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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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Ökonomische Botanik<br />

gründlich prüfen ließ. Das Komitee beurteilte die Aussichten des Unterfangens<br />

positiv und empfahl dem Court of Directors, unter größter Geheimhaltung zu versuchen,<br />

lebende Cochenille-Insekten aus Amerika herauszuschmuggeln und unter<br />

Leitung von James Anderson an der Koromandelküste zu kultivieren.<br />

n hatte.<br />

46 Der Court<br />

of Directors stimmte diesem Vorschlag zu. 47 Umgehend wurde in Madras eine Nopalerie<br />

– also ein Kakteengarten – angelegt. Man bestückte ihn sowohl mit indischen<br />

Kakteen als auch mit amerikanischen Opuntia, die Joseph Banks aus Kew<br />

Gardens schicken ließ. Anderson erhielt die gesamte vorhandene Fachliteratur<br />

zugesandt, insbesondere das frisch erschienene Werk Thiéry de Menonvilles. Was<br />

nun noch fehlte war das Insekt selbst, das anders als seine Wirtpflanze noch nicht<br />

den Weg nach Kew oder in andere Botanische Gärten gefunde<br />

Banks Empfehlung an die EIC war das Schreiben eines Marineoffiziers beigelegt,<br />

der nach eigenen Angaben lebende Insekten aus Brasilien herausgebracht<br />

hatte, die er nach Australien mitnehmen wollte. Das Committee of Warehouses empfahl<br />

daher in seinem Abschlussbericht, allen britischen Marinekapitänen verschlossene<br />

Anweisungen mitzugeben, die im Fall einer Anlandung in Brasilien zu öffnen<br />

waren. Darin wurde die Mitnahme von lebenden Läusen auf Kakteen befohlen<br />

und Pflegeanweisungen für den Transport auf See mitgeliefert. Einer dieser Umschläge<br />

landete in Madras/Fort St. George, wo Anderson ihn nach schriftlicher<br />

Absprache mit seinem Vorgesetzten öffnen ließ48 und so in Kenntnis der geheimen<br />

Planungen kam, die ihn zutiefst aufbrachten. Ihm war unverständlich, warum<br />

die Beschaffung des Insekts nicht gezielter vorgenommen, sondern zufälligen<br />

Schiffsbewegungen der britischen Marine unterworfen wurde. 49<br />

Weiterhin wies er, der mit Thiéry de Menonvilles Erkenntnissen vertraut war,<br />

völlig zu Recht darauf hin, dass es zwei Cochenillesorten am Markt gab, hinter<br />

denen zwei Arten des Cochenilleinsekts standen. 50 Die inzwischen bis nach Brasilien<br />

ausgebreitete wilde Cochenille bildete die Grundlage für die mäßige Sorte Grana<br />

silvestre, während allein die immer noch auf Oaxaca beschränkte kultivierte Cochenille<br />

die dreimal so wertvolle Qualität Grana fina lieferte. Hinter dem Versteifen<br />

der Konzernzentrale auf die brasilianische Cochenille ist der Einfluss von Edward<br />

Bancroft zu vermuten, der nach eigener Aussage diese Spezies eigenhändig getestet<br />

hatte und sie dennoch fälschlicherweise als die ergiebigste bezeichnete. 51<br />

46 Der Abschlussbericht des Committee of Warehouses wurde in den India Office Records nicht überliefert,<br />

ist aber in Kopie an Anderson weitergeleitet worden: Thomas Morton, East India House London, an<br />

Charles Nicholas White, Secretary to the Governor and Council of Fort St. George, 10.04.1788,<br />

weitergeleitet an Anderson 23.08.1788, abgedruckt in: Anderson (1789).<br />

47 IOR B/106, S. 1150-1159, Sitzungsprotokoll des Court of Directors, 21.03.1788, hier: S. 1154.<br />

48 James Anderson an Major General Sir Archibald Campbell, Governor in Council, beide Madras/Fort<br />

St. George, 10.10.1788, in: Anderson (1789).<br />

49 James Anderson an Archibald Campbell, beide Madras/Fort St. George, 23.10.1788, in: Anderson<br />

(1789).<br />

50 James Anderson an Archibald Campbell, beide Madras/Fort St. George, 13.07.1789, in: Anderson<br />

(1789).<br />

51 Bancroft (1794), Bd. 1, S. 261.<br />

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