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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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158<br />

Alexander Engel<br />

die Botanik „als eine in sich selbst begründete, von den Belangen der Medizin und<br />

Ökonomie befreite interessenlose Disziplin zu etablieren.“ 61<br />

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als es im Zuge des Hochimperialismus<br />

galt, die natürlichen Ressourcen des eigenen Kolonialreiches zu mobilisieren, erhielt<br />

die ökonomische Naturkunde wieder Auftrieb. 62 Dies spiegelt sich auch im<br />

Schicksal der Royal Botanical Gardens wieder: Mit dem Tod von Sir Joseph Banks<br />

1820 begannen zwei Dekaden der Stagnation, ehe die Gärten 1841 in staatliche<br />

Hand wechselten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. 63 Als 1885<br />

der vormalige Leiter der kolonialen Aktivitäten der Gardens an ihre Spitze wechselte,<br />

wurde eine Rückbesinnung Kews auf eine ökonomische Botanik im Dienst<br />

des Empire sichtbar. 64 Im Mittelpunkt der Aktivität standen amerikanische Pflanzen<br />

wie der Chinarinden- und der Kautschukbaum, deren Kultivierung in Asien dem<br />

Empire die Eigenversorgung mit Gummi beziehungsweise dem Malariamedikament<br />

Chinin sicherte.<br />

Die Botanik war dabei jedoch nur ein Baustein in einem interdisziplinären Unterfangen.<br />

So diente das 1887 gegründete Imperial Institute explizit der Intensivierung und<br />

Integration botanischer, chemischer und agrarwissenschaftlicher Forschung zur<br />

ökonomischen Entfaltung des britischen Kolonialreiches. 65 In den Jahren nach<br />

1900 häuften sich vor allem aus Afrika die Zusendungen von Blättern, Früchten<br />

und Samen durch Kolonialbeamte und Niederlassungen britischer Firmen, die vor<br />

Ort die Verwendung bestimmter Pflanzenteile durch die indigene Bevölkerungbeobachtet<br />

hatten und nun ihr kommerzielles Potential für den europäischen Markt<br />

prüfen lassen wollten. 66 Im Imperial Institute bestimmte man daraufhin zunächst –<br />

häufig unter Mithilfe der Royal Botanical Gardens in Kew – die Gattung der Pflanze,<br />

unterzog die Pflanzenteile dann einer chemischen Analyse und unternahm abschließend<br />

eine warenkundliche Einschätzung ihrer kommerziellen Eignung. Neben<br />

zwei gerbstoffreichen Gewächsen 67 konzentrierten sich die Bemühungen im<br />

Bereich der Farbstoffe auf Pflanzen Nigerias und Sierra Leones, die Indigo lieferten.<br />

68 Jede einzelne der Untersuchungen endete jedoch mit der Feststellung, die<br />

jeweiligen Produkte seien „unsuitable for export to Europe“.<br />

Die ökonomische Botanik stellte eben auch in ihrer höchstentwickelten Form<br />

nur eine die Natur verwaltende Praktik dar und keine kreative Verfahrensweise wie<br />

61 Polianski (2004), S. 126.<br />

62 Vgl. hierzu auch Luxbacher (2001).<br />

63 Brockway (1979), S. 78f.<br />

64 Brockway (1979), S. 100-102.<br />

65 Worboys (1990).<br />

66 National Archives of the United Kingdom, AY 4, Ministry of Overseas Development and Predecessors,<br />

Tropical Products Institute and Predecessors: Registered Files.<br />

67 National Archives, AY 4, File 2050: Somaliland. Sample of Wata Leaf for Examination and Report,<br />

1904-1906; File 2051: Sierra Leone. Baobab Leaves for Examination and Report, 1905.<br />

68 National Archives, AY 4, File 2052: Indigo, Southern Nigeria. Valuation for Commercial Purposes,<br />

1907-1909; File 2055: Sierra Leone. Experiments and Reports on Dyeing Property of Gara Plants,<br />

1905-1915.

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