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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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144<br />

1 Der Aufstieg der Botanik zur globalen Expertenkultur<br />

Alexander Engel<br />

Bereits im 16. Jahrhundert wurden in Europa Versuche unternommen, außereuropäische<br />

Nutzpflanzen in Europa heimisch zu machen. Dies zeigt sich <strong>zum</strong> Beispiel<br />

in einigen von Richard Hakluyt – dem geografischen Berater und Chronist der<br />

frühen englischen Expeditionen nach Asien – im Jahr 1582 verfassten Anweisungen<br />

bezüglich des Anil, also Indigo, an einen Engländer auf dem Weg nach Konstantinopel:<br />

„And in any wise, if Anile that coloureth blew be a naturall commodity<br />

of those parts, and if it be compounded of an herbe, to send the same into this<br />

realme by seed or by root in barrell of earth, with all the whole order of sowing,<br />

setting, planting, replanting, and with the compounding of the same, that it may<br />

become a naturall commodity in this realme as Woad is […]. To do the like with<br />

herbe and plant, or tree that in dying is of any excellent use, as to send the same by<br />

seed, berry, root, &c: for by such meanes Saffron was brought first into this<br />

realme, which hath sent many poore on worke, and brought great wealth into this<br />

realme. Thus may Sumack, the plant wherewith the most excellent blacks be died<br />

in Spaine, be brought out of Spaine, and out of the Ilands of the same, if it will<br />

grow in this more colde climat. For thus was Woad brought into this realme, and<br />

came to good perfection, to the great losse of the French our olde enemies.“ 2<br />

Zunächst scheiterten solche Verpflanzungsversuche außereuropäischer Gewächse<br />

jedoch an zu unpräzisen Informationen. So führte etwa die verbreitete und<br />

aus der Anschauung der Handelsform plausible Auffassung, dass Anil ein Mineral<br />

sei, zur Suche dieses „indianischen Steins“ in europäischen Bergwerken – wo<br />

nichts dergleichen zu finden war, denn Indigo ist ein Pflanzenextrakt. 3 Selbst wenn<br />

wie bei Hakluyt ein pflanzlicher Ursprung des Indigos vermutet wurde, fehlten<br />

genauere Informationen. So bat er den Färber Hubblethorne 1579 für dessen Reise<br />

nach Persien: „You shall finde Anile there […], and if you can get the herbe, you<br />

may send the same dry into England, for possibly it groweth here already.“ 4 Letzteres<br />

war aber offenkundig nicht der Fall. Die Zubereitung des Indigos vor dem<br />

Versand nach Europa erwies sich also als wirksamer – wenngleich nicht bewusst<br />

eingesetzter – Wissensfilter. Da nur das fertige Produkt, nicht aber das rohe<br />

Pflanzenmaterial verkauft wurde, blieb den Europäern vorerst das Wissen um die<br />

Existenz der Indigopflanze, ihr Aussehen und damit erst recht der Zugriff auf sie<br />

vorenthalten. Nach ähnlichem Muster konnten die spanischen Kolonialherren die<br />

2 Remembrances for master S. to give him the better occasion to informe himselfe of some things in<br />

England, and after of some other things in Turkie, to the great profite of the Common weale of this<br />

Countrey. Written by the foresayd master Richard Hakluyt, for a principall English Factor at Constantinople<br />

1582, in: Hakluyt (1886), Bd. 5.<br />

3 Noch 1704 gewährte Friedrich I. den Indigoabbau in neuen Bergwerken: Sr. Königl. Maj. in Preussen<br />

Und Churfl. Durchl. zu Brandenburg, Allergnädigstes Privilegium Betreffendt die neu angelegten<br />

Berg-Wercke, im Fürstenthum Halberstadt und Graffschafft Reinstein. Von 23. Dec. Anno 1704.<br />

Vgl. auch Vetterli (1950), S. 3418.<br />

4 Certaine directions giuen by M. Richard Hackluit of the Middle Temple, to M. Morgan Hubblethorne,<br />

Dier, sent into Persia, 1579, in: Hakluyt (1886), Bd. 4.

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