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Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

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post@<strong>Lars</strong><strong>Hennings</strong>.de 29<br />

Göbeli <strong>Tepe</strong> für ebenbürtig mit jenen in den Höhlen von Lascaux oder Altamira. (2003;<br />

ebenso in Eiszeit, 2009: 87) Angesichts der Höhlenmalereien, der Schnitzkunst und den<br />

Frauen-Figurinen aus viel älterer Zeit – die ältesten Bilder in Südfrankreich entstanden vor<br />

fast 40.000 Jahren –, bietet die Kunst keine Sensation. Jedenfalls nicht auf den ersten<br />

Blick mit soziologischer Fragestellung – kunsthistorisch mag das anders sein. 1 Malereien<br />

gibt es dort nicht. Selbst die fast vollständig aus dem Pfeilermaterial als Hochreliefs<br />

herausgearbeiteten Tiere sprengen diesen Rahmen nicht. Als Besonderheit sind aber<br />

wahrscheinlich die T-Pfeiler zu bewerten. Denn die sind in einer bis dahin unbekannten<br />

Abstraktheit konzipiert. Wenn die menschlichen Arme, Gürtel und Lendenschurz als<br />

Kennzeichen, es seien damit männlich geformte Wesen gemeint, auch eher etwas banal<br />

aussehen, so sind die Köpfe und Körper doch hochgradig symbolisiert; Augen, Ohren,<br />

Mund und Nase wären ebenfalls leicht andeutbar gewesen. Viele T-Pfeiler sind mit<br />

weiteren Flachreliefs gestaltet.<br />

Nicht jedes Symbol, das über alle hier zu bedenkenden Zeiträume der Steinzeit bis zu<br />

Sumer und Griechenland hinweg gefunden werde – sagt Schmidt –, könne im immer<br />

gleichen Kontext verstanden werden, so sei der Fuchs – den Uerpmann in der Nacheiszeit<br />

in der Levante als (Not-) Nahrung sieht –, (2007) eher nicht als der listige Reineke Fuchs<br />

aus unseren Märchen zu verstehen. Er vermutet eine ganz eigene Geisteswelt am <strong>Göbekli</strong><br />

<strong>Tepe</strong>. Es werde eine tiefere geistige Beziehung zwischen Füchsen und den Erbauern des<br />

Kultbaus beziehungsweise dessen SchamanInnen aufgezeigt, solche vielleicht, die mit<br />

Hilfe des Kranichtanzes sich in Trance ins Tierreich begaben, um die Jagd zu fördern. Das<br />

könnte mit den Flachreliefs von Kranichen am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> gemeint sein, die<br />

menschliche Kniegelenke zeigen. Wenn nicht schon besser von PriesterInnen zu reden ist,<br />

die eine weitergehend durchdachte Religion für diesen Kultbau entsprechend einer sich<br />

entwickelnden Sozialstruktur konzipiert hatten. In der Höhle Les Trois Frère<br />

(Südfrankreich; vor 18.000 Jahren) gibt es ein Bild eines tanzenden Mischwesens, in dem<br />

vier Tiere verarbeitet sind – es hat Beine mit menschlichen Knien. (in Burenhult, 2004:<br />

114) Die meisten Tiersymbole am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> erscheinen bedrohlich, wie Skorpione,<br />

oder warnen vor etwas, vor falschem Verhalten am heiligen Ort etwa, einige kommen den<br />

BetrachterInnen von den Pfeilern herab angsteinflößend entgegen. Schlange und Skorpion<br />

sind bei Kramer Symbole böser Mächte beim babylonischen Neujahrsfest. (1979: 114)<br />

Das muß dem Aspekt der Fruchtbarkeit der Schlange keinen Abbruch tun. Die Furcht, die<br />

gefährliche Tiere bei den Menschen der Wildnis erzeugten, wurde offenbar entsprechend<br />

andersrum symbolisch mit solchen Wächterfiguren funktionalisiert. Neben den<br />

vermuteten SchamanInnen im Kranichkostüm fand sich nun eine weitere Darstellung von<br />

Tiermenschen, das sind Dämonen (Mensch mit Tierkopf) oder Monster (Tier mit<br />

Menschenkopf). Eine hohe Stele zeigt vielleicht einen (zerstörten) Löwenkopf mit<br />

menschlichen Armen. (JB 2010) Die genauere Sinngebung dieser Kunst ist im einzelnen<br />

kaum zu erschließen. Der Fuchs und die Schlangen sind sehr schematisch ausgeführt.<br />

Andere Tierskulpturen sind am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> dagegegen ziemlich realistisch<br />

ausgearbeitet, wenn auch mehr als typisches denn reales Raubtier mit krokodilartigem<br />

Kopf; eins der Tiere ähnelt der angeblichen Großen Göttin von Çatal Hüyük sehr, ist aber<br />

eindeutig Tier, wie dort (Krokodile gab es an beiden Orten nicht; im Christentum gibt es<br />

skurile Höllenwesen noch an gotischen Kathedralen; schon kleine Kinder träumen<br />

manchmal von ähnlichen Wesen). 2 Auch mit den sichtbaren Symbolen ihrer Religion<br />

lagen die Leute vom <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> im Rahmen der universalen menschlichen<br />

Ausdruckformen, primär mit Tierdarstellungen, aber auch solchen von Menschen, die<br />

jedoch deutlich einfacher ausfielen als jene wenigen fast als Vollskulpturen<br />

ausgearbeiteten Tiere an einigen Pfeilern und die gefundenen solitären Skulpturen. In<br />

vielen Höhlenmalereien, auch den simplen, 8.000 Jahre alten „Hochzeitsskizzen“ im<br />

Latmosgebirge, die Peschlow-Bindokat östlich von Milet beschrieb, 3 (2003; Zick, 2008)<br />

ebenso in bildnerischen Darstellungen in der Sahara oder Australien, finden sich<br />

1 Hansen (in Ausstellung, 2007: 192ff) erkennt bei der menschlichen Skulptur des Neolithikums eine neue<br />

gestreckte Haltung, Kopf nach hinten.<br />

2 Lévy-Bruhl (1959) zitiert eine Reihe von Berichten, in denen traditionale Anwohner von krokodilreichen<br />

Gewässern die völlige Harmlosigkeit dieser Tierchen betonen. Die Menschen baden auch in diesen Flüssen.<br />

Nur ein Zauber oder der Zauberer selbst in ihnen könne sie zum Fressen von Menschen bringen. Irgendwo<br />

müssen solche Ängste dennoch bleiben.<br />

3 In diesen Bildern finden wir die ausgeprägten Gesäße bei Frauen wieder, die von den Frauen-Figurinen und<br />

auch Höhlenzeichnungen her schon bekannt sind; sie finden sich real bei rezenten WildbeuterInnen, den<br />

Buschleuten der Kalahari: Steatopygie. (in Burenhult, 2004: 100ff) Es scheint sinnvoller, diese Formen als<br />

symbolisch zu verstehen.

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