zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
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<strong>Ein</strong>e Stunde wie ein Zeitalter<br />
wahrscheinlicher, aber dann müsste der Wind ziemlich stark sein, so voll der Orkan oder<br />
sowatt, mit Wirbeln und drum und dran, so ein Wind macht jede Menge, habe ich doch im<br />
Fernsehen gesehen, weht Autos und bestimmt auch Straßenbahnen herum, entwurzelt<br />
Bäume, deckt Häuserdächer ab und so, für so einen wäre es ein leichtes, ein Blatt von einem<br />
Hofgartenbaum ins Stadthaus zu pusten… Ob draußen so ein Wind weht? Es kann ja der<br />
Fall sein, dass er mir hier stark vorkommt, in Wirklichkeit draußen aber noch viel stärker ist,<br />
gut möglich, dass so ein Wind wegen der Mauern hier schwächer ist, müsste ich mal<br />
schauen, habe ich jetzt keinen Bock zu, mache ich gleich wenn ich zur Bahn gehe, bin ja<br />
gespannt auf die Verwüstungen, hoffentlich ist die erste Bahn nicht weggeweht worden, ach<br />
nee, geht ja nicht, bis hier hin ist die Strecke ja unterirdisch… Auf jeden Fall muss der Wind<br />
voll stark sein, sieht man ja an der Farbe des Blattes, ist ja noch total grün, also frisch und<br />
wohl recht schwer, im Herbst sterben die Dinger ab, werden gelb oder braun und fallen von<br />
selbst vom Baum, datt hier sieht jedenfalls nicht so aus, als hätte es ein Baum abgeworfen,<br />
muss irgendwie mit Gewalt passiert sein, durch nen starken Wind, ner Horde Skinheads<br />
oder… Oder ner schlecht gelaunten Taube, die gibt es ja hier zu Hunderten, Tauben<br />
jedenfalls, ob die schlechtgelaunt sind oder nich kann ja nicht wissen und auch nicht riechen<br />
wie jede einzelne drauf ist, aber ich kann voll verstehen, wenn so eine miese Laune hat, ich<br />
glaube, wenn ich ne Taube wäre, und den ganzen Tag herumflattern müsste und gezwungen<br />
wäre, beim Gehen immer mit dem Kopf zu wackeln wie ein Headbanger, dann fände ich es<br />
ziemlich schnell auch ätzend…“.<br />
An dieser Stelle endeten meine Gedankengänge abrupt, als mir bewusst wurde, dass ich<br />
wieder meinen Kopf gedreht hatte und ohne es zu wollen erneut auf die Uhr blickte. Sie<br />
zeigte immer noch genau <strong>zwei</strong> Uhr an, keine Minute war vergangen.<br />
Angesichts der Zeigerstellung vermutete ich, dass die verstärkte Sauerstoffzufuhr für<br />
eine von mir nicht merkliche Beschleunigung der Denkprozesse sorgte, welche mir real nur<br />
sekundenlange Überlegungen wie die mehrerer Minuten erscheinen ließ.<br />
Im gleichen Augenblick jedoch verdrängten körperliche Empfindungen die<br />
Überlegungen zu möglichen physikalischen Effekten und führten zu Gedankengängen, in<br />
denen die eigenen Gefühle im Vordergrund standen und jene vehement nach einer Lösung<br />
des aktuellen Problems verlangten.<br />
Ich stellte überrascht fest, dass mein Gesäß schmerzte, jenes Empfinden mit Sicherheit<br />
auf die steinerne Sitzfläche zurückzuführen war und die ständige Belastung durch das<br />
körpereigene Gewicht. Zuerst dachte ich um eine Linderung bemüht daran, die den