1 - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Klaus Seile<br />
FORSCHUNGSJOURNAL NSB 2/92<br />
Neue Institutionen für die Entwicklung<br />
städtischer Quartiere, oder:<br />
Warum entstehen intermediäre<br />
Organisationen?<br />
Wenn sich heute in den Quartieren nicht allein deutscher<br />
Städte etwas "von unten" regt, dann sind an<br />
dieser Bewegung nicht nur Selbsthilfegruppen und<br />
Bewohnerinitiativen beteiligt: Die Wohngruppenprojekte,<br />
sozio-kulturellen Initiativen, bewohnergetragenen<br />
Ansätze zur ökologischen Stadterneuerung<br />
und Projekte in vielen anderen Feldern entstehen und<br />
entwickeln sich vielfach unter tätiger Mithilfe neuer<br />
Institutionen. Diese - initiieren, beraten, entwickeln<br />
Projekte, vermitteln zwischen verschiedenen Akteuren<br />
oder entlasten Bewohner und haben in der Literatur<br />
viele Namen. Wir bezeichnen sie hier als "intermediäre<br />
Organisationen". In der Bundesrepublik sind<br />
solche Einrichtungen noch recht neu; sie entstanden<br />
überwiegend erst in den letzten zehn Jahren. Im<br />
Ausland hingegen sind die Erfahrungen mit ihrer<br />
Arbeit weitreichender. Das gilt für die USA und für<br />
Großbritannien, besonders aber auch für die Niederlande,<br />
in denen es ein vielfältiges Angebot an Dienstleistungen<br />
für Bewohnerinitiativen gibt. Um die Erfahrungen<br />
aus dem Ausland für die Weiterentwicklung<br />
der hiesigen Praxis nutzbar zu machen, haben<br />
wir in einem sechs Länder einbeziehenden Forschungsprojekt*<br />
Entstehung und Arbeit intermediärer<br />
Organisationen untersucht. Aus dem Spektrum<br />
der Fragen greife ich hier lediglich eine heraus:<br />
Warum entstehen diese neuen Institutionen? Auf<br />
welche Fragen sind sie Antwort?<br />
Zu Beginn skizziere ich an einigen Beispielen die<br />
Kooperation von Bewohnerinnen und Fachleuten<br />
aus intermediären Organisationen, um deutlicher zu<br />
machen, wovon eigentlich die Rede ist (Kap.l). Die<br />
Frage, warum die neuen Institutionen entstehen, ist<br />
allgemein so zu beantworten: Handlungsbedarf einerseits<br />
und Leistungsvermögen vorhandener Institutionen<br />
andererseits klaffen auseinander (Kap.2).<br />
Was das konkret heißen könnte, wird in den beiden<br />
zentralen Abschnitten ("Bedarf": Kap. 3, "Defizite":<br />
Kap. 4) diskutiert. An den Schluß stelle ich einige<br />
kurze Thesen zu den sich aus den widersprüchlichen<br />
Entstehungsbedingungen ergebenden Folgerungen.<br />
1. Die Infrastruktur<br />
des Engagements: Beispiele<br />
1. Fachleute eines Stadtteilbüros nutzen ihre vorhandenen<br />
Kontakte zu den Mietern eines Gründerzeit-<br />
Blocks, um sie auf ein neues Programm, mit dem<br />
Hofbegrünung gefördert werden kann, hinzuweisen.<br />
Gemeinsam mit den Mietern bereiten sie eine Mieterversammlung<br />
vor, helfen bei der weiteren Organisation<br />
und erörtern in mehreren abendlichen Runden<br />
mit den Bewohnern die ersten Schritte zur Neugestaltung<br />
und Begrünung der Höfe. Dabei proben sie<br />
in Rollenspielen gemeinsam, wie die Hauseigentümer<br />
am ehesten davon zu überzeugen sind, an der Umgestaltung<br />
der Höfe mitzuwirken. Während sich in den<br />
folgenden Wochen die Bewohnerinitiative daran<br />
macht, die Erfahrungen aus diesen Spielen in den<br />
Gesprächen mit Eigentümern zu nutzen, bemühen