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Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

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24 49/2002 epd-Dokumentation<br />

von Auszubildenden in Betrieben werden während<br />

ihrer Ausbildung durch ein Programm politischer<br />

Bildung begleitet, das auf die Schlüsselprobleme<br />

der beruflichen <strong>und</strong> politischen Sozialisation<br />

bezogen ist. Das Projekt findet in Kooperation<br />

mit der RAA Brandenburg <strong>und</strong> der DGB-<br />

Bildungsstätte Flecken Zechlin statt. Die Seminarveranstaltungen<br />

verfolgen das Ziel, den <strong>Jugendlichen</strong><br />

einen Ort für die reflexive Bewältigung der<br />

Statuspassage zwischen Schule <strong>und</strong> Beruf zu<br />

bieten. Auf diesem Weg soll verhindert werden,<br />

dass die für diese Lebensphase typische Identitätskrise<br />

durch fremdenfeindliche Projektionen<br />

<strong>und</strong> rechte Stärke-Fantasien bewältigt wird.<br />

Der Lebensabschnitt »Ausbildung« stellt die <strong>Jugendlichen</strong><br />

vor neue Anforderungen <strong>und</strong> Zwänge,<br />

er ist begleitet von Zukunfts- <strong>und</strong> Versagensängsten.<br />

Für die politische Bildung mit Auszubildenden,<br />

will sie diese erreichen, bedeutet das: sie<br />

muss politische Identitätsbildung in den Kontext<br />

des Erfahrungsbereichs »Arbeit« stellen.<br />

Sie muss kognitive Entwicklungen mit moralischem<br />

Lernen verbinden. Sie muss die Grenzen<br />

bloßer »Kurzzeitpädagogik« überwinden <strong>und</strong><br />

sollte Jugendliche über längere Zeiträume begleiten.<br />

Das Projekt erstreckt sich über drei Jahre <strong>und</strong><br />

umfasst insgesamt zehn Veranstaltungen. Im<br />

ersten Jahr stehen Themen zum Berufseinstieg<br />

<strong>und</strong> der Arbeitserfahrung im Mittelpunkt. Den<br />

Schwerpunkt des zweiten Jahres bilden die Veranstaltungen<br />

zum Thema »Heimat« <strong>und</strong> »Heimat<br />

Deutschland«. Im dritten Jahr sollen, vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Rückblicks auf die Ausbildung<br />

<strong>und</strong> der persönlichen Zukunftsplanung, Wertebildung<br />

z.B. an Themen wie »Film(helden)« <strong>und</strong><br />

»Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit« bearbeitet werden. Die<br />

Auszubildenden werden motiviert, sich reflexiv<br />

mit ihrer Lebenssituation <strong>und</strong> den neuen Problemlagen<br />

der Berufsausbildung auseinander zusetzen<br />

<strong>und</strong> sich in der Gruppe diskursiv darüber<br />

auszutauschen. Diese Erfahrung wird von den<br />

beteiligten <strong>Jugendlichen</strong> als besonders wichtig<br />

empf<strong>und</strong>en. Die Arbeit in den Seminaren ermöglicht<br />

den Auszubildenden, Erfahrungen zu machen,<br />

die als Korrektiv gegen die Bereitschaft zu<br />

Ausgrenzungsverhalten wirken sollen.<br />

Die Erfahrungen mit dem Projekt zeigen, dass<br />

dem Mangel an Demokratieverständnis wirkungsvoll<br />

durch mehr praktisch gelebte <strong>und</strong> auch<br />

von diesen <strong>Jugendlichen</strong> erlebte Demokratie begegnet<br />

werden kann. Demokratische Werte,<br />

Strukturen <strong>und</strong> Umgangsformen werden dann<br />

nachhaltig eingeübt, wenn sie generell als Gr<strong>und</strong>lagen<br />

des Lernprozesses praktiziert werden. Die<br />

notwendigen bildungspolitischen Reformen sollten<br />

daher, wie die Gewerkschaft Erziehung <strong>und</strong><br />

Wissenschaft fordert, vordringlich Rahmenbedingungen<br />

für die Entwicklung einer demokratischen<br />

Lernkultur in Kindergarten, Schule <strong>und</strong> Ausbildung<br />

schaffen.<br />

Projektarbeit <strong>und</strong> demokratische Lernkultur<br />

Wie könnte/müsste Schule <strong>und</strong> außerschulische<br />

politische Bildung verändert werden, um präventiv<br />

der Anfälligkeit gegenüber rechten Denk- <strong>und</strong><br />

Verhaltensmustern wirksamer begegnen zu können?<br />

Bewährte Konzepte der Reformpädagogik sind<br />

weiterhin aktuell, sie werden im pädagogischen<br />

Alltag jedoch noch immer viel zu wenig praktiziert.<br />

Vor allem Projektarbeit ermöglicht:<br />

- die Verbesserung des Lern- <strong>und</strong> Schulklimas<br />

durch Gestaltung von Schule als Erlebnis- <strong>und</strong><br />

Erfahrungsraum<br />

- die Forderung von Mündigkeit durch Mitbestimmung<br />

über Unterrichtsinhalte <strong>und</strong> Lernmethoden<br />

- interaktives <strong>und</strong> ganzheitliches Lernen in<br />

kleinen Gruppen<br />

- die Entwicklung von Kritikfähigkeit,<br />

- die Forderung von Empathie, Team- <strong>und</strong><br />

Kommunikationsfähigkeit,<br />

- eigenverantwortliches Arbeiten <strong>und</strong> Lernen,<br />

- die Stärkung von Persönlichkeit <strong>und</strong> Identität<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für Offenheit <strong>und</strong> Toleranz. Nur<br />

wer Selbstwertgefühl besitzt <strong>und</strong> Anerkennung<br />

erfahren hat, ist fähig, andere anzuerkennen<br />

<strong>und</strong> Anderssein zu tolerieren.<br />

Einstellungs- <strong>und</strong> Verhaltensänderungen der an<br />

Projektarbeit beteiligten <strong>Jugendlichen</strong> lassen sich<br />

nur zu einem kleinen Teil unmittelbar nach Abschluss<br />

eines Projektes wahrnehmen. Die Aneignung<br />

von Kenntnissen <strong>und</strong> soliden Fakten ist für<br />

die historisch-politische Bildung unverzichtbar,<br />

doch durch Lehrbuch- <strong>und</strong> Kathederpädagogik<br />

kann sich individuelles Bewusstsein nicht verändern.<br />

Immer muss das Begreifen von Inhalten mit<br />

Erleben <strong>und</strong> Begegnung, mit Hand, Kopf <strong>und</strong><br />

Herz einhergehen, wie es die Reformpädagogik<br />

gefordert hat. Es findet viel bemerkenswert gute<br />

Projektarbeit in <strong>und</strong> außerhalb unserer Schulen<br />

statt. Diese erfordert jedoch überdurchschnittliches<br />

Engagement <strong>und</strong> hohe fachliche Kompetenz<br />

der Lehrer. Nicht zuletzt scheitern Projekte oft

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