Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen
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228<br />
5 Zusammenfassende Schlussbetrachtung 7<br />
Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp<br />
Die Ergebnisse meiner Überlegungen möchte ich wie folgt zusammenfassen und<br />
zur Diskussion stellen:<br />
Nach fulminantem Auftakt im Jahre 1981 und bester methodologischer Voraussetzung<br />
hat es die Disziplin Technikgeschichte versäumt, schon bis Mitte der<br />
1980er Jahre die Initiative zu ergreifen, einen Forschungsschwerpunkt „Interdisziplinäre<br />
Umweltgeschichte“ zu begründen, um so jenen Kristallisationspunkt zu<br />
bilden, der <strong>zum</strong> einen einer deutlichen Institutionalisierung, aber auch der methodischen<br />
Ausrichtung der zukünftigen Umweltgeschichte den Weg hätte ebnen<br />
können;<br />
Die Technikgeschichte war methodologisch in möglicherweise einzigartiger<br />
Weise darauf vorbereitet, ihr Erkenntnisinteresse interdisziplinär anzulegen und zu<br />
arbeiten. Sie hatte selbst den schwierigen und dornenreichen Weg der Selbstfindung von<br />
einer internalistischen hin zu einer externalistischen Geschichtsbetrachtung hinter<br />
sich, einen Weg mithin, der nach jahrzehntelanger fachinterner Diskussion zu<br />
Beginn der 1980er Jahre letztlich sowohl zu einem erkenntnistheoretisch instrumentalisierbaren<br />
Technikbegriff geführt hatte, als auch die Technikgeschichte als<br />
„moderne“ Technikgeschichte begründete. Dies bedeutete zwangsläufig eine interdisziplinäre<br />
Ausrichtung des Faches. Selbst von fachexterner Seite wurde der<br />
Technikgeschichte hierzu attestiert: „Es ist also festzustellen, dass sich im Laufe<br />
von Jahrzehnten die alte, artefaktorientierte Technikgeschichte in eine moderne,<br />
stärker kultur-, wirtschafts- und sozialgeschichtlich ausgerichtete Technikforschung<br />
weiterentwickelt hatte. Diese Neupositionierung war schließlich die<br />
Voraussetzung, dass aus der Riege der Technikhistoriker nun bedeutende Impulse zur<br />
Diskussion umweltgeschichtlicher Zusammenhänge kommen konnte.“ (Braun 2005:<br />
382)<br />
Die Technikgeschichte hat es versäumt, nach ihrer initialzündenden Funktion<br />
das eröffnete Forschungsfeld der Umweltgeschichte selbst maßgeblich weiter zu<br />
verfolgen und damit auch den Selbstfindungsprozess einer Umwelthistoriographie<br />
<strong>zum</strong>indest nicht befördert. Hierüber mag auch nur wenig hinwegzutäuschen, dass<br />
es die Technikgeschichte neben der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte war, deren<br />
Initiativfunktion für das genannte Forschungsfeld retrospektiv immer wieder<br />
wohlwollend hervorgehoben wird.<br />
Letztendlich war es erst die <strong>Göttinger</strong> Initiative zur Etablierung einer „Interdisziplinären<br />
Umweltgeschichte“ um Bernd Herrmann, die im Jahre 2004 das zu<br />
realisieren anstrebte, was in den technikhistorischen Konzeptionen der 1980er<br />
Jahre angestrebt war.<br />
Dies bedeutet m.E., dass es die Technikgeschichte versäumt hat, vor einem<br />
viertel Jahrhundert gerade jenes Zeitfenster zu nutzen, welches es erlaubt hätte, in<br />
Deutschland eine z.B. DFG-geförderte interdisziplinäre Umwelthistoriographie zu<br />
7 Ich danke an dieser Stelle den Diskutanten des Arbeitskreises Umweltgeschichte und des Graduierten<br />
Kollegs Interdisziplinäre Umweltgeschichte für ihre wertvollen <strong>Beiträge</strong> und Anregungen.