1 - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 1/92<br />
sentlichen politischen und gesellschaftlichen<br />
Bereichen faktisch<br />
keineswegs geändert haben?<br />
2. Vorgehen<br />
Bevor diese Fragen oder Einwände<br />
untersucht werden können, muß<br />
möglichst präzise beschrieben<br />
werden, was Netzwerke eigentlich<br />
sind. Eingedenk beachtenswerter<br />
Einwände versucht das vorliegende<br />
Projekt der Frage nachzugehen,<br />
ob Netzwerke einen relevanten<br />
Beitrag für neue Formen<br />
der Partizipation, der Entscheidungsfindung<br />
und der Dezentralisierung<br />
von Macht und Kompetenzen<br />
leisten können. Die Erfahrungen<br />
aus den Netzwerk-Aktivitäten<br />
in den altemativen <strong>Bewegungen</strong><br />
der letzten zwanzig Jahre<br />
scheinen diese Tendenzen zu bestätigen.<br />
Zu diesem Ergebnis kommen<br />
auch Dackweiler/Poppenhusen/Grottian/Roth<br />
(1990) in ihrer<br />
empirischen Untersuchung zur<br />
"Struktur und Entwicklungsdynamik<br />
lokaler Bewegungsnetzwerke<br />
in der Bundesrepublik", die<br />
eine relative Stabilität von Bewegungsstrukturen<br />
aufgrund vernetztet<br />
und gewachsener politischer<br />
und gesellschaftlicher Aktivitäten<br />
festgestellt haben. Zentrale darüber<br />
hinausgehende Frage ist allerdings,<br />
wie und in welchem Umfang<br />
Netzwerkformen Eingang in<br />
traditionelle und klassisch-vermachtete<br />
Organisationen und Enscheidungsstrukturen<br />
gefunden<br />
haben. Insbesondere ist die Diskussion<br />
von Interesse, ob und welche<br />
Untemehmensnetzwerke 4<br />
ent<br />
stehen und welche Folgen neue<br />
Unternehmensstrukturen und -kooperationen<br />
für die Partizipation<br />
der Betroffenen einerseits und für<br />
strukturpolitischeHandlungsspielräume<br />
für staatliches Handeln andererseits<br />
haben können. Zu diesen<br />
Fragen liegen bereits eine Reihe<br />
von Untersuchungen vor, vgl.<br />
z. B. Grabher (1988) und Sydow<br />
(1991). Sensible, weil hochgradig<br />
interessenbesetzte Politikfelder,<br />
wie z. B. die Forschungs- und<br />
Technologiepolitik (Schubert<br />
1991), eignen sich besonders als<br />
weiterführender Untersuchungsgegenstand.<br />
In welchen entscheidungsrelevanten<br />
Bereichen der Gesellschaft<br />
lassen sich Netzwerkstrukturen<br />
finden und welche Bedeutung<br />
haben sie für die Dezentralisierung<br />
und Demokratisierung<br />
von Macht und Kompetenzen?<br />
Das Projekt zielt angesichts wachsender<br />
globaler Herausforderungen<br />
(internationale Arbeitsteilung,<br />
europäischer Binnenmarkt, Bevölkerungswachstum,<br />
Ozonloch und<br />
Treibhauseffekt etc.) auf die Identifikation<br />
neuer dezentralisierter<br />
EntScheidungsprozesse und ihr<br />
Verhältnis zu einer globalen Verantwortung<br />
und fragt somit nach<br />
sozialen Formen der Zukunftsgestaltung.<br />
Diese sehr abstrakt gehaltene<br />
Aussage wird im Projekt<br />
weiter operationalisiert. Am Institut<br />
für Arbeit und Technik des<br />
Wissenschaftszentrums NRW<br />
läuft beispielsweise seit kurzem<br />
ein Projekt, das sich mit regionalen<br />
Gestaltungsnetzwerken auf<br />
dem Feld der Struktur- und Technologiepolitik<br />
im Ruhrgebiet befaßt.<br />
Interessant könnte der Versuch<br />
sein, solche agierenden Ge<br />
staltungsnetzwerke teilnehmendzu<br />
beobachten und daraus Rückschlüsse<br />
für verallgemeinerbare<br />
Prinzipien Zugewinnen, die in den<br />
unterschiedlichen Arenen der Politik,<br />
der Wissenschaft und Technik,<br />
der Wirtschaft und der Kultur<br />
anwendbar sein könnten. Hinter<br />
diesem Gedanken einer aktiven<br />
Zukunftsgestaltung steht eine neues,<br />
modernes Politikmodell, wie<br />
es z. B. von Zöpel und Schuchardt<br />
(1988)beschrieben wurde, dasauf<br />
Partizipation und die Einrichtung<br />
neuer Aushandlungsprozesse setzt.<br />
Gerade Nordrhein-Westfalen hat<br />
in den letzten fünf Jahren vielfältige,<br />
auch experimentell angelegte<br />
Versuche einer Neuformulierung<br />
der Forschungs- und Technologiepolitik<br />
begonnen. Das Landesprogramm<br />
"Mensch und Technik<br />
- Sozialverträgliche Technikgestaltung"<br />
5<br />
und die jetzige "Zukunftsinitiative<br />
Nordrhein-Westfalen"<br />
sind Ausdruck solcher Versuche<br />
(vgl. Burmeister/Drüke/Väth<br />
1990).<br />
3. Ziele<br />
Der Begriff "Netzwerk" ist im<br />
besten Sinne "interdisziplinär"<br />
verortet. Ihn in seiner Differenziertheit<br />
aufzuzeigen sowie seine<br />
Herkunft und seine etymologischen<br />
Ursprünge exemplarisch<br />
nachzuvollziehen, bilden den Ausgangspunkt<br />
einer wissenschaftlich<br />
fundierten Herangehensweise.<br />
Nach den bisherigen Kenntnissen<br />
liegen zwar vor allem im angelsächischen<br />
Raum zahlreiche Veröffentlichungenvor,<br />
allein zum Teilt-