zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
zwei flüchtige begegnungen - Ein bisschen Meia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Ein</strong>e Stunde wie ein Zeitalter<br />
„Letzte Runde!“, ertönte deutlich eine männliche Stimme in dem kleinen Schankraum.<br />
Sie war gerade laut genug, um die laufende Hintergrundmusik zu übertönen und mich<br />
zum Aufschauen zu nötigen, und während seine ruhige und beherrschte Stimme in mir<br />
nachhallte sah ich den Sprecher an. Sein Anblick war mir in den letzten Monaten vertraut<br />
geworden. Oft hatte ich ihn dort an dieser Stelle hinter den Zapfhähnen gesehen und seine<br />
jetzige Tätigkeit – er füllte ein großes Glas mit schäumenden Bier – war ein gewohnter<br />
Anblick für mich.<br />
Er war ein einige Jahre älter als ich selbst, unauffällig gekleidet und mit halblangen<br />
dunklen, knapp bis über die Ohren reichenden und sorgfältig gekämmten Haar. Da ich<br />
wusste, dass er wie so viele junge Menschen Anfang der Achtziger Jahre eine Vorliebe für<br />
die linksradikale politische Richtung hatte und bei einem recht bekannten, jene politische<br />
Linie vertretenden Stadtmagazin arbeitete, konnte ich seine <strong>Ein</strong>stellung abschätzen.<br />
Aufgrund seiner gemäßigten Ansichten rechnete ich ihn der Gruppierung der Alternativen<br />
zu, die zwar andere Wege gehen wollten als unzählige Menschen vor ihnen, aber dennoch<br />
deren ausgetretenen Lebenspfaden folgten. Da er auch äußerlich unauffällig wirkte, zählte<br />
ich ihn zu den jenen Menschen, die wegen ihrer konformistischen Neigungen<br />
Langhaarfrisuren und Gammellook ablehnten.<br />
Weniger unauffällig waren die einzelnen Menschen der ungefähr zwanzigköpfigen<br />
Gästeschar, zu deren Information die Worte „Letzte Runde!“ des Zapfenden dienen sollten.<br />
Es handelte sich um Personen beiderlei Geschlechts, wobei die männlichen Wesen die<br />
Mehrzahl bildeten und alle deutlich jünger waren als der Sprecher. Die meisten waren<br />
ungefähr achtzehn oder neunzehn Jahre alt, manche wirkten etwas jünger, einige wenige<br />
älter. Aber eines war ihnen gleich: durch ihr Äußeres, die auffälligen Frisuren und die<br />
gleichartige Kleidung, zeichneten sie sich als Anhänger der vor einigen Jahren<br />
aufgekommenen Jugendbewegung namens Punk. Fast ein jeder – egal ob Männlein oder<br />
Weiblein – trug eine Lederjacke, ausnahmslos der damaligen Punkmode entsprechend mit<br />
Nieten, Badges oder selbstangebrachten Aufschriften bunt geschmückt. Ebenso glichen sich<br />
89