1 - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/92 ! ~I<br />
diären Organisationen im Handlungsfeld Quartierserneuerung<br />
entstehen (wie anderswo auch) nicht<br />
deswegen, weil jemand sie "erfindet". Es gibt auch<br />
nicht den einen Faktor, der zur Entwicklung intermediärer<br />
Strukturen führt. Vielmehr bewirken sehr verschiedene<br />
Einflußgrößen gemeinsam, daß solche<br />
neuen Instanzen, Gruppen oder Organisationen notwendig<br />
und möglich werden. Es 1 assen sich zunächst<br />
zwei Grundbedingungen nennen:<br />
* Es muß ein (gesellschaftlich relevantes) Interesse<br />
an der Bearbeitung bestimmter, oft neuer Probleme<br />
geben ("Bedarf").<br />
* Vorhandene Institutionen, Gruppen, Organisationen<br />
reagieren (zunächst) nicht angemessen<br />
auf diesen Handlungsbedarf ("Defizit").<br />
In der Lücke zwischen "Bedarf" und vorhandenem<br />
Leistungsvermögen/Handlungsinteresse entstehen die<br />
intermediären Organisationen. Dies läßt sich in der<br />
"These von der Inkongruenz" zusammenfassen: Die<br />
Inkongruenz von Aufgaben einerseits und Leistungsvermögen<br />
bzw. Handlungsinteresse bestehender<br />
Institutionen andererseits ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
für die Herausbildung intermediärer Organisationen.<br />
3. Bedarf, oder: Intermediäre Organisationen<br />
werden gebraucht<br />
Der Bedarf nach neuen intermediären Organisationen<br />
speist sich aus sechs Quellen:<br />
* "Verlagerung": Bislang staatlich oder kommunal<br />
bearbeitete Aufgabenwerden"entstaatlicht"-Stadtbewohner<br />
kompensieren diesen Rückzug;<br />
* "Konflikt": Zur Bewältigung von Konfliktsituationen<br />
werden "unbelastete Dritte" benötigt;<br />
* "Engagement": Aktive Bewohnergruppen benötigen<br />
Kommunikationshelfer und Vermittler;<br />
* "Endogenes Potential": Aus der Einsicht in die<br />
fachliche Notwendigkei t neuer Konzepte zur Stadtteilentwicklung<br />
resultiert die Suche nach Verfahren<br />
und nach Organisationsformen, mit denen die<br />
"Selbstheilungskräfte" im Quartier aktiviert werden<br />
können;<br />
* "Neue Standards": Ein gewandeltes berufliches<br />
Selbstverständnis erhöht bei Professionellen das<br />
Interesse zur Kooperation mit Bewohnern und<br />
führt zur Suche nach geeigneten Organisationsformen<br />
hierfür;<br />
* "Neue Arbeit": Arbeitslosigkeit bzw. inhaltlich<br />
unbefriedigende Arbeitsbedingungen führen zur<br />
Suche nach neuen Arbeitsplätzen und -inhalten.<br />
3.1. Verlagerung:<br />
Deregulierung, Privatisierung<br />
Wenn staatliche oder kommunale Institutionen die<br />
Bearbeitung bisher von ihnen wahrgenommener<br />
Aufgaben einstellen, entsteht Handlungsdruck, der<br />
unter Umständen durch das Engagement der Betroffenen<br />
und der sie stützenden Institutionen gemildert<br />
werden muß. So sind etwa die "Friends ofthe Urban<br />
Forest" in San Francisco entstanden, weil ein bislang<br />
von der Stadtverwaltung durchgeführtes Begrünungsprogramm<br />
gestrichen wurde. Ein ehemaliger<br />
Mitarbeiter der Verwaltung und zahlreiche aktive<br />
Bürger kompensierten das entstandene Defizit durch<br />
eigenes Engagement. Sehr viel weitreichender sind<br />
die Folgen der Privatisierung der Wohnungsversorgung<br />
oder die Reduzierung staatlicher Leistungen im<br />
Bereich sozialer Infrastruktur in Großbritannien. Auch<br />
hier muß Bewohnerinitiative einen Teil der ausfallenden<br />
Leistungen kompensieren. Auch hier sind<br />
Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen notwendige<br />
Begleiter dieser Selbsthilfeversuche.