daunlots 60 - Sauerlandmundart
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4. Rechtskurs im Künstlerkreis und Durchbruch zum Erfolg<br />
Innerhalb des SAUERLÄNDER HEIMATBUNDES stand GEORG NELLIUS wie seine Freundin<br />
JOSEFA BERENS-TOTENOHL und seine bevorzugte „vaterländische“ Liedtextautorin MARIA<br />
KAHLE auf Seiten des völkisch ausgerichteten Flügels (→V). Nach dem Ausscheiden des<br />
katholischen Friedensbund-Aktivisten JOSEF RÜTHER (Blömeke 1992), der den Rechtsaußenflügel<br />
als religionsfeindlich betrachtet hatte, stieg sein Stern in der Heimatbewegung steiler<br />
nach oben. In dem von NELLIUS 1928/29 maßgeblich initiierten „Sauerländischen Künstlerkreis“<br />
gab es weltanschauliche Konflikte, die wohl auch den Hintergrund zur Distanzierung<br />
der streng katholischen Tendenzschriftstellerin ANNA KAYSER aus Hespecke bei Elspe bilden.<br />
Zur persönlichen bzw. kirchlichen Frömmigkeit von NELLIUS enthalten die biographischen<br />
Zeugnisse – abgesehen von seiner wiederholten Berufung auf die Ursprünglichkeit der<br />
sakralen Kunst („ars sacra“) – so gut wie keine Hinweise. 1929 hoffte der Neheimer Pfarrer<br />
Mülting, dass NELLIUS, der sich „bislang nicht als eifriger Katholik betätigt“ habe, durch<br />
seine Wahl zum Organisten „wieder religiöser wird“. Als „göttliche Mission des Künstlers“<br />
galt es dem Musiker zu dieser Zeit, „das Wesen seiner Volkschaft“ leuchten zu lassen.<br />
Unbekannt sind die Quellen, auf deren Grundlage Ludwig Kleffmann in einer Gedenkstunde<br />
viel später meint, NELLIUS „habe die Musik als Auftrag Gottes betrachtet und sich in Neheim<br />
dafür ein Instrument gebaut zu des Allerhöchsten Ehre“ (Westfalenpost Neheim-Hüsten,<br />
5.11.1962). Erwiesen ist hingegen, dass NELLIUS schon seit dem ersten Weltkrieg Musik<br />
immer wieder als Instrument zum Transport seiner nationalistischen und völkischen<br />
Anschauungen benutzte.<br />
In seinem im Oktober 1930 veröffentlichten Vortrag „Kunst als Grundkraft der Heimatbewegung“<br />
(Nellius 1930*) bietet G. NELLIUS ein Programm für den Künstlerkreis an und<br />
spricht von einer geistigen „Wandlung“ bzw. Wende im SAUERLÄNDER HEIMATBUND. Er<br />
betont die „Evolution der kernhaften gesunden Stammeskultur in eine umfassende<br />
Vaterlandskultur unter Wahrnehmung und stärkster Betonung der Stammes-Eigenart“, sieht,<br />
wie „der weltkrieg-kranke deutsche Volkskörper aus seinen früher fast bedeutungslos<br />
erscheinenden Organen die Gesundungsfermente“ zieht und stellt dem „Negerblut“ im Jazz<br />
die „vitalen Kräfte unverbrauchten Heimatblutes“ gegenüber. Man ahnt bereits, dass der<br />
spätere Nationalsozialist NELLIUS, dem eine „Führernatur“ 47 bescheinigt wird, auf der<br />
Grundlage solcher Anschauungen wenige Jahre danach keine grundlegende Kehre zu<br />
vollziehen braucht.<br />
Seinen Durchbruch als Musiker erzielte GEORG NELLIUS im Jahr 1932. Der Reichsminister<br />
des Innern hatte in Verbindung mit dem Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und<br />
Volksbildung einen Staatspreis für Komponisten „zur Gewinnung neuer wertvoller<br />
Chorwerke“ ausgeschrieben. NELLIUS sandte mehrere seiner Werke ein und wurde schließlich<br />
auf spektakuläre Weise der große Gewinner des Wettbewerbs. Gleich drei Kompositionen<br />
von ihm wurden mit Preisen ausgezeichnet: das Oratorium „Von deutscher Not“ (Hauptpreis),<br />
die „Deutsche Messe“ nach einem Text CHRISTINE KOCHS und das Chorwerk „Ruhr“<br />
47 So Haverkamp 1931: „Als Mensch und Charakter geht Georg Nellius seine gerade Straße. Jeder, der seinen<br />
Weg kreuzt, steht unter dem Eindruck einer Führernatur persönlichster Prägung. Eine Persönlichkeit von solch<br />
scharf profilierter Mentalität und solch ungebrochenem Tätigkeitsdrang, fern aller müßigen Reflexionen, findet<br />
im bauen in großen Formen und wohlerwogenen, harmonischen Maßen sein intensivstes Glückserleben. Die<br />
entschiedene Abwehr alles Unwertigen, die spontane Reaktion auf persönliche Einengungen und Widerstände<br />
werden irrtümlich als Wogen wallenden Blutes eines Herrenmenschen gedeutet. Ich weiß, Georg Nellius ist eine<br />
der starken Naturen – gottlob –, denen ihr Werk als Ausdruck ihres tiefsten Empfindens zu hoch steht, um<br />
Kompromisse zu schließen. Er ist bereits im Kampfe um seine Ideale Opfer seiner Unerschrockenheit und<br />
Geradheit geworden! A ls er im Grenzgebiet deutsche Heimaterde durch eisenbewehrte Fäuste und Siegerwillkür<br />
bedroht sah, zeugte jene heilige Flamme der Begeisterung die schwungvolle, markige Saarhymne, um<br />
derentwillen er bei Nacht und Nebel das Saargebiet verlassen mußte.“