09.01.2013 Aufrufe

Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

post@<strong>Lars</strong><strong>Hennings</strong>.de 61<br />

Kriegszug folgen, weil er sich bewährt hat, mehr Beute heimbringt als andere. Ein anderer<br />

Weg ist das Sparen, um direkt ein Umverteilungsfest ausrichten zu können. Was selbst<br />

gespart wurde, kann durch Geschenke von Gefolgsleuten an den „Fonds“ des Initiators<br />

noch ergänzt werden. Diese Güter werden beim Fest gleichmäßig auch an jene verteilt, die<br />

nicht so erfolgreich sind, die Pech hatten oder krank waren. Möglich wäre auch, mit Hilfe<br />

einer eigenen großen Familie, vor allem mit mehreren (Ehe-) Frauen mehr zu produzieren<br />

als andere Familien. So kommt eins zum anderen: ein kleiner Besitz vergrößert die<br />

Gefolgschaft, ermöglicht mehrere Ehefrauen, die wieder den Besitz vergrößern... Mehrere<br />

Ehefrauen können auch in anderer Weise nützlich sein: Bei den Tobriandern geben die<br />

verheirateten Männer die Hälfte ihrer Ernte an ihre Schwester, da sie der Vormund von<br />

deren Kinder sind. Das geht reihum als ungefähres Nullsummenspiel, außer daß jene<br />

Männer mit mehreren Frauen nun auch mehrere solcher Geschenke bekommen. Aber wie<br />

kam ein Mann zu mehreren Ehefrauen? (in Bild-1: 104f) Durch Umverteilungsfeste – oder<br />

bei den Tobriandern auch durch Kriege und Expeditionen – erwächst für den Initiator<br />

Ansehen, Autorität – und Macht, nun schon auf „politischer“ Ebene. Unter anderem<br />

können in seinen „Fonds“ wichtige Gegenstände gegeben werden, etwa gute Waffen,<br />

einfach nur Zierwerk. Oder die Gunst, dazu gehören zu dürfen, wird durch hochwertigen<br />

Hausbau erbracht – auf eine denkbare Entstehung von Handwerk will ich verweisen.<br />

Wichtig ist bald, eine Möglichkeit zur Lagerung der zu verteilenden Güter zu schaffen.<br />

Besondere Bedeutung bekommen solche Verfahren, wenn sie helfen, Phasen schwieriger<br />

Nahrungsbeschaffung zu überbrücken, weil diese Großen des Stammes vorgesorgt haben. 1<br />

Die Gefolgschaft erhöht nicht nur die Summe der Güter, sondern ermöglicht immer<br />

stärker auch direkte Machtausübung, weil eine starke Gruppe sich bildete. Das System<br />

kann aber auch umschlagen von freiwilligen Geschenken an den „Fonds“ eines Großen<br />

hin zu erzwungenen Abgaben, zu Steuern an einen Häuptling. In der Folge hätten sich<br />

wahrscheinlich durch solches alltägliche Machtstreben, das zur individuellen Sicherung<br />

des eigenen Lebens selbstverständlich ist, soziale Unterschiede verstärkt, wenn auch<br />

vielleicht noch ohne Herrschaft. Frauen würden wahrscheinlich hinsichtlich der<br />

Entscheidungen für die ganze Gemeinschaft gegenüber den Männern weitgehend machtlos<br />

werden. (Harris, 1991: 325ff) In den Außenbeziehungen sind sie es sowieso, da Männer<br />

fast immer ihre Macht direkt auf den Boden stützen können, weil sie ihn erobern und<br />

sichern.<br />

Bei Vorratshaltung denken wir bezüglich der Kultgemeinschaft um den <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong><br />

sofort an Nevalı Çori – dort fanden sich neben der kleinen Kultanlage Häuser, die an<br />

Lager denken lassen, aber 1.000 Jahre später. An gebrannte Tontöpfe muß nicht schon<br />

gedacht werden, Gefäße ließen sich auch aus Stein herstellen. Was primär zu lagern war<br />

sind wohl Fleisch, Felle, Knochen, Getreide und – Bier! Dietrich u. a. (2012) geben<br />

Hinweise auf Feste am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> und diskutieren den Konsum von Bier aus<br />

Wildgetreide dort. Sechs große, bis 160 Liter fassende Steinbottiche wurden gefunden,<br />

wenn auch in etwas jüngeren Schichten (in Anlage F, Ebene II), doch es gäbe Fragmente<br />

solcher Gefäße in allen Straten (die Kreisanlagen als Kneipen mit Priestern als Kellner<br />

kann ich mir wieder gut vorstellen; an „Vatertag“ zu denken reicht). Schon im Natufien<br />

fanden sich Lagermöglichkeiten, seien es Gruben im Fels oder mit Lehm oder später<br />

Bitumen ausgekleidete Körbe (Abu Hureya am Euphrat südlich des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>s), oder<br />

in der Hayonim-Höhle im Nordwesten Israels wahrscheinlich Getreidegruben, oder<br />

lehmverputzte Gruben in (Ain) Mallaha nördlich des Toten Meeres. (Bartl, 2004: 175ff)<br />

Aus der Zeit des PPN A finden sich Vorratslager ebenso in der nördlich davon liegenden<br />

Euphratregion, in Mureybet und Jerf el Ahmar südlich und in Cayönü und Hallan Çemi<br />

nordöstlich des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>, wobei letzterer Fundort außerhalb des 200 Kilometer-<br />

Radius liegt. (262) Bosinski vermutet für Europa (!) schon für die Zeit der Speerschleuder<br />

Kenntnis von Konservierungsverfahren, die eine Vorratshaltung ermöglichten, erläutert<br />

sie aber nicht. (1989: 131)<br />

Es gibt also für jene Zeit vorstellbare Verfahren zur Ausbildung sozialer<br />

Differenzierung aus sehr einfachen Gemeinschaften heraus; wie empirisch abgesichert das<br />

für die Leute vom <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> im Moment auch immer sein mag. Der Bau selbst<br />

demonstriert ziemlich deutlich die Existenz einer solchen Macht, wenn auch religiös<br />

verbrämt. Der Stamm, der diesen Kultbau errichtete, läßt sich also nicht mehr nur als<br />

1 Solche Großen Männer werden in der Literatur manchmal von „Big men“ unterschieden. Es gibt<br />

unterschiedliche typische Formen ihres Vorkommens, manchmal geht es nur um Ansehen ohne materielle<br />

Basis, manchmal sind die Geschenke wesentlich. (Godelier, 1987) Hier kann nur ein flüchtiger Eindruck<br />

vermittelt werden, um solche Möglichkeiten in die Steinzeit zurückzudenken.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!