15.01.2013 Aufrufe

Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Polen unter <strong>NS</strong>-Herrschaft<br />

Am 1.9.1939 griffen deutsche Truppen Polen an und konnten <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeit das gesamte<br />

Land unter ihre Kontrolle br<strong>in</strong>gen. Ziel der nationalsozialistischen Okkupation war<br />

die Schaffung e<strong>in</strong>es so genannten führerlosen Arbeitsvolks. Polen galten den Nationalsozialisten<br />

als „Untermenschen“, das Land sollte <strong>in</strong>dustriell und landwirtschaftlich völlig ausgebeutet<br />

werden. In den ersten Wochen der <strong>NS</strong>-Okkupation wurden Tausende von Polen<br />

ermordet, zum Teil nach vorbereiteten Fahndungslisten, zum Teil völlig willkürlich. Ab<br />

26.10.1939 galt e<strong>in</strong>e Arbeitspflicht für die gesamte polnische Bevölkerung vom 14. bis<br />

zum 60. Lebensjahr.<br />

Rechtlich galten für Polen besondere Bestimmungen: Zum e<strong>in</strong>en wurden große Bereiche<br />

der Strafverfolgung der Justizzuständigkeit völlig entzogen und SS und Polizei übertragen. In<br />

anderen Bereichen wurden neue Strafrechtsnormen gesetzt. Die „Verordnung über die Strafrechtspflege<br />

gegen Polen und Juden <strong>in</strong> den angegliederten Ostgebieten“ vom 4.12.1941<br />

schuf e<strong>in</strong> drakonisches Sonderstrafrecht. E<strong>in</strong> geheimer Runderlass des Reichssicherheitshauptamtes<br />

vom 30.6.1943 hält e<strong>in</strong>e Absprache zwischen dem Reichsführer SS und dem<br />

Reichsjustizm<strong>in</strong>ister fest, wonach gegen polnische und sowjetrussische Zivilarbeiter nur<br />

dann vor e<strong>in</strong>em Gericht verhandelt werden sollte, wenn die Polizei dies aus „stimmungspolitischen<br />

Gründen“ für wünschenswert hielt und von vornehere<strong>in</strong> klar sei, dass die Todesstrafe<br />

verhängt werden würde.<br />

Ungefähr 1,2–1,3 Millionen Polen wurden zum Arbeitsdienst <strong>in</strong>s Deutsche Reich gebracht;<br />

die gelegentlich behauptete Freiwilligkeit war Propaganda. Die deutschen Behörden übten<br />

massiven Druck aus. Für die polnischen Arbeiter <strong>in</strong> Deutschland galt e<strong>in</strong>e Vielzahl rechtlicher<br />

Sonderregeln. Sie verdeutlichen, dass es hier ausschließlich um die schonungslose<br />

Ausbeutung der Arbeitskraft g<strong>in</strong>g: So war die Arbeitsverpflichtung zeitlich unbegrenzt, die<br />

Entlohnung m<strong>in</strong>imal, polnische Arbeiter mussten e<strong>in</strong> „P“ auf ihren Kleidungsstücken anbr<strong>in</strong>gen,<br />

durften den Arbeitsort nicht verlassen, ke<strong>in</strong>e öffentlichen Verkehrsmittel benutzen<br />

oder Fahrräder besitzen, nicht an Gottesdiensten teilnehmen, ke<strong>in</strong>e öffentlichen Theateroder<br />

K<strong>in</strong>ovorführungen besuchen. Sie erhielten nur m<strong>in</strong>imale Verpflegung und Kleidung.<br />

Starb e<strong>in</strong> polnischer Zivilarbeiter <strong>in</strong> Deutschland – bei den unmenschlichen Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />

häufig vorkommend –, so war es sogar verboten, den Leichnam <strong>in</strong>s Heimatland<br />

zu überführen.<br />

Literatur:<br />

Broszat, Mart<strong>in</strong>: Nationalsozialistische Polenpolitik 1939–1945. Stuttgart 1961.<br />

Herbert, Ulrich: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländere<strong>in</strong>satzes“ <strong>in</strong> der Kriegswirtschaft des Dritten<br />

Reiches. Berl<strong>in</strong>/Bonn 1985.<br />

Herrenmensch und Arbeitsvölker. Ausländische Arbeiter und Deutsche 1939–1945. Hg. von Götz Aly. Berl<strong>in</strong> 1986.<br />

Heusler, Andreas: Zwangsarbeit für die Münchner Kriegswirtschaft 1939–1945. <strong>München</strong> 1996.<br />

Kosmala, Beate: Polen. In: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Hg. von Wolfgang Benz, Hermann Graml und<br />

Hermann Weiß. Stuttgart 1997, S. 641–646.<br />

September 1939. Krieg, Besatzung, Widerstand <strong>in</strong> Polen. Hg. von Christoph Kleßmann. Gött<strong>in</strong>gen 1989.<br />

33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!