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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp<br />

sie sich von pragmatischer Relevanz entfernen, ihre autonomen Spielregeln entwickelt,<br />

denen zufolge nur solche Fragen als beantwortenswert gelten, die im Inneren<br />

des jeweiligen Fachs entstanden sind. Da es in den unterschiedlichen Forschungsgemeinschaften<br />

recht verschiedene Vorverständnisse davon gibt, was überhaupt<br />

untersuchenswert ist und welche Ergebnisse den jeweiligen Regeln entsprechen,<br />

stehen Kommunikationsprozessen fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen.<br />

Angesichts dieser Lage […] scheint es wenig wahrscheinlich, dass sich eine interdisziplinäre<br />

historische Umweltforschung in absehbarer Zeit etablieren kann.“ (Ebd.)<br />

Anders als von Troitzsch gefordert und für eine zukünftige Umweltgeschichtsschreibung<br />

als methodisch konstitutiv und unverzichtbar erachtet, wird sich diese<br />

in Deutschland allerdings nicht interdisziplinär entwickeln, sondern vielmehr multidisziplinär<br />

ausformen. Dies belegen zahlreiche Monographien unterschiedlichster<br />

disziplinärer Couleur, die in den darauf folgenden Dekaden vorgelegt wurden und<br />

besonders auch die in der Umweltgeschichtsschreibung nach wie vor so weit verbreiteten<br />

Sammelbände 5, die ja gerade Ausdruck dessen sind, dass hier vorwiegend<br />

multidisziplinär und weniger interdisziplinär gearbeitet wird und die damit die methodisch<br />

bedingte Begrenztheit dieses Ansatzes sowie die Folgen die dies hat, augenfällig<br />

werden lassen. Günter Bayerl und Ulrich Troitzsch ist mithin nach wie<br />

vor, d.h. auch heute noch zuzustimmen, was sie als Defizit der Umweltgeschichtsschreibung<br />

bereits 1998 konstatierten: „Noch der gegenwärtige Stand der Umweltgeschichte<br />

in Deutschland ist dadurch gekennzeichnet, dass eine ‚Umweltgeschichte‘ im<br />

eigentlichen Sinne, also als Fachdisziplin, nicht existiert. Es gibt umwelthistorische<br />

Arbeiten und Historiker, die sich mit umweltgeschichtlichen Themen beschäftigen,<br />

aber nicht das Fach als solches. […] Vielmehr mangelt es noch an dem Meisten,<br />

was eine wissenschaftliche Disziplin ausmacht: An einem verbindlichen inhaltlichen<br />

Kanon und an einem Methodenkanon. […] Und gerade diese vielen spezifischen<br />

Zugänge zur ‚Umwelt‘ und dem ‚Mensch-Natur-Verhältnis‘ prägen […] das<br />

disparate Bild der heutigen Umweltforschung. Es ist nicht die Interdisziplinarität, sonder<br />

die Multidisziplinarität der Umweltforschung, die auch die Integration einer Disziplin ‚Umweltgeschichte‘<br />

bislang verhindert […].“ (Bayerl/Troitzsch 1998: 12f), [Hervorhebungen<br />

durch d. Verf.]<br />

Erst mit der Gründung des <strong>Göttinger</strong> Graduiertenkollegs im Jahre 2004 unter<br />

der programmatischen Denomination „Interdisziplinäre Umweltgeschichte. Naturale<br />

Umwelt und gesellschaftliches Handeln in Mitteleuropa“ wird dann jener Weg<br />

beschritten, den Troitzsch bereits fast ein viertel Jahrhundert zuvor angemahnt<br />

hatte, um „auf diese Weise […] die methodische und die wissenschaftstheoretische<br />

5 Unter zahlreiche: Engelbert Schramm (Hrsg.), Ökologie-Lesebuch, Ffm 1984; Bernd Herrmann<br />

(Hrsg.), Mensch und Umwelt im Mittelalter, Stuttgart 1986; Rolf Peter Sieferle (Hrsg.), Fortschritte<br />

der Naturzerstörung, Ffm 1988; Jörg Calließ et al (Hrsg.), Mensch und Umwelt in der Geschichte,<br />

Göttingen, Zürich 1989; F.-J. Brüggemeier, M. Toyka (Hrsg.), Industrie-Natur. Lesebuch zur Geschichte<br />

der Umwelt im 19. Jh., Ffm 1995; Christian Pfister, Das 1950er Syndrom. Der Weg in die<br />

Konsumgesellschaft, Bern, Stuttgart 1995; Joachim Radkau, Frank Uekötter (Hrsg.), Naturschutz und<br />

Nationalsozialismus, Ffm 2003; Franz-Josef Brügemeier, Jens Ivo Engels (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz<br />

nach 1945. Konzepte, Konflikte, Kompetenzen, Ffm, New York 2005.

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