Meridiandurchgangs der mittleren Sonne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von<br />
Observatorien gemessen. Die Zeitdifferenz zwischen dem Transit <strong>in</strong> Greenwich zu dem Transit bei e<strong>in</strong>em<br />
Observatorium mit der westlichen Länge λ legt dann für <strong>die</strong>ses Observatorium den Zeitpunkt UT0=λ+12 h<br />
fest. Die so bestimmte Zeit UT0 benutzt <strong>die</strong> geographische Länge λ, <strong>die</strong> aber wegen der Polbewegung<br />
etwas schwankt. E<strong>in</strong>e entsprechende Korrektur von Größenordung e<strong>in</strong>iger Millisek<strong>und</strong>en überführt UT0<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Zeit UT1, <strong>die</strong> dann für <strong>die</strong> ganze Erde den Greenwich St<strong>und</strong>enw<strong>in</strong>kel der mittleren Sonne angibt<br />
<strong>und</strong> ist mit identisch GMT, der lokalen Sonnenzeit <strong>in</strong> Greenwich (um Verwechselungen mit früheren<br />
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