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1 - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/92 "I<br />

Die städtische Kulturpolitik bietet die "issues" für die<br />

in fortschrittliche und wertkonservative Lager polarisierte<br />

Bevölkerung. Währenddessen werden die<br />

besetzten Wohnblöcke in der Innenstadt nach und<br />

nach geräumt, abgerissen und später mit Bürogebäuden<br />

bebaut. Die aus den Protesten gegen die Umwandlung<br />

des Frankfurter Westends zum Cityerweiterungsgebiet<br />

hervorgegangene "Aktionsgemeinschaft<br />

Westend" (AGW) reduziert sich dagegen auf<br />

ihren "harten Kern" und bekommt "mehr und mehr<br />

den Charakter eines reinen Bürgervereins" 2<br />

.<br />

2. Instrumentalisierung des Protestes<br />

Im Historischen Museum wird die Ausstellung von<br />

Geschichte zum "öffentlichen Ärgernis" 3<br />

. Die Provokation<br />

bisheriger Museumsbesucher wird in Kauf<br />

genommen, um unkonventionelle Zugangsmöglichkeiten<br />

zur "Hochkultur" zu bieten. Die Instrumentalisierung<br />

des in der Demokratisierungsphase möglich<br />

gewordenen ehrfurchtslosen Zugangs und des Konsums<br />

von "Kultur(angeboten)" ist Teil eines Konzepts,<br />

das weiterhin vom zu behebenden "cultural<br />

lag" der Massen ausgeht, von der Notwendigkeit<br />

ihrer Hinführung zur Hochkultur. "Kultur für Alle"<br />

(Hilmar Hoffmann) - ein Konzept, das auch zur<br />

Legitmation der kommunalen Kultursubventionen<br />

herhalten muß - stellt für die "Hochkultur" neue<br />

Rezeptionssituationen her, die sich von der (sich<br />

später kommerzialisierenden)"Alteraativ"-undSpektakelkultur<br />

kaum mehr unterscheiden. Die Theater<br />

beispielsweise "... wetteiferten, in immer phantasievolleren<br />

Anstrengungen, ein größeres Publikum anzusprechen:<br />

Nulltarif, Fußballchampions als Premieregäste<br />

oder Erbsensuppe als Pauseninszenierung...,<br />

die Bühnenkünste als schöne Konterbande unters<br />

Volk zu schmuggeln", schreibt Hilmar Hoffmann,<br />

von 1970-1990 Kulturdezernent in Frankfurt in seinem<br />

Rückblick 4<br />

. Mitte der siebziger Jahre bietet die<br />

Stadt Mitmachkultur, Straßenfeste, Art-Meetings und<br />

kostenlosen Rock- und Jazzkonzertbesuch: "Lieder<br />

im Park" und "Jazz im Museum" lauten die neugegründeten<br />

Sommerkulturprogramme in Frankfurt<br />

am Main, um die übriggebliebenen Stadtbewohner<br />

bei Laune zu halten.<br />

Straßenfeste "ergänzen" das kommunale Kulturprogramm.<br />

Sie besitzen jene Qualität, die von Anfang an<br />

den Vororttrabanten der sechziger und siebziger Jahre<br />

und nun auch den tertiarisierten Stadtzentren fehlt:<br />

das Angebot zum Flanieren. Aber: Besucher von<br />

"außerhalb" führen auch zur steigenden Relevanz der<br />

"Schauseite" von .Stadtteilfesten, deren Organisatoren<br />

- meist lokale Vereinen oder Initiativgruppen -<br />

müssen sich professionalisieren. Die Anzahl der als<br />

Publikum in Erscheinung tretenden Besucher steigt<br />

von Jahr zu Jahr; Publikum und nicht-integrierter<br />

Besucher zu sein, kommt dabei dem städtischen<br />

Bedürfnis nach "distanzierter Anteilnahme" entgegen.<br />

So bedingen sich die Prozesse von "innerer<br />

Schließung" und verstärkter Außendarstellung im<br />

traditionellen, alternativen und professionellen Stadtteilleben.<br />

In den siebziger Jahren bildeten Straßeninitiativen<br />

zu Verkehrsberuhigung, aber auch<br />

Versuche der Beeinflussung von städtebaulichen<br />

Neuordnungs- oder Sanierungsplänen in den innerstädtischen<br />

(zukünftig von der U-Bahn erschlossenen)<br />

Wohngebieten die Anregungen zu Straßenfesten.<br />

Aus Straßeninitiativen wurden Straßenfestinitiativen,<br />

zur Durchführung von "bunten Nachmittagen"<br />

im Freien mit ihren neuen Absatzmärkten für<br />

veredelte "(Über)lebensmittel",für "Energiebällchen"<br />

und selbstgekelterte Obstweine. Straßen- und Stadtteilfeste,<br />

zunächst ein Versuch lokaler (Gegen-)Öffentlichkeit,<br />

sind zuletzt vom ortsansässigen, professionellen<br />

Einzelhandel übernommen worden und<br />

gehören inzwischen zum festen Repertoire der städtischen<br />

Gesamtinszenierung.<br />

3. Die "Kolonisierung"<br />

städtischer ÖffenÜichkeit<br />

Der "kulturellen Erneuerung der Stadt von ihrem<br />

Zentrum aus" galt die Devise schwarz-roter Kulturpolitik<br />

unter Walter Wallmann und Hilmar Hoffmann.<br />

Wallmann konnte sich die Früchte der Arbeit<br />

seiner sozialdemokratischen Vorgänger zu eigen<br />

machen. Die Frankfurter SPD hatte auf ihrem Parteitag<br />

im September 1970dem Wiederaufbau der Opern-

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