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III. Die Antike und ihre Nachtseite

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unbedingte Anschauung der Idee, daher der tiefgreifende Unterschied zu der Alle-<br />

gorie: „Das Symbol ist wesentlich aus einem religiösen Bedürfnis entstanden, die<br />

Allegorie aber aus einem poetischen oder philosophischen.“ 583<br />

Das zweite Buch widmet Creuzer der Erforschung der verschiedenen Kulte<br />

<strong>und</strong> Götter der antiken Völker im Osten, in Ägypten, Griechenland <strong>und</strong> Italien.<br />

<strong>Die</strong> griechische Religion 584 sei kein vereinzeltes Phänomen, sondern <strong>ihre</strong> Mythen<br />

<strong>und</strong> Kulte zeigten deutlich fremde Einflüsse: Eine vergleichende Religionswissen-<br />

schaft könne auf diese zahlreichen Gemeinsamkeiten aufmerksam machen. Creu-<br />

zer kann dennoch dabei nicht leugnen, daß die griechische Religion des klassi-<br />

schen Zeitalters ein Gefühl für das Plastische <strong>und</strong> das Maßvolle besitze, welches<br />

sie von den orientalischen wesentlich unterscheide <strong>und</strong> als originelle Erscheinung<br />

charakterisiere. Es sei aber möglich, „die Einheit der mythischen Anschauungen<br />

der alten Indier, Perser, Aegyptier, Phönicier <strong>und</strong> anderer Völker“ 585 nachzuwei-<br />

sen. Man denke nur an Gottheiten wie Kybele, Osiris oder Tammuz oder an<br />

Fruchtbarkeitssymbole wie den Phallus oder den Stier, denen man überall begeg-<br />

net. <strong>Die</strong> ursprünglichen orientalischen Elemente der griechischen Religion seien<br />

nie ganz verschw<strong>und</strong>en: „la première renaissance orientale ne s’imposa pas au<br />

peuple mais vécut dans les mystères. Pour qui cherche donc les sources orientales<br />

de la religion grecque, l’étude des mystères est d’une extrême importance.“ 586<br />

Creuzer widmet Dionysos die letzten beiden Bücher seiner Symbolik. Bei keinem<br />

anderen Gott ist die orientalische Herkunft deutlicher als bei Dionysos, dessen er-<br />

folgreicher Siegeszug aus dem Orient Griechenland erreicht habe, wo eine bacchi-<br />

sche Religion entstanden sei, welche alle früheren Erscheinungs- <strong>und</strong> Kultformen<br />

des Gottes (als Stiergott, als Feuergott, als phrygischer Dionysos) synkretistisch<br />

vereinigt habe. Nach Creuzers wichtigem Buch verläßt Dionysos den Bereich der<br />

reinen Ästhetik <strong>und</strong> wird auch der Altphilologie zugänglich. Der kommende Gott<br />

der Mysterien, welcher die Erneuerung der Welt <strong>und</strong> die Stiftung einer universel-<br />

Bde., Leipzig/Darmstadt 1819-1821, Bd. 1, S. 36 <strong>und</strong> 38f.<br />

583 J. de Vries, „Friedrich Creuzer“, a. a. O., S. 352.<br />

584 Es sei aber darauf hingewiesen, daß „die griechische Sprache keinen Begriff, der<br />

sich mit dem Wortfeld von ,Religion‘ decken würde“, kennt. Erst aus dem „Nebeneinander<br />

von Kulten <strong>und</strong> Mythen, das nicht selten zum Wechselverhältnis wird, konstituiert<br />

sich das Gesamtbild der griechischen Religion.“ Zitate aus A. Henrichs, <strong>Die</strong> Götter Griechenlands,<br />

a. a. O., S. 17.<br />

585 F. Creuzer, a. a. O., Bd. 2, S. 18.

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