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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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194<br />

Eva Schumann<br />

zoglichen Räte ausgewiesen ist, vielmehr wird gerade im zweiten Fall auch die<br />

Nachlässigkeit der Mutter des Kindes besonders hervorgehoben, so dass der für<br />

die öffentliche Hinrichtung angegebene Zweck, sie solle „anderen <strong>zum</strong> abschewlichen<br />

exempel“ dienen,<br />

n<br />

47 möglicherweise anderen Eltern vor Augen führen sollte, welche<br />

Folgen die Vernachlässigung ihrer Fürsorge- und Aufsichtspflicht habe<br />

kann. 48<br />

den leib zu thuen, auch Endtlich […]. Der Schluss des Aktenstücks ist nach Angabe Wehrhans unleserlich.<br />

47 Wehrhan, Tierprozess, S. 70: Diweil dan sollich factum fast erschrecklich und straflich: so als ist an statt unsers<br />

gnedigen fursten und herren hertzogen zu Gülich, Cleve und Berg etc. unsere meinung und bevelch, das ir das vercken<br />

durch den nachrichter hinrichten und folgents auf ein rhatt in die hohe zue gedechtnis und anderen <strong>zum</strong> abschewlichen<br />

exempel hinsetzen lasset. Was aber die Mutter des entleibten kindz anlangt, soll dieselbe von wegen irer nachliessigkeit<br />

bei der predig und ambt der heiligen messe an einem Sontag zur offentlicher buess gehalten und dargestalt werden, und<br />

damit ferner straf darnacher enthoben sein und bleiben.<br />

48 Vgl. auch v. Amira, MIÖG 12 (1891), S. 554 f. („die Eigenthümer von Thieren sollen zur Wachsamkeit<br />

angetrieben werden“); Fischer, Tierstrafen, S. 128 mit Hinweis auf generalpräventive Wirkungen<br />

auf Menschen. Weitere Interpretationsmöglichkeiten sind in Betracht zu ziehen, beispielsweise<br />

ein Prozess gegen den Tierhalter, der sich sowohl nach mittelalterlichem Recht als auch nach<br />

rezipiertem römischen Recht (Inst. 4, 9, 1 mit Verweis auf das Zwölftafelgesetz) von der Haftung für<br />

sein Tier befreien konnte, wenn er dieses dem Geschädigten auslieferte, wobei der Geschädigte mit<br />

dem Tier verfahren konnte, wie er wollte (zur römisch-rechtlichen actio de pauperie und zur Noxalhaftung<br />

sowie zur mittelalterlichen Tierhalterhaftung und Preisgabe des Tieres zugunsten des Verletzten<br />

vgl. Behrens, O., Die Haftung für Tierschäden in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Diss. iur. Göttingen 1906;<br />

Hoffmann, H., Die Haftung für ausserkontraktliche Schadenszufügungen durch Tiere nach Hamburger Recht, in:<br />

Gierke, O. (Hrsg.), Untersuchungen zur Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, Heft 51, Breslau<br />

1896, S. 21 ff., 25 ff.; Brunner, H., Ueber absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrechte, in: ders., Forschungen<br />

zur Geschichte des deutschen und französischen Rechtes, Gesammelte Aufsätze, Stuttgart<br />

1894, S. 487 ff.; Sellert, Tier, S. 71 ff.; Gergen, Natur und Recht 29 (2007), S. 465). Die öffentlich<br />

vollzogene Tötung des Tieres könnte daher auch eine frühneuzeitliche Fortentwicklung der mittelalterlichen<br />

Preisgabe des Tieres sein (so lassen sich die Hinweise bei Brunner, S. 517 f. deuten). Auch v.<br />

Amira, S. 550 weist darauf hin, dass „ein Rechtsstreit, worin das Thier als Partei behandelt wurde,<br />

[…] nirgends vorzukommen“ scheint; „Beklagter ist, wofern es überhaupt zu einen Process kommt,<br />

der Eigenthümer des Thieres“ (vgl. weiter S. 587 ff.). Dazu auch Laufs, Tier, S. 121 f. Obwohl Art.<br />

136 CCC eine Auslieferung des Tieres nicht mehr vorsah und der Tierhalter bestraft wurde, wenn<br />

ihm der Schaden, den sein Tier angerichtet hatte, zugerechnet werden konnte (vgl. auch Art. 150<br />

CCC), hielt sich vereinzelt die Regelung zur Befreiung von der Haftung durch Preisgabe des Tieres<br />

wie das folgende Zitat aus dem Ende des 16. Jahrhunderts belegt (es handelt sich hier um das Praktikerhandbuch<br />

von Sawr, A., Straffbuch, Frankfurt a. M. 1590, fol. 117 mit Hinweis auf die Wormser<br />

Reformation von 1499, IV, 1, 21): So Thiere jemandt Schaden theten: So einer ein Thier hett oder mehr/das<br />

einem andern schaden thete/So ist der Herr deß Thiers schuldig/deß schadens dem jenigen/so solcher schad geschehen<br />

were/zu bekehren/oder ime das Thier vor seinem schaden zu geben/das es gethan hett. So noch immer Mitte des<br />

18. Jahrhunderts Meckbach, Anmerkungen, S. 264 f. zu Art. 136 CCC (dazu auch Gerick, Recht, S.<br />

44 f.). Einen möglichen Zusammenhang zwischen Preisgabe des Tieres und öffentlicher Tötung lehnt<br />

Dinzelbacher, Mittelalter, S. 134 ohne Begründung ab. Zu Art. 136, 150 CCC und zur frühneuzeitlichen<br />

Rechtspraxis vgl. Steppan, Tier, S. 157 f.

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