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Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

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10 49/2002 epd-Dokumentation<br />

Jugendlicher nach der Ölkrise 1973/74 an den<br />

Zielen der NSDAP festhielten <strong>und</strong> durch spektakuläre<br />

Aufmärsche auf einen w<strong>und</strong>en Punkt der<br />

demokratischen Entwicklung in Westdeutschland<br />

hinwiesen.<br />

Der Strukturwandel des organisierten Rechtsextremismus<br />

erhärtete die Annahme, dass die<br />

Rechtsaußen-Parteien NPD <strong>und</strong> DVU, eine Vielzahl<br />

neonazistischer Kleingruppen <strong>und</strong> ebenso<br />

viele sonstige Vereinigungen eine randständige,<br />

aber auch etablierte Randströmung des politischen<br />

Spektrums geworden waren. Die 1981 öffentlich<br />

breit diskutierte so genannte »Sinus-<br />

Studie« eines Heidelberger Umfrageinstituts kam<br />

zu dem Ergebnis, dass 13 Prozent der B<strong>und</strong>esbürger<br />

ein konsistentes rechtsextremes Weltbild<br />

aufwiesen - ein in Fachkreisen lange bekanntes<br />

Phänomen, das durch die öffentliche Debatte nun<br />

aber unabweisbar ein erhebliches gesellschaftli-<br />

***<br />

ches Potenzial des Rechtsextremismus in den<br />

Blickpunkt rückte. Die außerhalb der rechtsextremen<br />

Kernströmung 1984 erfolgte Gründung der<br />

Republikaner ergänzte dieses Bild von einer anderen<br />

Seite: Aus der konservativen Mitte heraus,<br />

in der bayerischen CSU hatte sich Protest entzündet<br />

an der Ostpolitik der Partei. Drei CSU-<br />

Abtrünnige gründeten die Republikaner, ihr Zugpferd<br />

Franz Schönhuber konnte mit populistischen<br />

Parolen süddeutsche Wirtshäuser füllen<br />

<strong>und</strong> die Grauzone zwischen Rechtskonservatismus<br />

<strong>und</strong> Rechtsextremismus verwischen. Noch<br />

heute haben sie Sitz <strong>und</strong> Stimme im Landtag von<br />

Baden-Württemberg.<br />

Die Republikaner galten zu Beginn der neunziger<br />

Jahre als aussichtsreichste Partei rechtsaußen, der<br />

auch längerfristig parlamentarische Erfolge zugetraut<br />

wurden. Maßgeblich für diese Einschätzung<br />

Forscher beklagen zunehmende Ausländerfeindlichkeit in Deutschland<br />

Berlin (epd). Die Deutschen kehren<br />

sich Sozialforschern zufolge<br />

zunehmend von gr<strong>und</strong>legenden<br />

Werten einer liberalen Gesellschaft<br />

ab. In der Einstellung gegenüber<br />

Ausländern, Juden, Homosexuellen,<br />

Behinderten, Obdachlosen<br />

<strong>und</strong> Straftätern mache<br />

sich ein »Klima der Vergiftung«<br />

breit, erklärte der Bielefelder Konfliktforscher<br />

Wilhelm Heitmeyer<br />

bei der Vorstellung einer repräsentativen<br />

Studie über »Deutsche<br />

Zustände« am 7. November in<br />

Berlin. B<strong>und</strong>estagspräsident<br />

Wolfgang Thierse (SPD) wertete<br />

die Sozial-Studie als »Dokument<br />

der Selbstaufklärung der deutschen<br />

Gesellschaft«.<br />

Nach der Umfrage <strong>unter</strong> mehr als<br />

2.700 B<strong>und</strong>esbürgern sind 55<br />

Prozent der Deutschen der Auffassung,<br />

dass es zu viele Ausländer<br />

in Deutschland gibt. 28 Prozent<br />

waren dafür, dass Ausländer<br />

zurück in ihre Heimat geschickt<br />

werden sollten, wenn Arbeitsplätze<br />

knapp werden. 16 Prozent<br />

äußerten die Meinung, dass »die<br />

Weißen zu recht führend in der<br />

Welt« seien. Weiter hätten 40<br />

Prozent der Befragten erklärt,<br />

dass diejenigen, die schon immer<br />

in der B<strong>und</strong>esrepublik leben,<br />

mehr Rechte haben sollten als<br />

Zugezogene.<br />

Thierse sagte zu der Studie, Politiker<br />

wie Journalisten hätten eine<br />

»unaufgebbare Verantwortung<br />

dafür, wie über solche gefährdeten<br />

Minderheiten geredet wird«.<br />

Das Beispiel der Zuwanderungsdebatte<br />

sei erschreckend genug.<br />

»Wer hier Ausländer nur als<br />

Problem oder Sicherheitsrisiko<br />

behandelt, bestätigt feindselige<br />

Mentalitäten.«<br />

Im Rahmen der auf zehn Jahre<br />

angelegten Langzeitstudie hatte<br />

das Bielefelder Institut für interdisziplinäre<br />

Konflikt- <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>forschung<br />

im Sommer dieses Jahres<br />

seine Umfrage gestartet. Bis<br />

2011 soll jährlich ein Report über<br />

»menschenfeindliche Mentalitäten«<br />

vorgelegt werden.<br />

71 Prozent der Befragten äußerten<br />

zudem die Ansicht, dass Muslime<br />

in Deutschland nicht nach ihren<br />

Glaubensgesetzen leben sollten.<br />

Für 53 Prozent sind Moscheen ein<br />

Zeichen dafür, dass der Islam<br />

seine Macht vergrößern wolle.<br />

Vorurteile gegenüber dem Islam<br />

ziehen sich Heitmeyer zufolge<br />

durch alle Bildungsschichten.<br />

Abwertende Einstellungen gegenüber<br />

Fremden, aber auch gegenüber<br />

Homosexuellen <strong>und</strong> Obdachlosen<br />

seien in Ostdeutschland<br />

nach wie vor besonders stark<br />

ausgeprägt, so der Forscher. Dagegen<br />

gebe es zwischen alten <strong>und</strong><br />

neuen B<strong>und</strong>esländern beim Thema<br />

Antisemitismus keine Unterschiede<br />

mehr.<br />

Hier hätten sich die Ostdeutschen<br />

bereits an die Westdeutschen<br />

angeglichen, die traditionell reservierter<br />

gegenüber Juden gewesen<br />

seien. Heute würden sich 22<br />

Prozent der Deutschen über zu<br />

viel Einfluss von Juden beklagen.<br />

Heitmeyer kritisierte in diesem<br />

Zusammenhang ausdrücklich,<br />

dass die Schändungen jüdischer<br />

Friedhöfe sich seit den 70er Jahren<br />

verdoppelt hätten.<br />

(epd-Basisdienst, 7.11.02)

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