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Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

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22 49/2002 epd-Dokumentation<br />

nien <strong>und</strong> Lehrplänen sowie den Empfehlungen<br />

der Ständigen Konferenz der Kultusminister<br />

(KMK) abgelesen werden. Anlässlich der Proklamation<br />

des 27. Januar zum Gedenktag für die<br />

Opfer des Nationalsozialismus im Januar 1996<br />

veröffentlichte die KMK in deutscher <strong>und</strong> englischer<br />

Sprache eine Dokumentation »Zur Auseinandersetzung<br />

mit dem Holocaust in der Schule«<br />

offensichtlich als Antwort auf die nach der Vereinigung<br />

immer wieder im Ausland geäußerte Sorge,<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland würde die<br />

Erinnerung an die NS-Vergangenheit nun vernachlässigen.<br />

Mit Verweis auf ihre zahlreichen,<br />

seit 1950 kontinuierlich ergangenen Empfehlungen<br />

<strong>unter</strong>streicht die KMK damit, dass die intensive<br />

Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus<br />

<strong>und</strong> dem Holocaust für die Bildung <strong>und</strong><br />

Erziehung in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

eine zentrale erzieherische Aufgabe bleibt <strong>und</strong><br />

überhaupt nicht in Frage gestellt wird. Der Unterricht<br />

über den Nationalsozialismus wird dabei<br />

stets in den Zusammenhang der Vermittlung demokratischer<br />

Gr<strong>und</strong>werte auf der Basis der Menschen-<br />

<strong>und</strong> Bürgerrechte gestellt, die im Gr<strong>und</strong>gesetz<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik an erster Stelle stehen.<br />

Nationalsozialismus in den Rahmen- <strong>und</strong><br />

Lehrplänen der neuen B<strong>und</strong>esländer<br />

Direkt nach der Wende wurden in den Neuen<br />

B<strong>und</strong>esländern zunächst Lehrpläne <strong>und</strong> Schulbücher<br />

ihrer jeweiligen West-Partnerländer entweder<br />

übernommen oder weitgehend adaptiert.<br />

Inzwischen wurden mehrmals Revisionen vorgenommen.<br />

Die aktuellsten Überarbeitungen, die<br />

seit 1999 diskutiert <strong>und</strong> erprobt werden, sind<br />

trotz landesspezifischer Gewichtungen <strong>und</strong> Unterschiede<br />

relativ einheitlich hinsichtlich der Vorstellungen,<br />

was Schüler im historisch-politischen<br />

Unterricht lernen sollen. Die Lehrpläne aller B<strong>und</strong>esländer<br />

schreiben Nationalsozialismus <strong>und</strong><br />

Zweiten Weltkrieg für die 9. oder 10. Jahrgangsklasse<br />

vor. In der Sek<strong>und</strong>arstufe II, Jahrgangsstufen<br />

11-13 einschließlich der Fachoberschulen<br />

bzw. berufsbildenden Schulen, wird die Thematik<br />

erneut aufgegriffen <strong>und</strong> vertieft, etwa im Vergleich<br />

zu anderen totalitären Herrschaftsformen.<br />

Häufig wird in den Rahmenplänen auch auf fächerverbindende<br />

<strong>und</strong> interdisziplinäre methodische<br />

Möglichkeiten aufmerksam gemacht, die das<br />

Thema im Literatur<strong>unter</strong>richt, auch in den<br />

Fremdsprachen, in den Fächern Religion, Ethik,<br />

Philosophie, Biologie oder Kunst <strong>und</strong> Musik bietet.<br />

Ausstellungs- <strong>und</strong> Gedenkstättenbesuche<br />

werden nicht verordnet, aber empfohlen, ebenso<br />

wie Methodenvielfalt <strong>und</strong> Projekt<strong>unter</strong>richt. An-<br />

reize für über den Unterricht hinausreichende<br />

Projekte bieten zudem die von Landeszentralen<br />

<strong>und</strong> der B<strong>und</strong>eszentrale für politische Bildung<br />

immer wieder ausgeschriebenen Wettbewerbe.<br />

Als überdurchschnittlich anfällig für<br />

rechtsextremes Gedankengut<br />

erweisen sich - in Ost <strong>und</strong> West - nach wie<br />

vor männliche Jugendliche <strong>und</strong> Heranwachsende<br />

mit geringem Bildungsniveau,<br />

d.h. die so genannten Bildungsbenachteiligten<br />

in der Berufsausbildung. Diese Gruppe<br />

wird durch Aufklärungspädagogik über<br />

Nationalsozialismus <strong>und</strong> Holocaust im Alter<br />

der Pubertät kaum oder gar nicht erreicht.<br />

In den Richtlinien <strong>und</strong> Lehrplänen der fünf neuen<br />

B<strong>und</strong>esländer sind selbstverständlich auch die<br />

<strong>unter</strong>richtliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus<br />

<strong>und</strong> dem Völkermord an den Juden für<br />

die Sek<strong>und</strong>arstufe verbindlich vorgeschrieben. In<br />

den neuen Lehrplänen zeigt sich deutlich eine<br />

Schwerpunktverschiebung auf jüdische Geschichte<br />

<strong>und</strong> den Holocaust. Holocaust <strong>und</strong> Shoah<br />

sind inzwischen durchgängig verwendete<br />

Fachtermini. Andere NS-Verbrechen wie der<br />

Massenmord an Sinti <strong>und</strong> Roma, geistig <strong>und</strong> körperlich<br />

Behinderten, Polen <strong>und</strong> Russen, sowie<br />

zahlreichen Angehörigen anderer Nationen, sowie<br />

die Rolle der Zwangsarbeit werden meist nur<br />

marginal, selten vertieft im Unterricht behandelt.<br />

Bedenklich ist die <strong>unter</strong> dem Einfluss amerikanischer<br />

<strong>und</strong> israelischer Holocaust-Programme zunehmend<br />

festzustellende Herauslösung des »Holocaust«<br />

aus dem historischen Gesamtzusammenhang<br />

<strong>und</strong> die Reduzierung der NS-Ideologie auf<br />

den Antisemitismus. Dies führt erkennbar zu<br />

einer Hierarchisierung der Opfer, wodurch<br />

zugleich eine ambivalente Botschaft vermittelt<br />

wird, dass zwischen »wichtigen« <strong>und</strong> »weniger<br />

wichtigen« Opfern <strong>unter</strong>schieden wird. Dem<br />

Fortleben rassistischer Wertungen wird dadurch -<br />

gewollt oder ungewollt - Vorschub geleistet.<br />

Außerschulische politische Bildung <strong>und</strong><br />

Gedenkstätten<br />

Auch in der außerschulischen politischen Bildung<br />

nimmt die Auseinandersetzung mit den Verbrechen<br />

des Nationalsozialismus im Rahmen von<br />

internationalen Jugendbegegnungen, Seminaren,<br />

Studienfahrten <strong>und</strong> Gedenkstättenbesuchen breiten<br />

Raum ein. Die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

ist längst kein Entwicklungsland der Erinnerungskultur<br />

mehr. Lokal <strong>und</strong> regional sind unzählige<br />

Initiativen am Werk, die steinernen <strong>und</strong>

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