Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen
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Naturkatastrophen sind Kulturkatastrophen<br />
Aber auch in Deutschland werden nach wie vor Siedlungs- und Gewerbegebiete<br />
z.B. in bekannten Überschwemmungszonen zugelassen.<br />
• Moderne Gesellschaften und Technologien sind anfälliger geworden. Das<br />
hat das Erdbeben von Kobe 1995 deutlich gemacht. Dabei gilt Japan als<br />
eines der am besten auf Erdbeben und andere Katastrophen vorbereiteten<br />
Länder der Welt. Trotzdem blieb die Bevölkerung vor Ort tagelang ohne<br />
Wasser, Strom, Gas, Telefon und Verkehr; die Menschen waren ganz auf<br />
sich selbst und die Hilfe der Nachbarn zurückgeworfen, mussten bei winterlichen<br />
Temperaturen im Freien campieren und Trinkwasser aus Regenpfützen<br />
löffeln. Ein psychischer Schock für das ganze Land, verbunden<br />
mit der bangen Frage, was denn passieren würde, wenn sich ein Erdbeben<br />
wie 1923 im zehnmal größeren Tokio heute wiederholen würde.<br />
• Steigende Versicherungsdichte ist der Grund dafür, dass die versicherten<br />
Schäden rund viermal so schnell wie die volkswirtschaftlichen Schäden gestiegen<br />
sind.<br />
• Und schließlich kommt man nicht an den Folgen der globalen Umweltveränderungen<br />
vorbei. Überall auf der Erde hinterlässt die Menschheit<br />
immer größere Spuren. Ob es die Überfischung der Meere, die Übernutzung<br />
der Wasserreserven, die Zerstörung der Böden oder die Verringerung<br />
der Artenvielfalt ist – wo man auch hinsieht, verändert und zerstört<br />
die Menschheit zunehmend die Umwelt. Das Thema „menschgemachter<br />
Klimawandel“ wird noch gesondert angesprochen, weil es sich wirklich<br />
global und ganz besonders auf die Wetterkatastrophen auswirkt.<br />
Schadenpotenziale<br />
Bei all den genannten Änderungsfaktoren ist es nicht verwunderlich, dass das mögliche<br />
Schadenausmaß verschiedener Katastrophenszenarien, die in der Regel auf<br />
der Grundlage historischer Ereignisse abgeleitet und simuliert werden, heute Größenordnungen<br />
angenommen hat, die alle bisherigen Erfahrungen in den Schatten<br />
stellen − auch in Deutschland (Tab.2). Ihr Eintritt ist nicht eine Frage des „ob“,<br />
sondern nur des „wann“.<br />
Die Zahlen sprechen für sich: Es handelt sich um Größenordnungen, die von der<br />
weltweiten Versicherungswirtschaft nur noch schwer zu verkraften sind. Das ist<br />
auch das Ergebnis einer Untersuchung, die die deutsche Versicherungswirtschaft<br />
im Diskurs mit Finanz- und Innenministerium durchgeführt hat. Die Bundesregierung<br />
hatte nämlich nach der Überschwemmungskatastrophe 2002 an der Elbe ihre<br />
Absicht verkündet, in Deutschland eine flächendeckende Elementargefahren-<br />
Pflichtversicherung einzuführen. Als die Versicherer die Schadenpotenziale verschiedener<br />
realistischer Szenarien ermittelten, stellten sie fest, dass auch unter Zuhilfenahme<br />
finanzieller Kapazitäten auf dem Weltmarkt kaum 10 Milliarden Euro<br />
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