daunlots 60 - Sauerlandmundart
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Ruhrgebiet“ (1903) bei Lujo Brentano, in welcher ein pro-gewerkschaftlicher Standort zu<br />
erkennen ist. Er galt danach als sozialpolitischer Experte und wurde 1903 bis 1917<br />
Mitarbeiter beim Volksverein für das katholische Deutschland in Mönchengladbach. (Sein<br />
Bruder August leitete bis 1918 diese der Zentrumspartei nahestehende Massenorganisation als<br />
Generaldirektor. 53 ) Bereits im Winter 1916/17 erfolgte eine innere Distanzierung von der<br />
Zentrumspartei (Tröster 1993a, 46). Von 1917 bis 1923 wirkte er dann als Vikar an der<br />
Gemeinde St. Petri in Hüsten, wo auch die katholische Arbeiterbewegung verankert war.<br />
Später ist in Berichten übrigens immer wieder von der überzeugenden sozialen Einstellung<br />
und praktizierten Menschlichkeit L. PIEPERS die Rede, doch für seine Haushälterin Frau<br />
Rettler hat er nie eine Altersvorsorge abgeschlossen, so dass sie im Alter unversorgt war<br />
(Saure 1993*, S. 131).<br />
1. Früher Weg zur Nazipartei<br />
Bereits während des Studiums hatte LORENZ PIEPER Einflüsse eines nationalen, nicht<br />
weltkirchlich ausgerichteten Katholizismus aufgenommen. Der soziale Gedanke führt ihn<br />
dann nicht etwa in den Arbeiterflügel der Zentrumspartei, sondern hin zu den reaktionärsten<br />
Kräften und schließlich zu den Faschisten. „Scheidemann, Erzberger und Consorten“ gehen<br />
ihm auf die Nerven. Die militärische Niederlage im ersten Weltkrieg deutet er als ein früher,<br />
fanatischer Anhänger der „Dolchstoßlegende“. Ende 1918 wünscht L. PIEPER, dass jemand<br />
Kurt Eisner (USPD), dem Ministerpräsidenten der bayrischen Räterepublik, „sein griff-festes<br />
Messer zwischen die Rippen“ stößt. Als dieser „galizische Jude“ dann am 21. Februar 1919<br />
ermordet wird, empfindet er große Genugtuung. In der frühen „TRUTZNACHTIGALL“ vom Juni<br />
1920 rühmt PIEPER die Kampfkraft der Sauerländer im eben verlorenen Weltkrieg; in ihnen<br />
pulsiere das siedende Blut „der alten reckenhaften Sugambrer und Sachsen“ (Pieper 1920*). 54<br />
Die „Vereinigung studierender Sauerländer“, Keimzelle des SAUERLÄNDER HEIMATBUNDES,<br />
trägt dem Verfasser alsbald die Ehrenmitgliedschaft an (TRUTZNACHTIGALL Nr. 8/1920, S.<br />
110).<br />
Nur mit innerem Widerwillen absolviert der rechte Monarchist zunächst noch Wahlkampfauftritte<br />
für das Zentrum. Sehr bald schließt er sich jedoch dem antisemitischen „Deutschvölkischen<br />
Schutz- und Trutzbund“ an und steht für die Deutschnationale Volkspartei<br />
(DNVP) ein. In einer weiteren Radikalisierungsstufe wendet sich der Hüstener Vikar dem<br />
rassistischen „Bund der Aufrechten“ und dem völkischen „Jungdeutschen Orden“ zu.<br />
Ebenfalls in Verbindung mit dem antisemitisch agitierenden „Jungdeutschen Orden“ steht zu<br />
dieser Zeit die katholische „Sauerlanddichterin“ MARIA KAHLE (1891-1975), die sich<br />
während der Weimarer Republik mit antidemokratischen, nationalistischen und<br />
militaristischen Reimereien hervortut (Neuhaus 2010*). KAHLE wird drei Jahrzehnte später<br />
am Sterbebett L. PIEPERS aus ihren Werken vorlesen. Vielleicht war es auch der<br />
Priesterfreund, der einige ihrer Bücher mit rechtsextremistischen Inhalten früh dem kath.<br />
Volksvereinsverlag in Mönchengladbach als Verlagsprodukte empfohlen hat.<br />
53 Werner Neuhaus berücksichtigt in einem Beitrag zur völkischen Bewegung im Sauerland ein Foto des jungen<br />
L. PIEPER, das vermutlich in den Räumen des Mönchengladbacher Volksvereins aufgenommen worden ist<br />
(Neuhaus 2010*, S. 17). Ein Bildnis, das beide Brüder August und LORENZ PIEPER bei der Volksvereinsarbeit<br />
zeigt, ist im „Stadt-Anzeiger“ Meschede vom 30. Oktober 1986 zu sehen.<br />
54 Dieser Aufsatz „Der Sauerländer“ verrät bereits – wie vermutlich auch schon Feldpost-Beiträge während des<br />
ersten Weltkrieges – L. PIEPERS völkisch orientierte Heimatideologie. Zur Mundart führt er darin allerdings ganz<br />
unverdächtig aus: „Wie enge schließt sich gerade der Sauerländer in der Fremde dem Landsmann an, wie<br />
leuchtet sein Auge und horcht sein Ohr, wenn er den Klang und Laut der heimatlichen Muttersprache, des<br />
unvergleichlich kraftvollen und selten reich ausgestalteten sauerländischen >Platt< vernimmt. Dieses >Platt