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Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium ... - Oapen

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Tiere sind keine Sachen<br />

eten. 19<br />

buch für Rechtspraktiker aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, den Vollzug der<br />

Strafe und wies auch darauf hin, dass es sich bei dieser Strafe nicht um Reichsrecht,<br />

sondern um einen Gerichtsbrauch handle, der eingesetzt werde, um den<br />

Verurteilten durch die Qualen dazu zu bewegen, <strong>zum</strong> Christentum überzutr<br />

Weiterhin ist das Mitertränken von Tieren beim Vollzug der aus dem römischen<br />

Recht stammenden und für den Verwandtenmord vorgesehenen Todesstrafe des<br />

„Säckens“ (poena culei) zu nennen, die in den Institutionen folgendermaßen beschrieben<br />

wird (Inst. 4, 18, 6): Der Täter „wird zusammen mit einem Hund, einem<br />

Hahn, einer Schlange und einem Affen in einen ledernen Sack eingenäht und dann<br />

in dieser todbringenden Enge je nach Beschaffenheit der Gegend entweder in das<br />

nahe Meer oder in einen Fluss geworfen, so dass er noch bei lebendigem Leib jede<br />

Verbindung zu den Elementen verliert und dem Lebenden der Himmel, dem Toten<br />

die Erde genommen wird“. 20<br />

Mit der Rezeption des römischen Rechts erlebte die Strafe des „Säckens“ seit dem<br />

Spätmittelalter in einigen Regionen Deutschlands, vor allem im sächsischmagdeburgischen<br />

Rechtsraum, eine Renaissance, 21 wenngleich nördlich der Alpen<br />

These von Berkenhoff, H. A., Tierstrafe, Tierbannung und rechtsrituelle Tiertötung im Mittelalter, Leipzig<br />

1937, S. 108 f., dass es sich um ein „pönales Überbleibsel alter germanischer Opferbräuche, der Odin<br />

dargebrachten Hundeopfer“ handelt, spricht, dass die Strafe erst seit dem 14. Jahrhundert belegt ist.<br />

Da diese Strafe vor allem aus dem süddeutschen Raum überliefert ist, könnten entehrende Aspekte –<br />

wie auch bei der aus Schwaben überlieferten Schandstrafe des Hundetragens – im Vordergrund<br />

gestanden haben. Vgl. dazu Schwenk, B., Das Hundetragen, Ein Rechtsbrauch im Mittelalter, Historisches<br />

Jahrbuch 110 (1990), S. 289, 293 ff. mit Hinweis darauf, dass diese Strafe nach mittelalterlichen Quellen<br />

als schwäbischer und fränkischer Rechtsbrauch galt.<br />

19 Tengler, U., Der neü Layenspiegel, Von rechtmässigen ordnungen in Burgerlichen vnd peinlichen Regimenten,<br />

Augsburg 1511, fol. 216r (Von Juden straff): Den Juden zwischen<br />

zwayen wütenden od beyssenden hunden zu der<br />

gewonlichen richtstat ziehen vel schlaiffen mit dem strang oder ketten / bey seinen füssen an ainen besondrn galgen<br />

zwischen die hund nach verkerter maß hencken / da mitt er also vom leben <strong>zum</strong> tod gericht werd / in seinem plinden<br />

judischen vnglauben / sein straff vnd peen / andern meniklichen. Wie wol von disem verkerten gericht in Kaiserlichen<br />

rechten nichts oder gar wenig / sonder auß der richter macht / mag in gebrauch komen / vnd arbitriern / ob sich der<br />

Jud auß grausam der peen bedächt / vnd begeren würd / als ain christ zusterben vnd christenlichen glauben an zu<br />

nemen. So möcht man alß dann mit der volziehung still steen / biß er den glauben in väncknuß lernen / vnnd getaufft.<br />

Vnd jn alßdann widerumb für gericht füren / verurtailen vnd richten als ainen christen. Entsprechend auch schon<br />

in der ersten Auflage von 1509 geregelt.<br />

20 Behrends, O./Knütel, R./Kupisch, B./Seiler, H. H., Corpus Iuris Civilis, Die Institutionen, Text und<br />

Übersetzung, 3. Aufl. Heidelberg 2007, S. 270. Zur römisch-rechtlichen poena culei vgl. Bukowska Gor-<br />

goni, C., Die Strafe des Säckens – Wahrheit und Legende, in: Carlen, L. (Hrsg.), Forschungen zur Rechtsarchäologie<br />

und Rechtlichen Volkskunde, Bd. 2, Zürich 1979, S. 145 ff.<br />

21 Buchsche Sachsenspiegelglosse (um 1325) zu Sachsenspiegel Landrecht II 14 (Sassenspegel, Mit velen<br />

nyen Addicien san dem Leenrechte vnde Richtstige, ed. Rynmann v. Öhringen, H., hrsg.<br />

von Eckhardt, K. A.,<br />

Neudruck Aalen 1978, S. 156); Die Blume von Magdeburg, hrsg. von Boehlau, H., Weimar 1868, S. 169<br />

(Particula II. 5, c. 18): Von den, dy iren vater odir muter totin. […] Vnd sol in in einen lederin sag vernehin mit<br />

einem affin vnde einr notern und mit einen hanen und mit einem hunde, und sol in werfin in ein wazsir. Nach der<br />

Überlieferung soll noch im Jahre 1734 in Sachsen eine Kindsmörderin in einem Sack mit Hund,<br />

Katze und Schlange ertränkt worden sein (weitere Beispiele bei Berkenhoff, Tierstrafe, S. 111 ff.).<br />

Dazu insgesamt Bukowska Gorgoni, Strafe, S. 150 ff., 154 ff.; Gerick, N., Recht, Mensch und Tier,<br />

Historische, philosophische und ökonomische Aspekte des tierethischen Problems, Das Recht der Tiere und der<br />

Landwirtschaft, Bd. 4, Baden-Baden 2005, S. 68 ff.<br />

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