Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen
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Die Betrachtung der Natur im Babur-name<br />
In Baburs Zeit liefert die Natur noch direkt fast sämtliche Rohstoffe, die in meist<br />
wenigen Arbeitsgängen <strong>zum</strong> konsumierbaren Endprodukt verarbeitet werden –<br />
sowohl für die Ernährung als auch für materielle Ausstattungen aller Art, die von<br />
Handwerkern hergestellt werden. Aus dem Pflanzenreich trägt hier die Rote Weide<br />
in Ferghana <strong>zum</strong> Wirtschaftsaufkommen als Rohstoff für Stöcke, Peitschenstecken,<br />
Vogelbauer und Pfeile bei; wegen seiner Seltenheit wird ihr Holz auch exportiert<br />
(5a-b; 91f.). Umgekehrt ist die Kokosnuss samt ihrer Palme in Indien eher ein<br />
Massenprodukt, das außer zu Ernährungszwecken auch Rohstoff für verschiedensten<br />
Produkte des täglichen Bedarfs ist (aus der Nuss: dunkle Löffel, Kästchen;<br />
Kokosfaser: Stricke und Taue (für Schiffe)) (285b; 712f.). Manche Rohstoffe werden<br />
noch vor Ort verarbeitet und als Fertigprodukt ausgeführt. In Osch (Ferghana)<br />
wird ein „rot und weiß geflammter Stein“ verarbeitet, um „Messerhefte, Gürtelschließen<br />
und dergleichen Gegenstände“ herzustellen (3a; 87).<br />
Schließlich wirken sich natürliche Gegebenheiten auch auf den distributiven<br />
Wirtschaftssektor aus: eine verkehrsgünstige Lage kann zur Entstehung eines Handelszentrums<br />
führen, wie dies bei Kabul der Fall ist, wo von Zentralasien Pferde,<br />
von Indien Sklaven, Baumwollstoffe, Kandiszucker, Zuckerrafinade, Heilkräuter<br />
und Gewürze (129a; 347f.) gehandelt werden.<br />
Als Kind Westturkestans ist Babur sich bestens der Bedeutung von Wasser<br />
und Wasserbauanlagen bewusst. Entsprechend häufig sind auch Bemerkungen zu<br />
Gewässern und Bewässerungsanlagen im Text, gerade in den Milieubeschreibungen,<br />
aber auch immer wieder in die historische Erzählung eingestreut. So beschreibt<br />
Babur etwa die Dämme von Ghazna (138b-139a; 369), bewundert die<br />
Wasserräder in der Nähe des Jehlam-Flusses in Afghanistan 9 (228b-229a; 593)<br />
oder berichtet über die improvisierte Badeanstalt der Bewohner des Dorfs Kandgah<br />
in Afghanistan (249b; 641); in der indischen Passage ist verschiedenen Bewässerungsmethoden<br />
sogar ein ganzer detaillierter Abschnitt gewidmet (273b-274a;<br />
688ff.). Babur hat auch selbst zahlreiche Wasserbaumaßnahmen ergriffen, die<br />
zwangsläufig auch bei der recht häufigen Errichtung von Gärten anfallen. 10 In<br />
einem Brief nach Kabul regt er die Renovierung von Dämmen und der Bewässerungsanlagen<br />
von Gärten an (360a; 853f.). Hier wie an vielen anderen Stellen wird<br />
die Wasserstärke eines Gewässers (oder einer Quelle) in „Mühlen“ gemessen. Auch<br />
das Wassergraben in ausgetrockneten Flussbetten der nordindischen Berge ist ihm<br />
eine Beschreibung wert (149a; 390).<br />
Militärischer Nutzen ist oftmals nur eine spezielle Form ökonomischen Nutzens,<br />
wie das Beispiel der Elefanten-Beschreibung als Arbeits- und Transportmittel<br />
einerseits, als Gefechtseinheit und Kanonenwagenzugtier andererseits zeigt (275a;<br />
690); der ernormen Arbeitsleistung stehen aber hohe Betriebskosten (frisst soviel<br />
wie zwei Kamel-Karawanen) gegenüber. Pferdefutter ist ein weiterer wichtiger<br />
9 Wobei er sich die Funktionsweise erklären und vorführen lässt.<br />
10 Siehe dazu etwa die detaillierte Beschreibung eines Gartenbauprojekts bei Dulpur (339a-b; 817), die<br />
Passage über Brunnenanlagen in Indien (300a-301a; 738ff.) oder die Inspektion eines Bauvorhabens<br />
(344a; 825).<br />
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