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1 - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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I J FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/92<br />

nis der politischen Aussagekraft des feministischen<br />

Slogans "das Persönliche ist politisch". Pateman<br />

(1989, S. 102) beleuchtet dieses unterschiedliche<br />

Verständnis der Grenzziehung in feministischer und<br />

nicht-feministischer politischer Theorie als Schlüsselkategorie<br />

für die Legitimation des Politischen,<br />

wenn sie schreibt"... the meaningof'civil society' in<br />

the contract theories, ... is constituted through the<br />

'original' Separation and Opposition between the<br />

modern, public - civil - world and the modern, private<br />

or conjugal and familial sphere: that is, in the new<br />

social worldcreated through contract, everything that<br />

lies beyond the domestic (private) sphere is public, or<br />

'civil' society. Feminists are concerned with this<br />

division. In contrast, most discussions of civil society<br />

and such formulations as 'public' regulation versus<br />

'private' enterprise presuppose that the politically<br />

relevant Separation between public and private is<br />

drawn within 'civil society' as constructed in the<br />

social contract stories." Dementsprechend, so argumentiere<br />

ich in diesem Papier, muß der Prozeß der<br />

Grenzziehung nachvollzogen werden, um den politischen<br />

Charakter der Grenze selbst verstehen zu können.<br />

Das Übersehen dieser Grenzziehung und ihrer<br />

Bedeutung für politische Aktivität führt zu einem<br />

liberalen Verständnis von Zivilgesellschaft, in der<br />

das zivile Leben im Gegensatz zum öffentlichen Staat<br />

für privat erklärt wird 27<br />

. Die Logik, mit der diese<br />

Grenzziehung auf abstrakter Ebene kontinuierlich<br />

reproduziert wird, ist als patriarchale Logik zu verstehen,<br />

deren politische Bedeutung anhand der Unterscheidungzwischenzwei<br />

Dimensionen des Patriarchalismus<br />

deutlich wird: der paternalen (Vater - Sohn)<br />

und der maskulinen (Mann - Frau). Dabei ist die letzte<br />

Dimension abhängig von der ersten, d.h. nur der<br />

"natürlich" geregelte (unpolitische) Zugang des<br />

Mannes zum weiblichen Körper ermöglicht die Vater<br />

- Sohn Beziehung. Die Beziehung zwischen den<br />

Geschlechtern ist als nicht-politisch definiert 28<br />

. Es ist<br />

dementsprechend die maskuline Dimension des Patriarchalismus,<br />

die ausschlaggebend ist für die Dominanz<br />

binärer Logik über die Einkesselung (und entsprechend<br />

den Ausschluß) sozialen Raums.<br />

Der feministische Slogan "das Persönliche ist politisch"<br />

bricht mit dieserbinären Logik. Das Verständnis<br />

von politischem Raum, das diesem Slogan unter­<br />

liegt, bestimmt die Interpretation politischen Erfolgs.<br />

Während die NSB-Forschung politische Auseinandersetzung<br />

nur innerhalb der Zivilgesellschaft verortet,<br />

und politischen 'Erfolg' nur als Veränderung<br />

politischer Institutionen entweder in "new institutions"<br />

oder in der "institutionalized political sphere",<br />

d.h. in der Zivilgesellschaft oder im Staat betrachtet 29<br />

,<br />

definieren feministische Theorien jegliche konfliktive<br />

Situation innerhalb der Gesellschaft als potentiell<br />

politisch. Aus dieser Definition des Politischen folgt,<br />

daß der Erfolg sozialer <strong>Bewegungen</strong> nicht im meßoder<br />

zählbaren Transfer einer Nachricht aus der<br />

Bewegung indieLegitimitätpolitischerPraxishinein<br />

besteht, sondern als Teil politischer Praxis selbst<br />

analysiert werden kann. Folgen wir dieser Interpretation<br />

weiter, dann entsteht durch die Bewegung selbst<br />

schon Raum für Politisierung. Über konfliktive Auseinandersetzung,<br />

politisches Lernen, verändert sich<br />

das Verständnis von ursprünglich als privat empfundenen<br />

Problemen. Sie gewinnen politische Sprengkraft<br />

durch die Benennung, in deren Folge sie Raum<br />

in der Sprache einnehmen und dementsprechend<br />

sozial abbildbar 30<br />

werden. Mit der Kritik an der<br />

binären Logik, die dieser Grenzziehung zwischen<br />

dem Politischen und dem Nicht-Politischen unterliegt,<br />

wird das Legitimitätsprinzip, das den Kern<br />

liberal-demokratischer Konzepte bildet (Offe 1987),<br />

radikal in Frage gestellt.<br />

4. Radikale Politik ohne Grenzen?<br />

Die NSB-Ansätze, die hier diskutiert wurden, betrachten<br />

soziale <strong>Bewegungen</strong> als mehr oder weniger<br />

homogene Gruppen, definiert über Projekte, Absichten<br />

oder Inhalte. Dieser Aufsatz hat die Wirkung<br />

theoretischer Konzepte, die auf einer binären Definition<br />

von Gesellschaft fußen, für die Analyse sozialer<br />

<strong>Bewegungen</strong> als politischer Akteurinnen kritisch<br />

beleuchtet. Während die NSB-Forschung einerseits<br />

bereit ist, neue soziale <strong>Bewegungen</strong> im "every-daylife"<br />

Bereich (Melucci 1989), inder"Reproduktionssphäre"<br />

(Hirsch/Roth 1986) oder in der "new institutional<br />

sphere" (Offe 1987) anzusiedeln, hat sie noch<br />

kein analytisches Werkzeug entwickelt, das die Dy-

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