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Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

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wird nicht erklärt – im biologistischen Weltbild der Nationalsozialisten war e<strong>in</strong> derartiges<br />

Verhalten angeboren.<br />

Im Laufe des Jahres 1943 bekam er Kontakt zu anderen Gefängnis<strong>in</strong>sassen, und diese<br />

habe er, so se<strong>in</strong>e Verfolger, „planmäßig defaitistisch-zersetzend“ zu bee<strong>in</strong>flussen versucht.<br />

Was war tatsächlich geschehen? Karl Lid hatte zu e<strong>in</strong>em Mitgefangenen gesagt, die Bombardierung<br />

deutscher Städte sei nicht schlimmer als das, was die Deutschen bei ihrem E<strong>in</strong>marsch<br />

im Sudetenland und der Tschechoslowakei verbrochen hätten. Deutschland werde<br />

auf jeden Fall den Krieg verlieren, me<strong>in</strong>te er, dies bedeute e<strong>in</strong> fürchterliches Blutbad, denn<br />

alle unterdrückten Völker würden sich später an den Deutschen rächen.<br />

Karl Lid versuchte, se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung auch auf Zetteln zu verbreiten. Auf diese Blätter schrieb<br />

er zum Beispiel: „Lieber e<strong>in</strong> Kaiser von Gottes Gnaden als e<strong>in</strong> Mörder von Berchtesgaden!!!“<br />

Zur Verteilung se<strong>in</strong>er handgeschriebenen Flugblätter kam er nicht mehr.<br />

Karl Lid wurde am 11.4.1944 <strong>in</strong> <strong>München</strong>-<strong>Stadelheim</strong> h<strong>in</strong>gerichtet.<br />

Quelle:<br />

Bundesarchiv Berl<strong>in</strong>; R 60 I/51.<br />

Zygmund Bak, geboren am 16.7.1920 <strong>in</strong> Plöhmen, verurteilt durch den Volksgerichtshof<br />

am 27.6.1944, h<strong>in</strong>gerichtet am 12.9.1944.<br />

Arthur Vogt, geboren am 24.7.1912 <strong>in</strong> St. Gallen (deutscher Staatsangehöriger), verurteilt<br />

durch den Volksgerichtshof am 27.6.1944, h<strong>in</strong>gerichtet am 12.9.1944.<br />

***<br />

***<br />

Ungewöhnlich genug, wurden hier e<strong>in</strong> Deutscher und e<strong>in</strong> Pole zusammen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verfahren<br />

verurteilt. Ihr Delikt <strong>in</strong> den Augen ihrer Verfolger: der Versuch, <strong>in</strong> die Schweiz zu gelangen.<br />

Beide Männer hatten aus unterschiedlichen, auch aus gesundheitlichen Gründen,<br />

Schwierigkeiten, sich <strong>in</strong> den harten Arbeitsalltag der deutschen Kriegswirtschaft e<strong>in</strong>zugliedern.<br />

Den Richtern galten sie daher als „Asoziale“. Dem deutschen Staatsbürger wurde im<br />

Urteil vorgeworfen, er stelle sich durch die Reichsflucht „bewusst gegen se<strong>in</strong> eigenes Volk<br />

und hilft dem Fe<strong>in</strong>d“.<br />

Die beiden Männer lernten sich im Februar 1943 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Münchner Lokal kennen und trafen<br />

sich auch später noch mehrmals. Arthur Vogt äußerte se<strong>in</strong>e Unzufriedenheit mit den<br />

Lebensverhältnissen <strong>in</strong> Deutschland und erklärte, dass er <strong>in</strong> die Schweiz gehen wolle, da<br />

sich <strong>in</strong> Deutschland die Lage ständig verschlechtere. Am 22. März 1943 trafen sich die<br />

Männer zufällig vor dem Münchner Hauptbahnhof. Vogt hatte zu diesem Zeitpunkt bereits<br />

e<strong>in</strong>e Fahrkarte nach Bregenz, er ließ sich von Zygmund Bak Geld geben und löste auch für<br />

ihn e<strong>in</strong>e Karte. Im Anschluss an die Bahnreise nach Bregenz fuhren Vogt und Bak nach Dornbirn.<br />

Von Dornbirn führte ihr Weg sie weiter nach Lustenau, dort wurden sie unweit der<br />

Grenze am Rhe<strong>in</strong>damm <strong>in</strong> der Nähe der Eisenbahnbrücke von e<strong>in</strong>em Zöllner festgenommen.<br />

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