20.04.2013 Aufrufe

Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

26 49/2002 epd-Dokumentation<br />

gründlich <strong>und</strong> über einen längeren Zeitraum<br />

stattfinden.<br />

Anfang 1997 begannen die RAA mit der Entwicklung<br />

von Bildungsbausteinen zur »Auseinandersetzung<br />

mit Rechtsextremismus im Unterricht«<br />

um LehrerInnen <strong>und</strong> PädagogInnen, Hintergr<strong>und</strong>wissen,<br />

Argumentationshilfen <strong>und</strong> didaktisch<br />

aufbereitete Unterrichtsmaterialien zu mit<br />

Rechtsextremismus zusammenhängenden Themen<br />

zur Verfügung zu stellen, um das Aufgreifen<br />

von Themen zu erleichtern, die rechtsextrem<br />

orientierte Jugendliche zum Teil erfolgreich besetzen.<br />

Die im Rahmen des Projekts entwickelten<br />

Materialien zu 28 Bildungsbausteinen wollen eine<br />

Lücke im bisherigen Angebot von Unterrichtsmaterialien<br />

zur Thematik Rechtsextremismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> speziell für ein<br />

»neues« B<strong>und</strong>esland wie Brandenburg schließen.<br />

Sie knüpfen an Interessen, Bedürfnissen <strong>und</strong> Gefühlen<br />

Jugendlicher an <strong>und</strong> stellen, soweit das<br />

Thema das nahe legt, möglichst lokale oder regionale<br />

Bezüge her. Methodisch werden interaktive<br />

Lernformen vorgeschlagen, die Jugendliche zur<br />

Artikulation von Fragen, der eigenen Meinung,<br />

zum Austragen von Meinungsverschiedenheiten<br />

sowie zum Perspektivwechsel anregen. Die Bildungsbausteine<br />

umfassen Themenbereiche, die<br />

für rechtsextremes Denken bzw. Verhalten eine<br />

große Rolle spielen: Nationalismus <strong>und</strong> die Frage<br />

der »deutschen Identität«, <strong>Gewalt</strong>, <strong>Rassismus</strong>,<br />

Zuwanderung <strong>und</strong> »Ausländer«-Thematik, Verharmlosung,<br />

Aufwertung oder Idealisierung des<br />

Nationalsozialismus sowie die Anziehungskraft<br />

<strong>und</strong> Ästhetik rechtsextremer Jugendkultur.<br />

Die Verbreitung <strong>und</strong> Nutzung der Materialien an<br />

Schulen Brandenburgs entsprach allerdings nicht<br />

den Erwartungen. Eine Digitalisierung <strong>und</strong> Bereitstellung<br />

der Materialien im Internet konnte<br />

nicht realisiert werden; nur vier Bausteine wurden<br />

in verkürzter Form für die RAA Website aufbereitet.<br />

Ebenso fehlten Geld <strong>und</strong> Fachkräfte, um<br />

die Materialien zu aktualisieren <strong>und</strong> zu ergänzen.<br />

In Sachsen-Anhalt entwickelte der Verein »Miteinander<br />

e.V.« ähnliche Projektarbeit gegen<br />

Rechtsextremismus <strong>und</strong> Fremdenfeindlichkeit,<br />

dem jedoch als »linkslastig« verdächtigt von der<br />

neuen CDU - Landesregierung, im Frühjahr 2002<br />

die Förderung entzogen wurde. Auch in Sachsen<br />

<strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern <strong>und</strong> Thüringen<br />

gibt es Initiativen <strong>und</strong> Projekte zur Prävention<br />

von Rechtsextremismus <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>, allerdings<br />

keine vergleichbaren Strukturen wie den RAA-<br />

Verb<strong>und</strong> <strong>und</strong> das von der brandenburgischen<br />

Landesregierung 1998 verabschiedete Handlungs-<br />

konzept »Tolerantes Brandenburg - gegen Rechtsextremismus,<br />

Fremdenfeindlichkeit <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>«,<br />

mit dem die Rahmenbedingungen für Beratung,<br />

Prävention <strong>und</strong> Aktionsbündnisse geschaffen<br />

wurden.<br />

Interkulturelles Lernen ist bei allem guten Willen<br />

in den neuen B<strong>und</strong>esländern mit erheblichen<br />

Problemen konfrontiert: Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

haben kaum Gelegenheit, andere Kulturen kennen<br />

zu lernen, als Nachbarn oder in der Schule<br />

gemeinsam mit Gleichaltrigen aus Migrantenfamilien<br />

zu leben <strong>und</strong> zu lernen. Das tägliche Miteinander,<br />

das Aushandeln von Regeln des Zusammenlebens,<br />

das in den alten B<strong>und</strong>esländern<br />

vielerorts in Klassen mit multikultureller <strong>und</strong><br />

multiethnischer Zusammensetzung Normalität ist,<br />

findet hier nicht statt. Gelegentliche internationale<br />

Begegnungen können dieses Defizit an Erfahrungen<br />

nicht ausgleichen.<br />

Toleranz- <strong>und</strong> Menschenrechtserziehung –<br />

ein Desiderat<br />

Bereits 1980 verabschiedete die Kultusministerkonferenz<br />

eine »Empfehlung zur Förderung der<br />

Menschenrechtserziehung in der Schule«, in der<br />

ausdrücklich auch die Unterstützung der Bereitschaft,<br />

sich für die Verwirklichung der Menschenrechte<br />

einzusetzen, als Unterrichtsziel gefordert<br />

wird. 1990 <strong>und</strong> 1998 wurden Evaluationen über<br />

die Realisierung der Menschenrechtserziehung in<br />

den Schulen durchgeführt. Die Ergebnisse waren<br />

mehr als dürftig. Bruchstückhaft <strong>und</strong> einseitig<br />

sind die Kenntnisse deutscher Schüler über Menschenrechte.<br />

Menschenrechtserziehung ist bisher<br />

seltene Ausnahme an deutschen Regelschulen.<br />

Ermutigende Beispiele finden sich lediglich an<br />

Unesco-Projektschulen, in Projekten von Nichtregierungsorganisationen<br />

oder freien Trägern<br />

politischer Bildung. Kenntnisse über die Menschenrechte<br />

waren nach einer Befragung selbst<br />

bei heutigen Studierenden der Schulpädagogik an<br />

der Universität Trier nur rudimentär nachweisbar,<br />

aktives Engagement für die Einhaltung der Menschenrechte<br />

verneinten 62,1 Prozent. Erst im Mai<br />

2001 wurde an der Universität Magdeburg der<br />

erste Unesco-Lehrstuhl für Menschenrechtserziehung<br />

in Deutschland eingerichtet, von dem man<br />

sich Impulse für Toleranzerziehung <strong>und</strong> Prävention<br />

gegen Rechtsextremismus versprach.<br />

Das Beispiel des Umgangs mit dem Verein Miteinander<br />

e.V. in Sachsen-Anhalt lässt befürchten,<br />

dass nach dem Pisa-Schock Menschenrechtserziehung<br />

infolge des feststellbaren bildungspoliti-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!