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Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

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Die zum Tode verurteilten Menschen verbrachten häufig mehrere Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er der <strong>Stadelheim</strong>er<br />

Todeszellen. Die Zahl der Todeskandidaten betrug <strong>in</strong> den letzten Jahren des 2.<br />

Weltkriegs ständig zwischen 100 und 140 Personen. Zwei H<strong>in</strong>richtungstage <strong>in</strong> der Woche<br />

wurden zur Regel. Bisweilen wurden dann über dreißig Todesurteile an e<strong>in</strong>em Tag vollzogen.<br />

Die bevorstehende H<strong>in</strong>richtung teilte man den Häftl<strong>in</strong>gen zwischen 8 und 12 Stunden<br />

vor ihrem Vollzug mit. Im Gefängnis <strong>München</strong>-<strong>Stadelheim</strong> gab es mehrere Gefängnisgeistliche,<br />

die e<strong>in</strong>em Teil der zum Tode verurteilten Häftl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> ihren letzten Stunden beistanden.<br />

Der protestantische Pfarrer Alt hielt se<strong>in</strong>e Erlebnisse nach dem Krieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erschütternden<br />

Buch fest, der katholische Priester Anton Maier berichtete 1953 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er öffentlichen<br />

Veranstaltung von se<strong>in</strong>en Erfahrungen.<br />

Die H<strong>in</strong>richtung selbst wurde nach e<strong>in</strong>em genau vorgeschriebenen Ritual fast fabrikmäßig<br />

vollzogen. E<strong>in</strong> Protokoll gab Aufschluss über ihre Dauer – <strong>in</strong> Sekunden. Häufig wurde der<br />

Leichnam der Ermordeten an anatomische Universitäts<strong>in</strong>stitute übergeben und noch <strong>in</strong><br />

der Nachkriegszeit zur Ausbildung von Mediz<strong>in</strong>studenten verwendet.<br />

Vor allem den Anstrengungen der Journalist<strong>in</strong> Kar<strong>in</strong> Friedrich ist es zu verdanken, dass <strong>in</strong><br />

<strong>Stadelheim</strong> heute e<strong>in</strong>e Gedenkstätte an die Opfer der Nationalsozialisten er<strong>in</strong>nert.<br />

Literatur:<br />

Alt, Karl: Überschreiten von Grenzen. Strafgefängnis <strong>München</strong> <strong>Stadelheim</strong> zwischen 1934 und 1945: Der evangelische<br />

Seelsorger und Zeitzeuge Karl Alt begleitet die zum Tode Verurteilten bis zu ihrer H<strong>in</strong>richtung.<br />

<strong>München</strong> 1994. (Neuauflage von: Alt, Karl: Todeskandidaten. Erlebnisse e<strong>in</strong>es Seelsorgers im Gefängnis<br />

<strong>München</strong>-<strong>Stadelheim</strong> mit zahlreichen im Hitlerreich zum Tode verurteilten Männern und Frauen. <strong>München</strong><br />

1946).<br />

Br<strong>in</strong>kmann, Elisabeth: Der letzte Gang. E<strong>in</strong> Priesterleben im Dienste Todgeweihter. Er<strong>in</strong>nerungen an me<strong>in</strong>en<br />

Bruder. Münster 1950.<br />

Friedrich, Kar<strong>in</strong>: Zeitfunken. Biographie e<strong>in</strong>er Familie. <strong>München</strong> 2000.<br />

Freudenreich, Johann: „Das Gefangenenviertel am Rand der Stadt.“ In: Süddeutsche Zeitung, Jg. 48, Nr. 160,<br />

14.7.1992, S. 15.<br />

Gumbel, Emil Julius: Vier Jahre politischer Mord. Berl<strong>in</strong> 1922.<br />

„In den Todeszellen von <strong>Stadelheim</strong>. Erlebnisse und Er<strong>in</strong>nerungen e<strong>in</strong>es Gefängnisgeistlichen im Dritten<br />

Reich.“ In: Münchner Stadtanzeiger Nr. 47, 27.11.1953, S. 3–4.<br />

Kershaw, Ian: Hitler 1889–1936. Stuttgart 1998.<br />

Reichelt, Stefanie: „Für mich ist der Krieg aus!“ Deserteure und Kriegsverweigerer des 2. Weltkriegs <strong>in</strong><br />

<strong>München</strong>. <strong>München</strong> 1995.<br />

Toller, Ernst: Justiz-Erlebnisse. Nachdruck Berl<strong>in</strong> 1979. Hier<strong>in</strong> auch die im Text erwähnten Zitate.<br />

Ziegler, Adolf Wilhelm: Seelsorgerlicher Beistand beim „Letzten Gang“ im Gefängnis <strong>Stadelheim</strong> während des<br />

2. Weltkriegs. In: Jahrbuch 1964 für altbayerische Kirchengeschichte. <strong>München</strong> 1964.<br />

Quellen:<br />

Justizvollzugsanstalt <strong>Stadelheim</strong>; Totenbuch.<br />

Staatsarchiv <strong>München</strong>; JVA <strong>Stadelheim</strong>.<br />

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