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Hingerichtet in München-Stadelheim - NS-Dokumentationszentrum ...

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Biographische Dokumentation zu den Toten des<br />

Sammelgrabs II auf dem Friedhof am Perlacher Forst<br />

93 Tote liegen <strong>in</strong> diesem Sammelgrab, Männer aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei<br />

und Polen. Sie wurden aufgrund so genannter politischer Straftaten zum Tode<br />

verurteilt. Manche waren überzeugte Gegner des Nationalsozialismus, aus Überzeugung<br />

bewusst im Widerstand tätig. E<strong>in</strong>ige wollten sich lediglich dem Herrschaftsbereich des<br />

Nationalsozialismus entziehen, ihren persönlichen Unmut kundtun oder sich durch das<br />

verbotene Hören von so genannten Fe<strong>in</strong>dsendern <strong>in</strong>formieren. Wieder andere passten aufgrund<br />

ihrer Herkunft oder ihres Lebensstils nicht <strong>in</strong> das strenge rassistische und biologistische<br />

Raster, mit dem die Nationalsozialisten def<strong>in</strong>ierten, wer es ihrer Me<strong>in</strong>ung nach<br />

wert war, überleben zu dürfen.<br />

Mit der Grabste<strong>in</strong>legung 1996 wurden zwar Namen und Nationalitäten der hier begrabenen<br />

Männer e<strong>in</strong>er breiteren Öffentlichkeit bekannt. Über ihr Leben wusste man allerd<strong>in</strong>gs<br />

bis auf wenige Ausnahmen kaum etwas. Diese Lücke will die hier vorliegende Veröffentlichung<br />

schließen. Die Quellenlage war dank der deutschen Vere<strong>in</strong>igung und den damit zusammenhängenden<br />

Veränderungen im Archivwesen günstig. Über erstaunlich viele der<br />

Ermordeten ließ sich Näheres <strong>in</strong> Erfahrung br<strong>in</strong>gen.<br />

Und dies, obwohl die Quellenlage diesen Nachforschungen enge Grenzen setzt. In der<br />

Regel bestehen die erhaltenen Quellen aus Gerichtsakten der nationalsozialistischen Justiz,<br />

die den biographischen H<strong>in</strong>tergrund und den so genannten Tathergang <strong>in</strong> der Regel akribisch<br />

beschreiben. Auskünfte über die persönliche Motivation der Verurteilten s<strong>in</strong>d den<br />

erhaltenen Unterlagen kaum zu entnehmen. Auch die dreiteiligen Portraits stammen aus<br />

den Akten der Staatsanwaltschaft. Der Blickw<strong>in</strong>kel des Fotografen ist klar: Er hat den Auftrag,<br />

Menschen als „Verbrecher“ abzubilden. Der wahren Persönlichkeit der dargestellten<br />

Personen werden diese Fotos nicht gerecht, aber als visuelles Dokument der nationalsozialistischen<br />

Verfolgungspraxis sollen sie dennoch ihren Platz <strong>in</strong> dieser Publikation f<strong>in</strong>den.<br />

Bisweilen wird das Sammelgrab II am Münchner Friedhof am Perlacher Forst als KZ-Ehrenha<strong>in</strong><br />

II bezeichnet. Im Gegensatz zu den über viertausend Toten des angrenzenden KZ-Ehrenha<strong>in</strong>s<br />

I starben die hier Beerdigten jedoch nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der vielen Konzentrationslager,<br />

sondern wurden unter dem Fallbeil im Gefängnis <strong>München</strong>-<strong>Stadelheim</strong> ermordet. Die<br />

fehlerhafte Bezeichnung spiegelt Lücken <strong>in</strong> der kollektiven Er<strong>in</strong>nerung unserer Gesellschaft.<br />

Die Toten des Sammelgrabs II wurden auf dem Friedhof am Perlacher Forst bestattet, weil<br />

er direkt an das ältere Gefängnis <strong>München</strong>-<strong>Stadelheim</strong> angrenzt. Das Gefängnis entwickelte<br />

sich während der <strong>NS</strong>-Zeit zu e<strong>in</strong>er der zentralen H<strong>in</strong>richtungsstätten Deutschlands.<br />

Die Schicksale der 93 im Sammelgrab II am Friedhof am Perlacher Forst begrabenen<br />

Justizopfer werden im Hauptteil dieser Publikation dargestellt. Ihre Lebensgeschichten<br />

sollen, soweit möglich, <strong>in</strong> die entsprechenden nationalen Widerstandszusammenhänge<br />

e<strong>in</strong>geordnet werden. E<strong>in</strong>ige Biographien betreffen eher Randbereiche der Widerstandsgeschichte.<br />

Sie zeigen, dass politische Verfolgung oft auch Menschen traf, die sich eher<br />

zufällig e<strong>in</strong>es politischen Vergehens <strong>in</strong> den Augen der nationalsozialistischen Justiz schuldig<br />

gemacht hatten. E<strong>in</strong>e Zuordnung der Personen nach Ländern erfolgt unter Zugrundelegung<br />

der Grenzen vor der Ausweitung des nationalsozialistischen Machtbereichs, also vor dem<br />

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