Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen
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Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp<br />
die Frage beinhaltet, warum sich die Umweltgeschichte bis heute nicht wirklich zu<br />
einer eigenständigen historischen Subdisziplin hat entwickeln können. Auch wenn<br />
Arne Andersen in den Blättern für Technikgeschichte bereits im Jahre 1995 in<br />
einigen programmatischen Anmerkungen „Zum Verhältnis von Technikgeschichte<br />
und Umweltgeschichte“ (Andersen 1995/96:161-168) die Notwendigkeit zur Beschreibung<br />
beider Subdisziplinen eingefordert hatte, und deren gemeinsame Aufgabe<br />
darin sah, „Bewertungsmaßstäbe für die gesellschaftlich […] produzierten<br />
Naturveränderungen zu entwickeln“ (Andersen 1995/96: 165), so erschloss er<br />
dessen ungeachtet dennoch nicht das spezifische Verhältnis, in dem Technik- und<br />
Umweltgeschichtsschreibung zueinander standen. Im Gegenteil, er sieht die<br />
Schnittstelle zwischen beiden im „Abschied vom reinen Fortschrittsdenken…und<br />
einer Untersuchung von Technikfolgen.“ (Ebd.) „Genau an dieser Schnittstelle<br />
liegen für mich heute die Berührungspunkte von Technik- und Umweltgeschichte.<br />
Die Verbindung beider birgt eine große Chance für die gesamte Geschichtswissenschaft,<br />
die sich weder sie noch die meisten Technik- und Umwelthistoriker bisher<br />
klargemacht haben. Während die Technikhistorie noch immer in großen Teilen<br />
dem Fortschrittsparadigma anhängt, ergeht sich die Umweltgesichte in gleicher<br />
Weise einem ‚Niedergangs-Paradigma‘, in der sich die Weltgesichte als die einer<br />
fortschreitenden Naturzerstörung darstellt.“ (Ebd.) Und Andersen folgert: „Beide<br />
Sichtweisen werden einer sich der gesellschaftlichen Verantwortung bewussten<br />
Geschichtswissenschaft nicht gerecht. Stattdessen könnte eine der Aufgaben ihrer<br />
Verknüpfung darin bestehen, Bewertungsmaßstäbe für die gesellschaftlich – direkt<br />
und indirekt – produzierten Naturveränderungen zu entwickeln.“ (Ebd.) Aber<br />
genau diese Verknüpfung zwischen Technik- und Umwelthistoriographie, und<br />
zwar unabhängig von möglichen gemeinsamen Erkenntnisinteressen, blieb aus.<br />
Übertragen auf die Technikgeschichte liegt mithin im weiteren Sinne die Frage<br />
nahe, wie und warum sie den Gegenstandsbereich der Umweltgeschichtsschreibung<br />
aus den Augen verlor. Und in Erweiterung dieses Gesichtspunktes ließe sich<br />
an eines der zentralen Ergebnisse des <strong>Göttinger</strong> Umweltkolloquiums von 2008<br />
anknüpfen, der Feststellung nämlich, dass trotz aller inzwischen erbrachten Leistungen<br />
„[…] von einer Etablierung der Umweltgeschichte als wissenschaftlicher<br />
Disziplin in Deutschland noch nicht die Rede sein [kann].“ 3 In welchem Zusammenhang<br />
dies mit der Technikhistoriographie und ihrem ursprünglichen Interesse<br />
am Forschungsfeld Umweltgeschichte stehen könnte, soll Gegenstand der nachfolgenden<br />
Überlegungen sein. Dabei werde ich wie folgt vorgehen:<br />
1. Zunächst ist zu behandeln bzw. aufzuzeigen, worauf die enge Affinität beruhte,<br />
die das Verhältnis der Technikgeschichte zur Umweltgeschichte in<br />
deren bundesrepublikanischen Konstituierungsphase am Ende der 1970er<br />
bzw. in den frühen 1980er Jahren prägte;<br />
3 http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2249, Zugriff: 01.02.2009.