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Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

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post@<strong>Lars</strong><strong>Hennings</strong>.de 71<br />

vielzitierten Kaurimuscheln über zum Teil große Entfernungen und selbst mittels<br />

Seereisen ausgetauscht werden, worauf ich gleich bei den Trobriand-Inseln zurück<br />

komme, wo es – neben einer symbolischen oder rituellen Form des Handels – auch jene<br />

gibt, die für die Baruya beschrieben wurde. Das paßt zum Handel, wie er mit Bernstein,<br />

Silex, Obsidian und anderen Dingen aus viel früherer Zeit zwischen den Pyrenäen und<br />

Sibirien gefunden ist. Und ein solcher Austausch, der gezielt entwickelt wird, ist denkbar<br />

für die Region um den <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> vor 12.000 Jahren, ob es ihn dort tatsächlich gab, ist<br />

offen. Es hat wohl einen Handelsweg vom Roten Meer nach Anatolien gegeben. (in<br />

Burenhult, 2004: 236) Jedenfalls später gab es eine Kreuzung zweier Handelswege südlich<br />

von Urfa/ Edessa, einer von Damaskus über Edessa nach Norden, einmal vom Iran zum<br />

Mittelmeer.<br />

Der Tempel als Friedenssymbol?<br />

Daß der Kultbau am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> ein Symbol einer (Kult-) Gemeinschaft ist, muß<br />

nicht betont werden. Doch in welcher Weise entstand sie? Eine Möglichkeit könnte<br />

Malinowski ab 1914 (!) auf den berühmten Trobriand-Inseln, etwas nördlich der Ostspitze<br />

Neuguineas, beschrieben haben. (1979) Von Gaben-Tausch als sozialem Prinzip soll nun<br />

die Rede sein. (217) Auf das zu schildernde Prinzip kommt es mir an, nicht auf die Form,<br />

wie sie in der Südsee vorkam. Ich fasse mit dem Begriff zusammen was sich als Tausch-<br />

System bei diesem Volk abspielt, bei dem generell gar kein materieller Gewinn gemacht<br />

werden soll. Von Zeit zu Zeit wird das Kula durchgeführt, in dem zwei „Waren“,<br />

bestimmte Halsketten gegen bestimmte Muschelarmbänder, getauscht werden. In der<br />

umfassendsten Form umfaßt dieser Null-Summen-Handel ein viel größeres Inselgebiet.<br />

Dazu sind jeweils bestimmte Männer (!) an zwei Orten festgelegte „Handelspartner“, die<br />

nah oder auch sehr fern auf anderen Inseln in anderen Stämmen leben; Männer mit hohem<br />

Ansehen haben sehr viele Partner, andere nur wenige. Bestimmte Armbänder und<br />

Halsketten kreisen nun durch das Gebiet, Ketten im Uhrzeigersinn, Armbänder<br />

gegenläufig. Auf den Trobriand-Inseln werden Ketten aus geschliffenen Muschelscheiben<br />

aufwendig gefertigt. Es sind im wesentlichen immer die gleichen Stücke, die mal mehr<br />

oder weniger (sozialen) Wert haben, so daß tatsächlich auch Werte ausgetauscht werden,<br />

eine besonders gute Kette etwa gegen mehrere kleinere Armbänder. Der Wert besteht<br />

dann darin, die erworbenen Stücke zu Hause zu präsentieren, wodurch der temporäre<br />

Besitzer (und sein Anhang) Ansehen gewinnen – und sie nach einiger Zeit weiter rotieren<br />

zu lassen, indem sie als (großzügige) Gaben anderen überreicht werden.<br />

Der Aufwand ist immens, unter anderem müssen große Segel-Kanus gebaut oder<br />

erneuert und herausgeputzt werden, um zum Teil lange Seereisen zu unternehmen. Es wird<br />

nicht gleichzeitig beides getauscht, sondern bei der einen Reise – beispielsweise der<br />

Trobrinander im Verbund mit Männern anderer Inseln nach der südlich liegenden Insel<br />

Dobu – werden den Besuchern (!) Ketten als Gaben überreicht, die sie sich also (durchaus<br />

fordernd) holen. Erst bei der folgenden Reise jener aus Dobu nach den Trobriand-Inseln,<br />

bekommen die dort die Gegen-Gaben, also Armreifen. Die Gaben werden nicht direkt<br />

nebeneinander gelegt und dann über die Werte verhandelt. Sondern die jeweiligen Geber<br />

müssen sich dem Anspruch nach großzügig zeigen. Nur nebenbei, so scheint es, wird<br />

zugleich auch andere Handelsware ausgetauscht, nun aber richtig mit Feilschen, um<br />

Gebrauchsgüter zu tauschen, die es zuhause nicht gibt. Bevor die Kolonialverwaltung<br />

Kopfjagd und Krieg unterband, könnte also das Kula eine rituelle Verbrüderung<br />

wiederspiegeln, unter deren Schutz Handel getrieben werden konnte, sozusagen unter<br />

einer weißen Flagge. 1 Für mich ist nicht das Kula interessant, sondern der Antrieb dazu:<br />

Ansehen. Und der Aufwand: die Trobriand-Inseln hielten 650 Armreifen für 500 Leute<br />

aus Dobu bereit. Die Reise von Dobu zu den Trobriand-Inseln begann im Oktober 1917<br />

mit Bau und Reparatur der Kanus und dauerte bis Ende April 1918; (416f) allein die Reise<br />

über See dauerte je knapp drei Wochen; während der Anfahrt gab es auch etliche<br />

Aktivitäten bei den Gastgebern. Über 2.000 Menschen trafen sich auf den Trobriand-<br />

Inseln. (426f) Früher waren deutlich mehr als die ungefähr 80 Kanus aus Dobu unterwegs;<br />

die Sitte verlor sich schon langsam in der Moderne, als Malinowski sie kennenlernte.<br />

Bevor der Gaben-Tausch entstanden war, konnten womöglich Flotten von weit mehr<br />

Kanus losgezogen sein, um andere Inseln zu überfallen, Menschen zu schlachten und zu<br />

verfuttern. Interessant ist, daß bei der Ankunft der Flotte aus Trobriand und den<br />

Nachbarinseln auf Dobu symbolisch feindliche Handlungen zur Verteidigung<br />

1 Der Herausgeber des Bandes, Kramer, hält das Kula für den Ersatz der Kopfjagd.

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