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Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

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dokumentarischen Überreste der NS-Geschichte<br />

zu bewahren <strong>und</strong> die letzten noch lebenden Zeitzeugen<br />

zu befragen.<br />

Die über 60 Gedenkstätten zur Erinnerung an die<br />

Opfer des Nationalsozialismus im B<strong>und</strong>esgebiet<br />

können die große Nachfrage nach Führungen <strong>und</strong><br />

pädagogischer Betreuung nicht einmal hinreichend<br />

befriedigen. Kritiker sprechen gar von<br />

einer »Inflation des Gedenkstättenwesens«, die im<br />

Endeffekt eher »gegenaufklärerisch« wirke. Die<br />

Gedenkstätten vernachlässigten historische Kontexte<br />

<strong>und</strong> setzten durch die Fokussierung auf die<br />

Opferperspektive, insbesondere die Erinnerung an<br />

die Shoah, mehr auf emotionale Betroffenheit als<br />

auf das Verstehen komplexer Ursachen. Die Gedenkstätten<br />

sind in den vergangenen Jahren zu<br />

historischen Spezialmuseen geworden, in denen<br />

mit wissenschaftlicher Akribie <strong>und</strong> durch einen<br />

Stab professioneller Historiker beachtliche neue<br />

Ausstellungen <strong>und</strong> Archive aufgebaut wurden.<br />

Indes überfordern diese nicht selten den Horizont<br />

des Normalbesuchers, insbesondere den der <strong>Jugendlichen</strong>.<br />

Es sind jedoch gerade diese <strong>Jugendlichen</strong>, mit<br />

denen politisch stets als Zielgruppe argumentiert<br />

wird. Die <strong>Jugendlichen</strong> der dritten <strong>und</strong> jetzt<br />

schon vierten Generation sind jedoch hauptsächlich<br />

Objekte von Belehrung, nicht den Lernprozess<br />

mitentscheidende <strong>und</strong> mitgestaltende Akteure<br />

im Lernprozess. Anders als Lehrer <strong>und</strong> Bildungspolitiker<br />

es sich vorstellen, erleben Schüler<br />

Unterricht <strong>und</strong> auch Gedenkstättenbesuche<br />

überwiegend passiv- rezeptiv statt diskursiv,<br />

problemerörternd <strong>und</strong> an ihren Interessen orientiert.<br />

Dies gilt nicht nur für die neuen, sondern<br />

auch die alten B<strong>und</strong>esländer. Deutsche Gedenkstättenpädagogik<br />

ist trotz einer flächendeckenden<br />

Vielfalt von Orten <strong>und</strong> thematischen Ansätzen<br />

in den Formen der Vermittlung sehr gleichförmig:<br />

Die vorherrschende Form der Besucherbetreuung<br />

insgesamt ist die ein- bis zweistündige<br />

Führung in Großgruppen, gelegentlich mit anschließendem<br />

Gesprächs- oder einem Filmangebot.<br />

Die Angebote für jugendliche Besucher bestehen<br />

ebenso weitgehend in gelenkter Kurzzeitpädagogik:<br />

Aufklärung <strong>und</strong> Belehrung durch<br />

Führungen, Vortrage, Filme, Lesemappen, Arbeitsbögen.<br />

Fazit: viele fertige Antworten - wenig<br />

offene Fragen. Angebote von Studien- oder Projekttagen,<br />

die von jugendlichen Besuchern antizipativ<br />

mitgestaltet werden, die eigenständiges<br />

Entdecken, Lernen zum individuellen Erkenntnisgewinn,<br />

oder gar die Mitgestaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />

von historischen Erinnerungsorten<br />

ermöglichen, gibt es verschwindend wenig.<br />

epd-Dokumentation 49/2002 23<br />

Ursachen von Rechtsextremismus im Osten<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten der Prävention<br />

Das Problem des im Osten in Erscheinung tretenden<br />

Rechtsextremismus hat nach Meinung eines<br />

Experten der ostdeutschen Szene, Bernd Wagner,<br />

denn auch andere Ursachen als Wissensdefizite<br />

über den Nationalsozialismus. »Rechte« Einstellungen<br />

sind über den engen Kreis der jugendlichen<br />

<strong>Gewalt</strong>täter hinaus in weiten Teilen der<br />

Bevölkerung manifest <strong>und</strong> werden direkt an Jugendliche<br />

vermittelt.<br />

Eine FORSA-Umfrage vom Mai /Juni 1998 stellte<br />

bei 17 Prozent der über 14-Jahrigen in Ostdeutschland<br />

rechtsextreme Einstellungspotenziale<br />

fest. B<strong>und</strong>esweit betrug der Anteil 13 Prozent. Als<br />

Gründe für den Ost-West-Unterschied wurden<br />

nicht Arbeits- <strong>und</strong> Perspektivlosigkeit der <strong>Jugendlichen</strong><br />

benannt, sondern vor allem die<br />

Nachwirkungen DDR-spezifischer autoritärer<br />

Sozialisationsmuster in Familie, Kindergarten <strong>und</strong><br />

Schule, d.h. der Mangel an demokratischen<br />

Strukturen, Einstellungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen,<br />

sowie Feindbildorientierung.<br />

Als überdurchschnittlich anfällig für rechtsextremes<br />

Gedankengut erweisen sich - in Ost <strong>und</strong><br />

West - nach wie vor männliche Jugendliche <strong>und</strong><br />

Heranwachsende mit geringem Bildungsniveau,<br />

d.h. die so genannten Bildungsbenachteiligten in<br />

der Berufsausbildung. Diese Gruppe wird durch<br />

Aufklärungspädagogik über Nationalsozialismus<br />

<strong>und</strong> Holocaust im Alter der Pubertät kaum oder<br />

gar nicht erreicht. Hier sind interaktive, erlebnis<strong>und</strong><br />

erfahrungsorientierte Lernformen gefragt<br />

sowie Kommunikationstraining, Konfliktbearbeitung<br />

<strong>und</strong> die kritische Auseinandersetzung mit<br />

männlichen Leitbildern <strong>und</strong> Werten. Für diese<br />

<strong>Jugendlichen</strong> sind bisher kaum geeignete Unterrichtsmaterialien<br />

oder didaktisch-methodische<br />

Modelle zur wirksamen Bearbeitung autoritärer<br />

<strong>und</strong> fremdenfeindlicher Einstellungen entwickelt<br />

worden. Auch entsprechende Angebote der Gedenkstätten<br />

sind rar.<br />

Das Projekt »Heimat« ist eines der ganz wenigen<br />

nachweislich erfolgreichen Langzeitprojekte, das<br />

die pädagogische Bearbeitung fremdenfeindlicher<br />

Einstellungen bei eben dieser gefährdeten Klientel,<br />

Berufsschülern <strong>und</strong> Auszubildenden in Brandenburg<br />

zum Ziel hat. Es wurde von dem Berliner<br />

Verein »Forum Arbeit« auf Gr<strong>und</strong> langjähriger<br />

Erfahrungen in der evangelischen Berufsschularbeit<br />

entwickelt <strong>und</strong> auf die spezielle Problemsituation<br />

von Auszubildenden <strong>und</strong> jungen Arbeitern<br />

zugeschnitten: Berufsschulklassen <strong>und</strong> Gruppen

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