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Göbekli Tepe PDF - Lars Hennings

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34 Siedlung in der Eiszeit<br />

einzelne runde Gebäude alt, die wohl mit einem leichten Dach versehen waren. (Nunn,<br />

2006: 11) Schmidt erwähnt zwei Orte östlich des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> im Nordirak – Hallan<br />

Çemi, Qermez Dere – die etwa vor 14.000 - 13.000 Jahren bereits besiedelt waren; damit<br />

sei die Monopolstellung der Levante hinsichtlich der „frühesten Seßhaftwerdung“<br />

aufgebrochen. (2008: 65) Bei Siedlungsstrukturen kann immer auch an beginnende soziale<br />

Differenzierung gedacht werden, weil die Seßhaftigkeit, auch wenn sie noch keine örtliche<br />

Domestikation zur Grundlage hat, das Ansammeln von Dingen möglich macht, und das<br />

von – Macht; dazu gleich.<br />

Markante Bauten entstanden allerdings bereits viel früher, wenn auch nur weit entfernte<br />

Fundorte bekannt sind. Aus der Zeit vor etwa 25.000 Jahren stammen in Kostenki<br />

(Ukraine) große, etwa zwölf Meter lange Unterkünfte aus Mammutknochen (wohl bedeckt<br />

mit Fellen zu denken); dort wurden besonders viele Frauen-Figurinen gefunden. Ein<br />

weiteres Siedlungsobjekt ist 17x35 Meter groß. Bosinski (1989: 48) äußert Zweifel, dieses<br />

könne ganz unter einem Dach gelegen haben; doch ist am Fundplan nicht recht<br />

erkenntlich, wie eine Unterteilung aussehen konnte, die äußere Form der Struktur<br />

allerdings auch nicht. (49) Schon in jener frühen Zeit scheinen nicht nur in Osteuropa<br />

Siedlungen mit dauerhaften Häusern bestanden zu haben, in die aus temporären<br />

Jagdlagern an Routen der Herdentiere verschiedene Sorten Fleisch gebracht wurde.<br />

Bosinski meint sogar, solche Siedlungen könnten Resultat der ersten Überflußgesellschaft<br />

gewesen sein, die durch bessere Waffen, vor allem durch die Speerschleuder begründet<br />

sei. 1 Zu dieser Zeit vermutet er auch erste Möglichkeiten der Konservierung und<br />

Vorratshaltung, um die größeren Mengen des Fleisches unterzubringen. Erst mit Ende des<br />

Magdalenien (also kurz vor dem Bau des <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>) kamen Bogen und Pfeil mit noch<br />

größerer Effektivität bei der Jagd auf, die besonders im Wald handlicher waren. (1989: 55,<br />

38, 130, 131; in Eiszeit, 2009: 196) Eine andere Siedlungsform mit teils über flachen<br />

Gruben errichteten Hütten gab es vor 28.000 Jahren in Dolni Vestonice (Tschechei).<br />

Fagan (1990: 65) zeigt die Rekonstruktion einer Hütte, bei der ein Baumstamm von einem<br />

kleinen Hang aus schräg auf einer höheren Stütze aufliegt; seitlich wären dann Äste<br />

verlegt, die mit Häuten abgedeckt wurden, rundum mit Erde und Knochen beschwert und<br />

abgedichtet. Dort fand sich ein Brennofen für Tonfiguren. (in Burenhult, 2004: 88; bei<br />

Bosinski, 1989: 61, nach Klima, ein „Backofen“ für sie) Wurden Frauen-Figurinen, die in<br />

weit von einander entfernten Regionen gefunden wurden, für den Export gebrannt? Töpfe<br />

zu brennen kam den Menschen dort offenbar nicht in den Sinn. Die uns bekannten Frauen-<br />

Figurinen sind meist aus Stein gearbeitet, wie die Venus von Willendorf (Österreich).<br />

Angesichts dieser großen Gebäude wäre es verwunderlich, gäbe es nicht bis zur langen<br />

Zeit des Kultbaus am <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong> vor knapp 12.000 Jahren weitere noch zu entdeckende<br />

Baudenkmäler.<br />

Es gibt für den steinzeitlichen Homo sapiens nördlich von Afrika jahrtausende ältere<br />

Funde vor dem <strong>Göbekli</strong> <strong>Tepe</strong>, die bereits auf differenzierte Sozialstrukturen hinweisen.<br />

Bei Gräbern geschmückter Kinder aus der Zeit vor gut 20.000 Jahren mußte eine durch<br />

solche Beigaben sichtbar werdende höhere Stellung ererbt sein, da Kinder sie noch nicht<br />

selbst erworben haben können. (Burenhult, 2004: 88f, 95) Zumindest wurde stets der<br />

eigenen Besitz mitgegeben, der mit seinen TrägerInnen identisch war und den gerade<br />

entstandenen, besonders aktiven Ahnen nicht geraubt werden konnte, ohne die übelsten<br />

Konsequenzen auszulösen. Auch zu Bestattungen ist die Fundlage prekär. Fürs<br />

Magdalenien findet Wüller nur 13 Ganzkörperbestattungen, bei denen nicht einmal klar<br />

ist, ob sie nur einfach in Gruben gelegt wurden. (1999) Immer wieder wird auf die Gräber<br />

aus Sughir (Russland, vor 24.000 Jahren) verwiesen, jener mit Perlen überhäufte Mann,<br />

die der offenbar an seiner Kleidung trug, und dazu auf das Doppelgrab von Jugendlichen<br />

mit wohl ähnlichem Schmuckbesatz, der auch Fuchszähne enthielt. Andere wichtige<br />

Gräber stammen aus Arene Candide (Italien) der gleichen Zeit. (in Eiszeit, 2009: 167)<br />

Fagan berichtet von Forschungen in Mežirič/ Ukraine, die Anzeichen für soziale<br />

Differenzierung ergaben. Vor 18.000 bis 14.000 Jahren fanden sich im Dnjepr-Gebiet<br />

ungleiche Vorratsgruben, als hätten sozial höher stehende Familien mehr Nahrungsmittel<br />

besessen. Diese Niederlassungen beherbergten 30 bis 100 Menschen und blieben lange<br />

bestehen, so daß die Leute Verfahren zur Lösung von Konflikten entwickelt haben<br />

müßten, soziale Regeln zur Erhaltung des Friedens. (1990: 66; nach Soffer) Mit<br />

1 Das ist eine (Hebel-) Verlängerung des Arms, die in der Hand des Schützen verbleibt und den Speer an<br />

dessen Ende fortschleudert Es gibt eine Sportbewegung, die mit Speerschleudern große Weiten erreicht (max.<br />

180,9 Meter = Europarekord), die Treffgenauigkeit fällt nach 30 Metern allerdings extrem ab. (in Eiszeit,<br />

2009: 195)

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