Final Report - KATER
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Endbericht Vegetationsszenarien – Quelleneinzugsgebiete der Stadt Wien<br />
7 SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
7.1 Zu erwartende Klimafolgen<br />
„Global change“ ist ein komplexes Phänomen, das nicht nur eine wahrscheinliche Klimaerwärmung<br />
sondern auch eine Reihe anderer Umweltveränderungen wie erhöhte Stickstoffdepositionen und<br />
steigenden CO2-Partialdruck in der Atmosphäre umfasst. Für den Wasserhaushalt des Karstsystems in<br />
den Nordöstlichen Kalkalpen werden alle diese Prozesse sowohl direkte als auch indirekte Folgen<br />
haben. Nur ein Teilaspekt dieses „Global change-Komplexes“, nämlich die über Vegetation und<br />
Böden vermittelten indirekten Folgen der Klimaerwärmung, war Gegenstand dieses<br />
Forschungsprojekts. Es sind daher auch keine Schlussfolgerungen über die direkten Konsequenzen<br />
eines veränderten Klimaregimes auf Qualität und Quantität der Karstquellwässer, etwa durch erhöhte<br />
Verdunstung bei gleichzeitig reduzierten Niederschlagsmengen oder durch höhere Frequenz von<br />
erosionsauslösenden Starkniederschlagsereignissen, möglich.<br />
7.1.1 Hochlagen<br />
Im Bereich der Hochlagen von Schneeberg, Raxalpe, Schneealpe und Hochschwab wird die<br />
Klimaerwärmung das räumliche Verbreitungsmuster von insgesamt mehr als 700 Pflanzenarten<br />
verändern. Konkrete Prognosen wurden im Rahmen dieser Studie für die 71 häufigsten krautigen und<br />
grasartigen Pflanzen erstellt, womit Schlussfolgerungen bezüglich der zu erwartenden Veränderung<br />
der Vegetationsdecke möglich wurden. Der weitaus überwiegende Teil dieser Arten wird eine mehr<br />
oder weniger drastische Reduktion der potentiellen Standorte erfahren. Das bedeutet für die<br />
betroffenen Arten nicht nur einen Rückgang der regionalen Populationsdichten, sondern auch eine<br />
zunehmende Aufsplitterung in räumlich getrennte Kleinpopulationen und einen damit verbundenen<br />
zusätzlichen Anstieg des lokalen und in weiterer Folgen auch regionalen Aussterberisikos. Aus der<br />
Sicht des Naturschutzes ist dieses Szenario insbesondere für eine Reihe von regional-endemischen<br />
Arten der Nordöstlichen Kalkalpen alarmierend.<br />
Der prognostizierte Habitatverlust vieler krautiger und grasartiger Pflanzen ist nur zum Teil eine<br />
direkte Folge des veränderten Klimaregimes. In vielen Fällen spielt Verdrängungskonkurrenz im<br />
Zusammenhang mit der erwärmungsbedingten Ausbreitung der Latsche in die bislang gehölzfreie<br />
Stufe die entscheidende Rolle. Während Verschiebungen in der Artenzusammensetzung der<br />
Rasenvegetation primär aus der Perspektive des Naturschutzes von Interesse sind, hat die<br />
Latschenausbreitung auch Auswirkungen auf den Karstwasserhaushalt. Der Formationswechsel<br />
bedingt ein Ansteigen der Interzeption und Evapotranspiration pro Flächeneinheit und die mit der<br />
Entwicklung von Latschengebüschen verbundene Humusakkumulation verbessert die Speicher- und<br />
Retentionsfähigkeit der Böden. Darüber hinaus wirken Latschen als „natürliche Schneefänger“, die<br />
über bestandesklimatisch bedingte Reduktion von Bodenfrösten auch eine flächig homogene und<br />
damit erosionsminimierende Infiltration des Schmelzwassers fördern (vgl. Kapitel 5.1.1 und Appendix<br />
Nr. 7). Insgesamt erfahren die Standorte damit eine Verbesserung der Quellschutzwirkung durch<br />
Pufferung von Niederschlägen im Bestand, Rückhalt im Boden und gleichmäßigere Infiltration.<br />
Zusammen führt das zu einer Verringerung der Erosionsanfälligkeit, höherer Filterwirkung und<br />
gleichmäßigerem Abfluss.<br />
Im Bereich der Hochlagen sind die Konsequenzen der Klimaerwärmung aus der Sicht des<br />
Naturschutzes und aus der Sicht des Quellschutzes also gegensätzlich zu beurteilen: überwiegend<br />
negativ in Bezug auf Aspekte der Biodiversität und des Artenschutzes, überwiegend positiv in Bezug<br />
auf den Karstquellwasserschutz. Ein wesentliches Ergebnis dieser Studie ist allerdings, dass sie ein<br />
konkreteres Bild bezüglich der zeitlichen Dimension entwickelt hat, mit der insbesondere der in den<br />
Hochlagen in beider Hinsicht maßgebliche Prozess der Latschenausbreitung abläuft. Die<br />
demographische Entwicklung der Latsche an der Waldgrenze ist ein derart langsamer Prozess, dass<br />
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