Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen
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Gerhard Berz<br />
betroffene Menschen, ohne vom Menschen geschaffene Werte wird auch aus einem<br />
extremen Naturereignis keine Katastrophe. Eine Überschwemmung in der<br />
Sahara oder ein Erdbeben auf dem Mond stellen keine Katastrophen dar, wenn<br />
dabei nichts zerstört wird. Die Schwere einer Katastrophe ist unmittelbar proportional<br />
zur Verwundbarkeit der betroffenen Zivilisation; sie hängt, anders ausgedrückt,<br />
von deren Anpassungsfähigkeit und den Vorsorgemaßnahmen ab. Deshalb<br />
sind die Länder der Dritten Welt immer ganz besonders stark betroffen. Die Vereinten<br />
Nationen bezeichnen eine Naturkatastrophe als „groß“, wenn die Selbsthilfefähigkeit<br />
der betroffenen Regionen deutlich überstiegen wird, so dass überregionale<br />
oder internationale Hilfe erforderlich ist. Das ist meistens dann der Fall, wenn<br />
die Zahl der Todesopfer in die Tausende und die der Obdachlosen in die Hunderttausende<br />
gehen oder wenn substantielle wirtschaftliche Auswirkungen eintreten.<br />
Katastrophentrends und ihre Ursachen<br />
Die Münchener Rück verfolgt in ihrem Bereich „GeoRisikoForschung“ seit Jahrzehnten<br />
die Entwicklung der Katastrophenschäden. Sie registriert schon lange<br />
einen überaus besorgniserregenden Trend zu immer häufigeren und immer größeren<br />
Naturkatastrophen. In den letzten zehn Jahren sind doppelt so viele große<br />
Naturkatastrophen aufgetreten wie noch in den sechziger Jahren. Die volkswirtschaftlichen<br />
Schäden sind − inflationsbereinigt − auf das rund Sechsfache gestiegen, die<br />
versicherten Schäden sogar auf das Sechsundzwanzigfache (Tab.1, Münchener<br />
Rück, 2008). Eine Entwicklung, die man nicht anders als dramatisch bezeichnen<br />
kann und die für die Vereinten Nationen der Anlass war, seit 1990 ein internationales<br />
Vorsorgeprogramm für Naturkatastrophen zu betreiben.<br />
Die Ursachen sind größtenteils auf sozioökonomische Trends zurückzuführen:<br />
• Die unverminderte globale Bevölkerungszunahme ist der „Motor“ der<br />
Entwicklung: Bis Mitte des Jahrhunderts wird, wenn keine unvorhersehbaren<br />
Einschnitte passieren, die Weltbevölkerung um weitere 3 Mrd. Menschen<br />
auf über 9 Mrd. anwachsen.<br />
• Verstädterung und steigender Lebensstandard führen in den meisten Regionen<br />
der Welt dazu, dass sich immer mehr Menschen und materielle<br />
Werte auf engstem Raum konzentrieren, insbesondere in den großen Ballungsräumen,<br />
den sog. Megacities. Hier schlummern die größten Zeitbomben.<br />
Während es im Jahr 1950 auf der Welt etwa 80 Millionenstädte<br />
gab und davon die Mehrzahl in den Industrieländern lag, sind es heute über 400<br />
Millionenstädte, von denen rund 300 in der Dritten Welt liegen.<br />
• Viele dieser Großstädte liegen in stark exponierten Regionen, z.B. an den<br />
Küsten und ganz besonders am sog. „ring of fire“ um den Pazifik, wo sich<br />
der größte Teil der weltweiten Erdbeben- und Vulkantätigkeit abspielt.