21.07.2013 Aufrufe

analytik und die dialektik der substanz

analytik und die dialektik der substanz

analytik und die dialektik der substanz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

-— 102 —<br />

Das grammatikalische Argument, daß ein Merkmal als Attribut<br />

ausgedrückt werden kann, vermag nichts darüber zu unterscheiden, ob<br />

das damit verb<strong>und</strong>ene Urteil ein analytisch o<strong>der</strong> ein synthetisches Urteil a<br />

priori sei. Dies sagt Kant in <strong>der</strong> Streitschrift gegen Eberhard, <strong>und</strong> das zeigt<br />

Kant im Obersten Gr<strong>und</strong>satz aller analytischen Urteile anhand <strong>der</strong><br />

Verwendung des gleichen inhaltlichen Beispiels (<strong>die</strong> Ungelahrtheit des<br />

Menschen) sowohl zur Demonstration für Sätze mit möglicher<br />

Zeitbedingung (ein synthetisches Urteil: Ein unglehrter Mensch ist nicht<br />

zugleich gelehrt) wie für <strong>die</strong> Demonstration von Sätzen über<br />

klassenlogischen Verhältnissen, <strong>die</strong> notwendigerweise keine<br />

Zeitbedingungen grammatikalisch zulassen (ein analytisches Urteil: Kein<br />

ungelahrter Mensch ist gelehrt).<br />

Was <strong>die</strong> Konsequenzen aus den Überlegungen des Obersten Gr<strong>und</strong>satzes<br />

aller analytischer Urteile angeht, gibt es aber eine Annäherung <strong>der</strong><br />

Standpunkte: Obwohl <strong>die</strong> Demonstration <strong>der</strong> Überlegungen Kants im<br />

Obersten Gr<strong>und</strong>satz aller analytischen Urteile nicht als geglückt bezeichnet<br />

werden kann, geht doch hervor, was seine Absicht war, darzustellen: Ein<br />

analytisches Urteil ist eines, daß ohne Zeitbedingung, d.h. ohne Beziehung<br />

auf ein an<strong>der</strong>es Dasein (o<strong>der</strong> auch ohne reine Anschauung!) möglich ist.<br />

Gerade <strong>die</strong> wesenslogisch unverständlich bleibende Verwendung des<br />

gleichen Begriffes <strong>der</strong> Ungelahrtheit in beiden Beispielssätzen kann nur<br />

bedeuten, daß Kant gar nicht in den Sinn gekommen ist, den obersten<br />

analytischen Gr<strong>und</strong>satz etwa wesenslogisch zu begründen, obwohl er<br />

<strong>der</strong>gleichen Argumente anführt. Vielmehr ist es für <strong>die</strong> formale Logik<br />

selbst als gleichgültig anzusehen, ob <strong>die</strong> Ungelahrtheit nun ein<br />

wesenskonstituierendes Merkmal ist o<strong>der</strong> nicht. Ich werde versuchen zu<br />

zeigen, daß Kant hier <strong>die</strong> Wesensfrage auf <strong>die</strong> Form <strong>der</strong> Logik beschränkt<br />

hat. Kant wi<strong>der</strong>spricht mit seiner Behandlung <strong>der</strong> Zeitbedingung des<br />

principiums contradictionis nicht so sehr Aristoteles, als daß er eine<br />

Unterscheidung interpretiert, <strong>die</strong> Aristoteles in einem an<strong>der</strong>en<br />

Zusammenhang selbst getroffen hat. Die verschiedenen Formulierungen<br />

von Aristoteles scheinen zu zeigen, daß in <strong>der</strong> Logik auf <strong>die</strong> Bedingung<br />

des Zugleichseins zur Formulierung des principium contradictionis unter<br />

bestimmten Umständen verzichtet werden kann:<br />

(1) »Dasselbe kann demselben unter demselben Gesichtspunkt nicht<br />

zugleich zukommen <strong>und</strong> nicht zukommen.«<br />

(2) »Gutsein sei A, nicht gut sein sei B ..., jedem wird dann entwe<strong>der</strong> A<br />

o<strong>der</strong> B zukommen <strong>und</strong> keinem <strong>die</strong> beiden.«

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!