chancengleichheit im pflegebereich - gendernow......gender ...
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Würde die Fahrtzeit zur Gänze als Arbeitszeit gerechnet werden, würden die PflegerInnen für das<br />
gleiche Geld weniger arbeiten und ein 30 Stunden Job wäre nicht mehr eigentlich ein Vollzeitjob, so wie<br />
es Agnes Alt beschreibt.<br />
Um die Arbeitsleistung der PflegerInnen entsprechend zu honorieren, wäre aufgrund der teils<br />
schwierigen Arbeitsbedingungen bei den KundInnen zu Hause eine Erschwerniszulage angebracht.<br />
Hierfür müsste sich eine Interessenvertretung einsetzen. Auch eine Neuverhandlung des<br />
Kollektivvertrages wäre nach Meinung einiger InterviewpartnerInnen denkbar. Hierzu ein Hinweis: der<br />
BAGS-Kollektivvertrag wurde mit 1. Mai 2006 zur Satzung erklärt, wurde also gerade neu verhandelt.<br />
Im Zentrum des Kollektivvertrags steht ein Grundentlohnungsschema für das Pflegepersonal, das dem<br />
Berufsbild angepasst wurde. Ergänzend zur Gehaltstabelle werden in §31 Zulagen und Zuschläge<br />
angeführt, darunter auch die Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage (SEG-Zulage). Diese gebührt<br />
den ArbeitnehmerInnen aber nur dann, wenn die erschwerten Arbeitsbedingungen in der<br />
Betriebsvereinbarung <strong>im</strong> Sinne der Best<strong>im</strong>mungen des EstG best<strong>im</strong>mt sind. In Betrieben ohne<br />
Betriebsrat ist eine entsprechende Vereinbarung mit der jeweils zuständigen Gewerkschaft<br />
abzuschließen. Eine Forderung nach Neuverhandlung des Kollektivvertrags zeugt daher von einer<br />
gewissen Uninformiertheit der InterviewpartnerInnen. Sie sollten sich vielmehr für eine Neuverhandlung<br />
ihrer Betriebsvereinbarung einsetzen.<br />
Einige Pflegerinnen würden sich auch Informationen über die Entlohnung bei den verschiedenen<br />
Trägern wünschen. Derzeit wird die Interessenvertretung der Pflegekräfte aber eher als schwach<br />
beurteilt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass nur Wenige Mitglieder sind und die PflegerInnen sich<br />
aufgrund knapper Zeitressourcen nicht engagieren wollen, wie Anita Amon anmerkt. Die<br />
Einkommenssituation würde sich vermutlich durch einen steigenden Männeranteil verbessern, da<br />
Männern mehr Zeitressourcen für politisches Engagement zur Verfügung stehen.<br />
Vielleicht verbessert sich die Einkommenssituation aber auch von selbst, wie Bruno Binder glaubt, weil<br />
sich die junge Generation die schlechten Gehälter nicht mehr gefallen lässt und sich die Kultur in der<br />
Pflege in Richtung mehr Selbstvertrauen und weniger dienendem Selbstverständnis verändert. Dieser<br />
Wandel könnte durch die Ausbildung verstärkt werden. Insgesamt könnte eine Wertsteigerung der Pflege<br />
auch über eine Aufwertung der Ausbildung erfolgen, wie Anita Amon anregt:<br />
„Ich denke, ein Weg dorthin wäre, dass wirklich die Pflege mit Matura abschließt oder die Matura der<br />
Zugang, also dass da die Ausgangsposition geändert wird. Ich war vorige Woche oder vor eineinhalb<br />
Wochen war erst eine Enquete in Krems auf der FH, und es war für mich wieder erschreckend, dass die<br />
Politik sagt, wir brauchen nicht lauter Häuptlinge sondern Indianer, und ich weiß nicht, warum ein<br />
Indianer keine Matura haben darf.“ (Anita Amon: 11)<br />
Hier braucht es einen politischen Willen, den es bei Ergotherapie und Physiotherapie schon gegeben hat.<br />
Eine bessere Ausbildung würde auch das Selbstvertrauen heben.<br />
Als notwendig erachtet Bruno Binder auch mehr Selbstvertrauen des Pflegepersonals gegenüber<br />
ÄrztInnen. In der Hauskrankenpflege sind ÄrztInnen nicht Vorgesetzte der PflegerInnen, verhalten sich<br />
aber manchmal als solche.<br />
Reduktion körperlicher Belastungen<br />
Erstaunlicherweise wird das Problem körperlicher Belastungen von einer Fokusgruppe gar nicht<br />
angesprochen. Auf Nachfrage meinen die Frauen, dass in der Dienstplaneinteilung darauf geachtet wird,<br />
schwere PatientInnen unter den PflegerInnen aufzuteilen. Angelika Adam und Andrea Adler machen<br />
außerdem alle zweieinhalb Monate eine Woche Urlaub um sich zu regenerieren. Die Urlaubsplanung<br />
<strong><strong>gender</strong>now</strong>: Chancengleichheit <strong>im</strong> Pflegebereich. Wien, Nov. 2006. www.<strong><strong>gender</strong>now</strong>.at<br />
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