Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings
Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings
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post@<strong>Lars</strong><strong>Hennings</strong>.de 33<br />
moderne Mensch sei immer schon biologisch-genetisch wie wir heute entwickelt<br />
gewesen, auch hinsichtlich der geistigen Kapazität. Der Tempelbau zeigt das erneut.<br />
Schon beim Cro-Magnon-Menschen sind das vor allem Kunstwerke, die von Anbeginn an<br />
„gut“ waren und keinen ausgeprägten Lernprozeß über die Jahrtausende zeigen, wenn<br />
auch sich etwas ändernde Stile. Wie entstand die Besiedelung, wie jene Bevölkerung, die<br />
den Kultbau erschaffen konnte? Meine Besprechung basiert auf der Vorstellung einer<br />
bereits bestehenden Besiedlung Nord-Mesopotamiens von zuerst einfachen, aber schon<br />
sozial strukturierten WildbeuterInnen, die sich vor der beginnenden Proto-Neolithisierung<br />
bis hin zum Bau des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> deutlich weiter entwickeln, primär von einer<br />
Entwicklung des Sozialen im Sinne sich selbst verändernder Prozesse aus. Neben der<br />
Kunst sind Bauten wichtige Spuren, denen durch die Zeit gefolgt werden kann.<br />
Die Lebensbedingungen in Nord-Mesopotamien und Anatolien waren, angesichts ihrer<br />
geografischen Lage fast gleichauf mit den Pyrenäen, jedenfalls wohl nicht ungünstiger als<br />
dort. Möglich ist eine weitgehende Neubesiedlung Westeuropas am Ende der Eiszeit von<br />
den Pyrenäen aus, wohin sich vielleicht viele Menschen vor der Kälte der Eiszeit<br />
zurückgezogen hatten. Es heißt, dort sei es zu deren Ende zu einer deutlichen Erhöhung<br />
der Bevölkerungszahl gekommen; eine solche Entwicklung könnte noch um den <strong>Göbekli</strong><br />
<strong>Tepe</strong> herum in Richtung Seßhaftigkeit gedrängt haben, weil der Raum für<br />
WildbeuterInnen zu knapp wurde; gefühlt zu knapp auch. Besonders günstige Regionen,<br />
wie die Harran Ebene um den Tempel, und gute Wohnplätze konnten umstritten sein.<br />
Doch warum sollten Zwänge nötig gewesen sein, um das einfachere und angenehmere<br />
Leben in festen Standorten aufzunehmen und von dort aus zu sammeln und jagen? Ab vor<br />
etwa 14.000 Jahren beginnt nun ausgerechnet im Nahen Osten und in Nord-Mesopotamien<br />
die Proto-Neolithisierung. Grundlage dafür waren wohl am Ende der Eiszeit die hier zu<br />
wachsen beginnenden natürlichen Wildgetreidebestände. Hinzu kam ein günstiges<br />
Zusammenfallen mit für die Domestizierung günstigen Tierarten, die erst 2.000 Jahre<br />
später das Neolithikum vervollständigte. 1 Gerade als der <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> aufgegeben wurde,<br />
weshalb Schmidt über eine Revolution nachdenkt.<br />
Siedlung in der Eiszeit<br />
Die Zahl der Funde, die die Archäologie bislang zur Bestimmung der frühen<br />
Lebensformen des Homo sapiens nördlich von Afrika zur Verfügung hat, ist eher klein,<br />
gilt es zu bedenken. In der Türkei sind die archäologischen Funde sehr spärlich. (Schyle/<br />
Uerpmann, 1996-2: 671ff) Auf einige verwies ich schon, wie auf Gönnersdorf als Beispiel<br />
einer Siedlung aus dem Magdalenien in Mitteleuropa, in der die Generalidee des<br />
Bauentwurfs des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> schon enthalten ist. Seit wann gab es nicht zu ferne Häuser<br />
als Vorbild für die Konstruktion der Kultanlagen? Das ist eine interessante Frage für die<br />
Beurteilung des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>, da deren Erbauer kaum nur schlichte Asthütten gekannt<br />
haben, bevor sie ihn planten, ihn planen konnten. Die Kreisanlagen lassen sich doch<br />
bestens aus Häusern mit Stützen und Dachsparren vorstellen, wie sie etwa aus<br />
Gönnersdorf bekannt sind. 2 In der Mitte sind es in solcher Vorstellung bei der Größe der<br />
Kultanlagen eher vier Stützen als Rahmen, weil sie nicht fest in den Boden eingespannt<br />
werden (wie etwa bei den großen Erdhäusern der Mandan am Missouri). Aus der Zeit des<br />
Natufien der Levante finden sich einige wichtige Spuren. Loaf spricht von schon „festen<br />
Siedlungen“, da zum Kornmahlen (von Wildgetreide) schwere Geräte, wie Mahlsteine,<br />
benutzt worden seien. Bewohnt wurden sie entweder „ganzjährig oder nur zu bestimmten<br />
Zeiten“; gemeint ist wohl ein saisonales Verlassen. In Ain Mallalah nördlich des Sees<br />
Genezareth – wo vielleicht auch der eckige Raum durch Unterteilung von Rundhütten<br />
erfunden wurde (Nunn, 2006: 12) – betrug der Durchmesser der runden Hütten dreieinhalb<br />
bis fünf Meter, „deren Dächer von hölzernen Pfosten getragen wurden“! Dort lebte eine<br />
„Gemeinschaft von 200 oder 300 Menschen“ (!) wahrscheinlich ganzjährig; gefunden<br />
wurden auch Gräber unter den Fußböden und außerhalb der Hütten. (1998: 30) Für solche<br />
großen akeramischen Siedlungen – meint auch Nissen für Basta und Ain Ghazal (nördlich<br />
und südlich des Toten Meeres) – seien bereits soziale Regeln für die Konfliktvermeidung<br />
nötig gewesen. (1999: 25) Reste runder Hütten wurden aus der Zeit vor 20.000 Jahren<br />
entdeckt. Östlich von Haifa fand sich von vor 18.000 - 12.000 Jahren eine Höhle, deren<br />
Terrasse mit Mauern umgeben war; 15.000 Jahre sind in der Levante mindestens fünf<br />
1 Schaf und Ziege haben ein anderes Herdenverhalten als Hirsche und Gazellen, bei denen die Revierkämpfe<br />
der Männchen Herdenhaltung nicht erlauben. (Uerpmann)<br />
2 In Anlage D waren die Mittelträger nur 15 cm im Boden eingespannt; schwer vorstellbar, daß ohne<br />
Abspannungen aus Tauen oder Hölzern der erste Windstoß überstanden wurde. (JB 2009)