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Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

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Deutsche Zivilisten, die von den <strong>NS</strong>-Behörden beschuldigt wurden, fe<strong>in</strong>dliche Fallschirmagenten<br />

unterstützt zu haben, wurden von den Gerichten gnadenlos zu drakonischen Strafen<br />

verurteilt. So führten die gescheiterten Aktionen des sowjetischen Fallschirmagenten<br />

Franz Zielasko im Ruhrgebiet zu e<strong>in</strong>er Reihe von Gerichtsverfahren. Bereits ab 1942 setzte<br />

die Sowjetunion gezielt Fallschirmagenten h<strong>in</strong>ter den fe<strong>in</strong>dlichen L<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>. Ihre Anzahl<br />

schwankte im weiteren Verlauf des Krieges beträchtlich. 1942/43 dürften ca. 35 dieser<br />

Agenten tätig geworden se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> späteren Jahren waren jeweils mehrere Hundert dieser<br />

Männer und Frauen im E<strong>in</strong>satz. Noch größer war die Zahl der Fallschirmspr<strong>in</strong>ger, die <strong>in</strong> der<br />

Endphase des Krieges e<strong>in</strong>gesetzt wurde. Vor ihrem E<strong>in</strong>satz wurden sie <strong>in</strong> Schulen der<br />

Roten Armee nachrichtendienstlich ausgebildet; diese Schulungen dauerten mehrere Monate.<br />

Die Tätigkeit der Agenten war äußerst riskant, vor allem <strong>in</strong> den ersten Jahren überlebten<br />

nur wenige von ihnen den E<strong>in</strong>satz.<br />

Franz Zielasko stammte aus dem Ruhrgebiet. Er hatte <strong>in</strong> Gladbeck gewohnt und dort ab<br />

1915 dem Arbeiter-Radfahrerbund angehört. 1927 war er der <strong>NS</strong>DAP beigetreten, se<strong>in</strong>e<br />

politische Zugehörigkeit zu den Nationalsozialisten beendete er jedoch bald wieder. 1932<br />

wanderte der Bergarbeiter <strong>in</strong> die Sowjetunion aus. Ab 1941 wurde er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbjährigen<br />

Ausbildung auf den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Deutschland vorbereitet. E<strong>in</strong> sowjetisches Flugzeug<br />

setzte ihn <strong>in</strong> der Nähe von Warschau ab. Er konnte sich bis <strong>in</strong> das Ruhrgebiet durchschlagen,<br />

hier sollte er e<strong>in</strong> loses Netz von Sympathisanten knüpfen. Es gelang ihm, <strong>in</strong> mehreren<br />

Städten Kontakte zu knüpfen: In Gladbeck, Gelsenkirchen, Bottrop, Herne, Münster,<br />

Wanne, Hagen und Dortmund. Anfang August 1943 wurde Zielasko festgenommen, e<strong>in</strong>en<br />

Monat später kam er im Gefängnis ums Leben.<br />

Über 40 Personen wurden verhaftet, weil ihnen Kontakte zu Zielasko vorgeworfen wurden.<br />

Etliche von ihnen starben unter der Guillot<strong>in</strong>e, darunter Gerhard Possner, Erich Porsch,<br />

Fritz Struckmeier sowie Andreas Schillack und dessen gleichnamiger Onkel. Diese sechs<br />

Männer stammten aus dem typischen Arbeitermilieu des Ruhrgebiets, alle hatten zum<strong>in</strong>dest<br />

zeitweilig als Bergleute gearbeitet. Fast alle hatten für e<strong>in</strong>ige Zeit e<strong>in</strong>er der Arbeiterparteien<br />

oder e<strong>in</strong>er Gewerkschaft angehört, waren jedoch politisch nie besonders hervorgetreten.<br />

Lediglich Andreas Schillack, geb. 1898, hatte bereits während der Weimarer<br />

Republik <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Heerungen als kommunistischer Vertreter im Geme<strong>in</strong>deparlament<br />

amtiert.<br />

Zielasko erzählte se<strong>in</strong>en Unterstützern, die er teilweise von früher aus dem Arbeiterradfahrvere<strong>in</strong><br />

kannte, er sei schon vor längerer Zeit aus der Sowjetunion zurückgekehrt und<br />

wolle jetzt se<strong>in</strong>en Urlaub im Ruhrgebiet verbr<strong>in</strong>gen. Dadurch erhielt er Essen und Übernachtungsmöglichkeiten<br />

sowie H<strong>in</strong>weise auf weitere Kontaktmöglichkeiten. Unterstützung<br />

<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>igkeiten, während der Kriegsjahre dennoch zum bloßen Überleben nötig, zog für die<br />

Spender das Todesurteil nach sich. 1943 erfolgten die Verhaftungen. Dem 1907 geborenen<br />

Andreas Schillack wurde im Gerichtsverfahren des Volksgerichtshofs vorgeworfen, er habe<br />

Franz Zielasko mit Brotmarken für 600 g, e<strong>in</strong>er Dose Schuhcreme und e<strong>in</strong>er Tube Zahnpasta<br />

unterstützt.<br />

Quellen:<br />

Edition „Widerstand als Hochverrat“; MF 187, 450, 635 (9J 64/44, 2H 27/37, 9J 64/44, 2H 80/44).<br />

Bundesarchiv Berl<strong>in</strong>; NJ 1390, NJ 1392.<br />

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